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Sehr geehrte Fragestellerin,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen wie folgt beantworten:
Ob vorhandenes Vermögen für den laufenden Lebensunterhalt eingesetzt werden muss, ist stets eine Wertungsfrage, weil die Rechtsprechung insoweit auf die „Zumutbarkeit" abstellt.
Allerdings ist Ihr Mann offenbar noch nicht im gesetzlichen Rentenalter. Nach Rechtskraft der Scheidung muss er nachweisen, dass er nicht ausreichend verdienen kann. Von finanziell erfolglosen Selbständigen wird dann auch die Aufgabe der Selbständigkeit zugunsten eines regulären Arbeitsverhältnisses verlangt. In diesem Fall, nur ein knappes Jahr vor der Rente, ist dies sicher schwierig.
Allerdings gibt es einige Aspekte, die Sie gegen den nachehelichen Unterhalt ins Feld führen können: Wenn die neue Beziehung bereits seit mehr als eineinhalb Jahren besteht sollte (Sie schreiben, dass die beiden seit Oktober zusammen leben, aber vermutlich besteht die Beziehung schon etwas länger?), könnte eine Unterhaltsverwirkung in Betracht kommen.
Auch der Umstand, dass Sie arbeitslos sind und sich Ihr Einkommen reduziert, spricht ggf. dagegen, den Unterhaltsanspruch in unveränderter Höhe zu bejahen. Allerdings sollten Sie sich vorsorglich möglichst häufig und nachweisbar bewerben und sowohl die Bewerbungen in Kopie als auch die eventuellen Absagen aufheben.
Wenn Sie keine Einkünfte mehr erzielen und auch nicht erzielen können, ist es nicht einzusehen, dass Sie aus Ihrem Anteil des ehelichen Vermögens Ihren und seinen Unterhalt bestreiten. Sie sollten aber nachweisen können, dass Sie unverschuldet arbeitslos sind und nicht aufgrund fehlender Bewerbungen.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen.
Mit freundlichen Grüßen aus Wunstorf
Anja Holzapfel
-Rechtsanwältin-
-Fachanwältin für Familienrecht-
Rückfrage vom Fragesteller
02.06.2019 | 15:42
Sehr geehrte Frau Holzapfel,
vielen Dank für Ihre Antwort. Ich verstehe den Satz nicht: "Ob vorhandenes Vermögen für den laufenden Lebensunterhalt eingesetzt werden muss, ist stets eine Wertungsfrage, weil die Rechtsprechung insoweit auf die „Zumutbarkeit" abstellt".
Findet hier nicht der § 3 Ehegattenunterhalt / 1. Vermögensverwertung, § 1577 Abs. 3 BGB Anwendung? Er wird sich definitiv keine Arbeit mehr suchen - das hat er schon die letzten 20 Jahre erfolgreich vermieden ( das war auch der Scheidungsgrund ).
Und was versteht die Rechtssprechung unter Zumutbarkeit. Er hat keine Miete und Nebenkosten zu zahlen - wohnt im Eigenheim von seiner Freundin, die, wie ich verstanden habe, sehr vermögend ist ( sie kennen sich seit Juli 2018 )
Zur verfestigten Lebensgemeinschaft und somit den Unterhalt zu beschränken oder ganz zu versagen, hat das OLG Oldenburg in seiner Entscheidung vom 16.01.2016, Az.: 4 UF 78/16 ausgeführt: "Der Anspruch eines bedürftigen Ehepartners auf Trennungsunterhalt kann auch vor Ablauf von 2 Jahren entfallen, wenn sich der Bedürftige dauerhaft einem neuen Partner zuwendet." usw. Warum sollte dies nicht auch auf den nachehelichen Unterhalt angewendet werden können?
Für Ihre Antwort danke ich Ihnen im Voraus.
Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt
02.06.2019 | 16:01
Sehr geehrte Fragestellerin,
gern beantworte ich Ihre Nachfrage wie folgt:
Sie haben Recht: Es gilt § 1577 III BGB
, der eine Verwertung des Vermögens grundsätzlich vorsieht, aber bei Unbilligkeit ausschließt. Das ist genau die Wertungsfrage, die ich angesprochen habe. Die Rechtsprechung ist mit der Obliegenheit, den Stamm des Vermögens zu verwerten, eher zurückhaltend. Andernfalls würde Vermögen stets den Unterhalt ausschließen. Das ist aber in aller Regel nicht der Fall.
Allein der Umstand, dass seine Lebenshaltungskosten gering sind, schließt den Unterhaltsanspruch nicht aus. Wenn er auf Kosten seiner Freundin lebt, sind das grundsätzlich freiwillige Leistungen Dritter, die die Bedürftigkeit nicht ausschließen.
Das OLG Oldenburg hat hier einen Einzelfall entschieden: Dort begann die Beziehung schon während des ehelichen Zusammenlebens, so dass in diesem (besonderen) Fall schon nach relativ kurzer Zeit der Unterhaltsanspruch entfallen ist. In Ihrem Fall kam offenbar erst die Trennung, dann die neue Beziehung. In diesen Fällen nimmt die Rechtsprechung eigentlich zwei bis drei Jahre als Minimum für eine Verwirkung an, bei einem Zusammenziehen auch etwas kürzere Zeiträume. Weniger als eineinhalb Jahre sind aber kaum je ausgeurteilt worden, weil es sich eben um eine verfestigte Partnerschaft handeln muss. Darauf sollten Sie sich ggf. berufen.
Bezüglich der Einkünfte Ihres geschiedenen Mannes kommt es im Übrigen nicht darauf an, ob er eine Tätigkeit aufnimmt, sondern, ob dies erwartet werden kann. Dann werden fiktive Einkünfte zugerechnet. Hier kann durchaus argumentiert werden, dass er vermutlich nicht ganztags beschäftigt ist und mit einem 450-€-Job zusätzlich einen erheblichen Teil seines Bedarfs decken könnte, ohne mehr als (insgesamt) 40 Stunden pro Woche zu arbeiten.
Mit freundlichen Grüßen
Anja Holzapfel