Sehr geehrte Fragestellerin,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen wie folgt beantworten:
Zunächst möchte ich Ihnen mein Beileid zum Tod Ihrer Schwester aussprechen.
Entscheidend für Ihr weiteres Vorgehen ist nicht in erster Linie der Erbschein, sondern die Entscheidung, ob Sie das Erbe annehmen oder ausschlagen. Ich verstehe Sie so, dass Ihre Schwester unverheiratet und ohne Kinder verstorben ist, so dass Sie und die anderen Geschwister gesetzliche Erben geworden sind.
Wenn das so ist und Sie und die Geschwister das Erbe annehmen wollen, könne Sie in Absprache mit den anderen Erben tätig werden. Vermutlich werden Sie über kurz oder lang einen Erbschein beantragen müssen, um Ihre Berechtigung den Vertragspartnern Ihrer verstorbenen Schwester, insbesondere den Banken, nachzuweisen.
Wenn Sie das Erbe ausschlagen wollen, z. B. weil der Nachlass überschuldet ist, müssen Sie dies innerhalb einer Frist von sechs Wochen tun. Ansonsten werden Sie Erbin; der Erbschein ist nur die "amtliche Bestätigung" hierfür. Für den Fall der Ausschlagung rate ich dringend davon ab, in der von Ihnen beabsichtigten Weise tätig zu werden, weil dies als Annahme der Erbschaft verstanden würde und Ihnen die Ausschaltung unmöglich macht. In diesem Fall ist es nämlich ausschließlich Sache des oder der Erben, den Haushalt aufzulösen und Verträge zu kündigen. Ohne Erbenstellung wären Sie hierzu nicht berechtigt.
In diesem Falle sollten Sie mit der Ausschaltung - jedenfalls wenn ersichtlich ist, dass auch die anderen Geschwister ausschlagen - die Nachlassverwaltung beantragen. Das Gericht setzt dann einen Nachlassverwalter ein, der für die (noch unbekannten) Erben - tätig werden kann.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen.
Mit freundlichen Grüßen aus Wunstorf
Anja Holzapfel
-Rechtsanwältin-
Ohne auf die genaueren Todesumstände meiner Schwester einzugehen, wurde ich als alleinige Ansprechpartner im Todesfall gegenüber der Polizei benannt, wodurch ich auch Zugang zur Wohnung bekam, um ihre Dokumente zu sichten. Auch der Vermieter nahm schon Kontakt zu mir auf, um die Räumung der Wohnung (bisher nur mündlich) zu besprechen. Habe ich hier jetzt bereits schon das Erbe angenommen?
Sehr geehrte Fragestellerin,
gern beantworte ich Ihre Nachfrage wie folgt:
Der Vermieter hat natürlich ein Interesse an einer schnellen Räumung der Wohnung. Durch die Kontaktaufnahme allein haben Sie die Erbschaft nicht angenommen.
Dasselbe gilt für die Sichtung von Dokumenten: Um entscheiden zu können, ob Sie die Erbschaft annehmen oder ausschlagen, dürfen Sie sich einen Überblick verschaffen.
Sie sollten aber am Bestand des Nachlasses nichts verändern. Ich würde Ihnen sowohl von der Räumung der Wohnung als auch von der Abgabe rechtlicher Erklärungen abraten, solange Sie sich nicht zur Annahme der Erbschaft entschlossen haben.
Mit freundlichen Grüßen
Anja Holzapfel