Sehr geehrte Ratsuchende,
danke für Ihre Anfrage. Auf der Grundlage Ihrer Angaben beantworte ich diese gerne folgendermaßen:
„Sollte meine Tochter oder das Sozialamt Unterhalt von mir fordern, welche Zahlen werden dann herangezogen?“
Zunächst ist die Frage, inwieweit Ihre volljährige Tochter überhaupt einen Unterhaltsanspruch gegen Sie hat:
Da Ihre Tochter volljährig ist, trifft sie eine Erwerbsobliegenheit. Ein volljähriges Kind hat, wenn es sich nicht in einer Berufs- oder einer Schulausbildung befindet, eine eigene Lebensstellung.
Der Volljährige ist damit voll für sich verantwortlich und muss seine Arbeitskraft für die Sicherstellung seines notwendigen Lebensunterhalts einsetzen. Der Volljährige muss dabei jede berufsfremde Tätigkeit und auch eine unter seinem Ausbildungsniveau liegende Arbeit annehmen.
Im Fall Ihrer volljährigen Tochter bedeutet das, dass sie sich intensiv bemühen muss, einen Ausbildungsplatz zu bekommen und sie auch in der Zwischenzeit um eine Beschäftigung bemühen muss, ein halbherziges Vorgehen reicht hier nicht aus. Wenn sie keine Ausbildung machen will, muss sie sich um eine Arbeitsstelle bemühen.
Für den Fall, dass Ihre Tochter einen Ausbildungsplatz bekommt, sie sich also in einer Ausbildung befindet, hat sie einen Barunterhaltsanspruch gegen Sie, wobei eine Ausbildungsvergütung nach der Kürzung um den ausbildungsbedingten Mehrbedarf in voller Höhe auf den von den Eltern zu leistenden Unterhalt anzurechnen ist.
Ebenso hätte ihre Tochter einen Unterhaltsanspruch, wenn sie trotz nachgewiesener intensiver Bemühungen keinen Ausbildungsplatz und auch keine Arbeitsstelle gefunden hätte. Unterlässt sie zumutbare Bemühungen, selbst für Ihren Lebensunterhalt zu sorgen, muss sie sich fiktive Einkünfte anrechnen lassen.
Bei einem Unterhaltsanspruch bemisst sich der Unterhalt dann nicht mehr nach der Düsseldorfer Tabelle, da Ihre Tochter nicht mehr in Ihrem Haushalt wohnt. Es wird in der Regel bei einem Volljährigen mit eigenem Hausstand von einem Unterhaltsbedarf in Höhe von monatlich 640 Euro ausgegangen.
Da Ihre Tochter nicht mehr bei Ihnen wohnt, ist sie auch nicht privilegiert im Sinne des § 1603 Abs. 2 S. 2 BGB
. Das bedeutet, dass Sie als Mutter im Fall einer Unterhaltsverpflichtung Ihrer Tochter gegenüber keine gesteigerte Erwerbsobliegenheit haben.
Bei der Berechnung des Unterhalts wird Ihr bereinigtes Nettoeinkommen zugrunde gelegt. Die Einkünfte durch die monatlichen Mieteinnahmen zählen dabei als Einkommen.
„Mein Gehalt, der meines zukünftigen Mannes auch?“
Das Gehalt Ihres neuen Ehemannes findet keine Berücksichtigung bei der Berechnung des Einkommens.
„Hat es einen Einfluss, ob ich verheiratet bin oder nicht.“
Wenn Sie und Ihr Ehemann durch eine Heirat die Lohnsteuerklassen wechseln, dann werden Sie sich den Lohnsteuerklassenwechsel teilweise zurechnen lassen müssen da Ihre Schlechterstellung durch den Wechsel in Lohnsteuerklasse V später über den Lohnsteuerjahresausgleich ausgeglichen wird und Sie letztendlich als Ehepartner bei der gemeinsamen Veranlagung steuerlich besser gestellt sind als vor der Heirat.
„Wieviel Geld kann die ARGE von mir fordern?“
Die ARGE kann nur nach Maßgabe der §§ 33
ff. SGB II Ansprüche gegen Sie geltend machen, soweit ein Unterhaltsanspruch Ihrer Tochter nach bürgerlichem Recht, d.h. nach den Regeln der §§ 1600 ff. BGB
Ihnen gegenüber besteht und durch die SGB-II-Leistungen der ARGE an Ihre Tochter auf die ARGE übergegangen ist.
Solange aber Ihre Tochter sich nicht erfolglos um eine Arbeitsstelle bemüht, hat sie meines Erachtens auch keinen Unterhaltsanspruch gegen Sie nach bürgerlichem Recht, sodass schon kein Unterhaltsanspruch auf die ARGE übergehen kann. Die ARGE selbst wird keine SGB-II-Leistungen erbringen, wenn Ihre Tochter arbeitsfähig ist und sie sich aber nicht um eine Arbeit bemüht.
Ich hoffe, Ihnen einen ersten Überblick gegeben zu haben und stehe Ihnen gerne weiterhin insbesondere im Rahmen der kostenlosen Nachfragefunktion zur Verfügung.
Zum Abschluss möchte ich Sie noch hierauf hinweisen:
Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Ihren Angaben beruht, handelt es sich lediglich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhalts.
Diese Einschätzung kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen.
Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.
Mit freundlichen Grüßen,
Gesine Mönner
(Rechtsanwältin)
Diese Antwort ist vom 12.03.2010 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Müsste nicht ihr leiblicher Vater für die Hälfte ihres möglichen Bedarfs aufkommen? Er hat den Offenbarungseid abgelegt. Bleibt dann der Unterhaltsanspruch alleine an mir hängen?
Sehr geehrte Fragestellerin,
der Kindesvater ist grundsätzlich ebenfalls zum Unterhalt gegenüber seiner Tochter verpflichtet, es sei denn er ist leistungsunfähig.
Der Kindesvater hat hier eine eidesstattliche Versicherung über seine Leistungsunfähigkeit abgegeben. Wäre die volljährige Tochter privilegiert im Sinne des § 1603 Abs. 2 S. 2 BGB
, dann träfe den Kindesvater eine gesteigerte Erwerbsobliegenheit (Sie im Übrigen dann auch, wie ich bereits in der Antwort schrieb) und er könnte verpflichtet sein, eine Verbraucherinsolvenz zu beantragen (vgl. BGH v. 23.02.2005, Az.: XII ZR 114/03
).
Mit freundlichen Grüßen,
Gesine Mönner
(Rechtsanwältin)