Sehr geehrte Fragestellerin,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich auf der Grundlage der von Ihnen zur Verfügung gestellten Informationen wie folgt beantworte:
Die Frage, in welchem Umfang das Gericht dem Vater eine Ausweitung der Umgangszeiten im Vergleich zur bisherigen Regelung zusprechen wird, wird immer vom Ergebnis des Sachverständigengutachtens abhängen. Der Gutachter muss beurteilen, in welchem Entwicklungszustand sich das Kind befindet und welche Intensität der Beziehung es zu den beiden Eltern hat. Es wird also immer auf die Umstände des Einzelfalles ankommen, so dass ich Ihnen hier keine pauschale Antwort geben kann.
Wenn Ihnen das Gericht jetzt schon mitteilt, dass es um einen 50: 50-Umgang geht, dann dürfte das nur als Hinweis auf den Streitgegenstand angesehen werden. Soweit aus dem Hinweis des Gerichts irgendeine Voreingenommenheit zu Gunsten eines Wechselmodells zu entnehmen ist, sollten Sie überlegen, ob ein Befangenheitsantrag gestellt werden müsste. Sie sollten das mit dem Anwalt, der Sie im gerichtlichen Verfahren vertritt, besprechen.
Es gibt eine relativ aktuelle Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm vom 16.02.2012 (AZ. II 2 UF 211/11), die sich kritisch mit dem Wechselmodell auseinandersetzt.
Das Gericht geht davon aus, dass ein Wechselmodell (also eine ungefähr gleiche Aufteilung der Betreuungszeit zwischen den Eltern, meist im Wochenrhythmus) zwar Vorteile haben kann, weil es die Beziehung des Kindes zum anderen Elternteil stärken kann und weil der andere Elternteil dabei auch gezwungen wird, Verantwortung zu übernehmen und auch schwierige Situationen zu bewältigen (also nicht nur der „Schönwetterpapa" ist), dass dieses Modell aber für das Kind auch erhebliche Belastungen mit sich bringen kann, weil das Kind keinen festen Lebensmittelpunkt mehr hat, sondern „zwischen den Stühlen" sitzt. Deshalb kann nach Auffassung des Oberlandesgerichts Hamm ein Wechselmodell nur angeordnet werden, wenn beide Eltern sich bei der Erziehung einig sind, sich eng austauschen können und dieses Modell hochmotiviert praktizieren können. Gegen den Willen eines Elternteils kann das Wechselmodell daher nicht angeordnet werden.
Bei solchen Eltern, die sich einig sind, klappt das Wechselmodell dann aber auch ohne gerichtliche Hilfe. Allein die Tatsache, dass der Kindesvater diese Umgangsmodalität vor Gericht einklagt, ergibt sich, dass Sie sich nicht so einig sind. Dann darf das Wechselmodell nicht angeordnet werden.
Was den Unterhalt betrifft, haben Sie selbst Anspruch auf Auskunft gegen den Kindesvater über seine gesamten finanziellen Verhältnisse. Sie können diese Auskunft selbst von ihm verlangen.
Dies betrifft einerseits den Kindesunterhalt und andererseits (falls ein solcher Anspruch noch vorliegt), den Unterhalt für Sie selbst. Als nicht verheiratete Mutter haben Sie allerdings nur für die ersten 3 Lebensjahre des Kindes einen Anspruch auf Unterhalt für sich. Danach besteht ein solcher Anspruch nur noch ausnahmsweise. Ob die Voraussetzungen dafür vorliegen, müsste ein Anwalt vor Ort prüfen. Rückwirkend kann Unterhalt nur verlangt werden bis zu dem Zeitpunkt, zu dem der Kindesvater erstmalig dazu aufgefordert wurde, Unterhalt zu zahlen bzw. seine finanziellen Verhältnisse zum Zwecke der Unterhaltsberechnung offen zu legen.
Solange Sie allerdings Leistungen nach SGB II beziehen, geht dieser Anspruch auf das JobCenter über, jedenfalls in der Höhe, in der das JobCenter Leistungen an Sie gezahlt hat. Sie hätten dann möglicherweise nichts davon, wenn der Kindesvater Unterhalt an Sie zahlt, weil Ihnen das von der SGB II-Leistung abgezogen wird.
Es dürfte sich für Sie erst lohnen, wenn Sie keine SGB II-Leistungen mehr beziehen.
Wenn Ihnen das JobCenter keine Informationen gibt, dann empfehle ich Ihnen, sich an das Jugendamt zu wenden und dort eine Beistandschaft zu beantragen. Dann werden Sie vom Jugendamt bezüglich des Unterhalts vertreten. Das Jugendamt kann dann für Sie Auskunft vom Kindesvater einholen und Sie über das weitere Vorgehen beraten. Selbstverständlich können Sie sich auch an eine Anwalt/eine Anwältin vor Ort wenden.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen eine erste Orientierung geben und Ihre Fragen zu Ihrer Zufriedenheit beantworten.
Mit freundlichen Grüßen
Karin Plewe
Rechtsanwältin