Sehr geehrter Fragesteller,
gerne beantworte ich Ihre Fragen wie folgt:
1.
In Bayern und in Baden-Württemberg hat das Nachlassgericht aufgrund spezieller landesgesetzlicher Vorschriften von Amts wegen die Erben zu ermitteln. Aber auch in den andere Bundesländern obliegt den Gerichten eine Ermittlungspflicht. Aus der Regelung des § 1960 BGB
geht hervor, dass das NACHLASSGERICHT FÜR DIE Sicherung des Nachlass zu sorgen hat, insbesondere bei unbekannten Erben. Hiermit verbunden ist die Amtsermittlungspflicht des Nachlassgericht. Das Gericht kann insbesondere einen Nachlasspfleger bestellen, §§ 1913
, 1960 BGB
. Auch die Beauftragung eines Erbenermittlers ist möglich. Das Nachlassgericht hat die Erben nach ihrer Ermittlung dann vom Erbfall und den Ermittlungsergebnissen zu unterrichten und auf die Berichtigung des Grundbuches (bei Grundbesitz im Nachlass) hinzuwirken. Wenn Sie also den Erbschein beantragen, wird das Gericht die übrigen Erben zu ermitteln versuchen.
2.
Sie sollten zunächst die Vollmacht gegenüber der Bank unter Anzeige Ihres Erbrechtes widerrufen. Solange Sie noch keinen Erbschein haben sollten Sie dies trotzdem tun und darauf hinweisen, dass Sie gesetzlicher Erben geworden sind. So vermeiden Sie, dass der Neffe weiter verfügen kann. Als Miterbe haben Sie weiter einen Auskunftsanspruch gegen die Bank. Hier sollten Sie in gleicher Weise (als unter Anzeige Ihres Erbrechtes) Auskünfte verlangen. Auch wenn nur ein Miterbe dies verlangt muss die Bank dem nachkommen (anders als bei Verfügungen, siehe unten Nr. 3).
3.
Das Erbscheinsverfahren ist ein Antragsverfahren. Zuständig ist nach § 2353 BGB
das Nachlassgericht. Sie brauchen den Abtrag nicht höchstpersönlich zu stellen, allerdings ist dies ratsam, weil die regelmäßig erforderliche eidesstattliche Versicherung nach § 2356 Abs. 2 BGB
(Nachweis der Richtigkeit der Angaben) der Beurkundung bedarf und dies bei der Protokollierung durch das Nachlassgericht gegeben ist. Dies kann jedoch auch ein Notar übernehmen. Nach § 2354 BGB
muss derjenige, der die Erteilung eines Erbscheines als gesetzlicher Erbe beantragt, insbesondere angeben aus welchem Verhältnis sich sein Erbrecht ergibt, ob andere Erben nach seiner Kenntnis in Betracht kommen und ob und welche Verfügungen von Todes wegen (Testamente) vorhanden sind.
Sie bekommen den Erbschein nicht sofort, da das Nachlassgericht die Erbenstellung prüft und ggfls. unbekannte Erben zu ermitteln sind. Wegen der Unterschiedlichkeit eines jeden Erbfalles kann auch keine pauschale Angabe über die Dauer bis zur Erteilung erfolgen.
Die Sparkasse kann nur auszahlen, wenn ihr bekannt ist, wer Erbe geworden ist. Dies ergibt sich aus dem Erbschein. Die Bank kann also aus dem Erbschein auch die Erbenstellung Ihrer Schwester ersehen. Des weiteren ist zur Verfügung über das Nachlassguthaben eine gemeinschaftliche gleichlautende Weisung aller Miterben erforderlich. Ein einzelner Miterbe kann keine wirksame Weisung aussprechen, es sei denn er ist von den übrigen Miterben hierzu gegenüber der Sparkasse bevollmächtigt. Ohne die bis jetzt unbekannten Miterben können Sie also nicht über den Nachlass verfügen.
zu 1)
Kann mir ein solcher Nachlasspfleger oder Erbenermittler in Rechnung gestellt werden??
Telefonische Aussage des zuständigen Nachlassgerichtes war, "ich müsse selbst prüfen, ob ein Testament sowie weitere Erben vorhanden seien", erst dann könne mir ein Erbschein ausgestellt werden.
Sonst haben Sie mir mit Ihrer Antwort sehr geholfen.
Vielen Dank
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Fragesteller,
der Erbenermittler arbeitet so, dass er den ermittelten Erben kontaktiert und mit ihm eine Honorarvereinbarung abschliesst, bevor er ihm die weiteren Informationen über das Erbe gibt. Sie können mit diesen Kosten nicht belastet werden.
Die Aussage des AG ist insofern nicht nachvollziehbar als dass das AG bei positiver Kenntnis von weiteren evtl Erben keinen Erbschein ausstellen kann. Sie sollten das AG an seine Ermittlungspflicht erinnern.