Sehr geehrte Fragestellerin,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich wie folgt beantworten möchte:
Für Ihre Situation ist § 1671 BGB
einschlägig, der folgenden Wortlaut hat:
(1) Leben Eltern, denen die elterliche Sorge gemeinsam zusteht, nicht nur vorübergehend getrennt, so kann jeder Elternteil beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt.
(2) Dem Antrag ist stattzugeben, soweit
* 1. der andere Elternteil zustimmt, es sei denn, dass das Kind das vierzehnte Lebensjahr vollendet hat und der Übertragung widerspricht, oder
* 2. zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes am besten entspricht.
(3) Dem Antrag ist nicht stattzugeben, soweit die elterliche Sorge aufgrund anderer Vorschriften abweichend geregelt werden muss.
Dem Absatz 2 dieser Vorschrift können Sie entnehmen, unter welchen Voraussetzungen Ihnen vom zuständigen Familiengericht das Aufenthaltsbestimmungsrecht oder sogar das alleinige Sorgerecht übertragen werden kann, nämlich wenn entweder der andere Elternteil hiermit einverstanden ist oder aber die Übertragung auf nur einen Elternteil dem Kindeswohl am besten entspricht.
Sie sollten am besten einmal mit Ihrem Ex-Mann darüber reden, ob dieser vielleicht mit einer Übertragung des Sorgerechts oder zumindest des Aufenthaltsbestimmungsrechts allein auf Sie einverstanden wäre. Wenn er so wenig Interesse an dem Kind zeigt, wie Sie es schildern, besteht insoweit durchaus Hoffnung. Dies wäre der einfachste Weg. Sollte er nicht einverstanden sein, dann bleibt Ihnen nur der schwerere Weg darzulegen, dass es für das Wohl des Kindes am besten wäre, wenn nur Sie das Sorgerecht oder zumindest das Aufenthaltsbestimmungsrecht erhielten. Für eine Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts allein auf Sie sehe ich angesichts des geplanten Umzugs Ihres Ex-Mannes ins Ausland recht gute Erfolgsaussichten. Das vollständige Sorgerecht zu erhalten wird schwieriger sein. In beiden Fällen wird das Gericht das zuständige Jugendamt einschalten, das überprüfen soll, wie die Verhältnisse und Beziehungen zwischen den Elternteilen und dem Kind sind. Wenn sich Ihr Ex-Mann auch gegenüber dem Jugendamt derart desinteressiert zeigt und eine Intensivierung des Kontakts zum Kind ablehnt, können Sie aber auf eine für Sie positive Entscheidung seitens des Gerichts hoffen. Sie sollten für die Durchführung des anstehenden Gerichtsverfahrens auf jeden Fall einen Rechtsanwalt beauftragen.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen eine erste rechtliche Orientierung zu Ihrer Situation geben. Für eine Nachfrage stehe ich gern zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Jana Laurentius
(Rechtsanwältin)
Hallo Frau Laurentius,
vielen Dank für die ausführliche Antwort. Ich denke nicht, daß mein Ex-Mann bereit wäre, mir das Aufenthaltsbestimmungsrecht oder gar das Sorgerecht zu übertragen. Ich weiß nicht, ob sie das nachvollziehen können, aber diese Rechte stellen eine gewisse Art von "Macht" dar, die es meinem Ex-Mann erlaubt, mir immer wieder weh zu tun, indem er Druck bzgl. unseres Sohnes ausübt, z.B. daß er ihn einfach mitnehmen möchte, obwohl er genau weiß, daß das Kind Angst hat. Diese Option wird also leider nicht möglich sein. Könnten Sie bitte auch noch meine
andere Frage bzgl. seines Umgangsrechts beantworten ? Könnte er unseren Sohn einfach so mitnehmen bzw. ab welchem Alter könnte ich dies nicht mehr verweigern ?
Eine schon etwas schlauere Mutter !
"Einfach so mitnehmen" darf Ihr Ex-Mann Ihren Sohn nicht. Er hat zwar selbstverständlich ein Umgangsrecht mit dem Kind, jedoch muss dies geregelt werden. Wenn Sie sich mit Ihrem Ex-Mann insoweit nicht einigen können, insbesondere sich auch nicht dahingehend verständigen können, dass er das Kind nur in Ihrer Anwesenheit oder in Anwesenheit einer anderen Vertrauensperson des Kindes sehen darf, dann sollten Sie sich vertrauensvoll an das zuständige Jugendamt wenden. Dort kann man Ihnen helfen, eine dem Wohl des Kindes gerechte Regelung des Umgangsrechts Ihres Ex-Mannes zu finden. Sollte auch der Beistand des Jugendamtes nichts nützen, dann müssen Sie das zuständige Familiengericht anrufen.
Mit freundlichen Grüßen
Jana Laurentius
(Rechtsanwältin)