Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Nach § 16 TzBfG
ist die Befristung eines Arbeitsverhältnisses ohne sachlichen Grund zulässig, wenn die Befristung insgesamt nicht länger als zwei Jahre dauert, und die Befristung höchstens dreimal hintereinander verlängert wird.
Allerdings hat das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 16.03.1989, Az.: 2 AZR 325/88
entschieden, dass ein Arbeitgeber dann verpflichtet sein kann, einen an sich wirksam befristeten Arbeitsvertrag auf unbestimmte Zeit fortzusetzen, wenn er bei einem Arbeitnehmer die Erwartung geweckt und bestätigt hat, [dieser] werde bei Eignung und Bewährung unbefristet weiterbeschäftigt, und wenn der Arbeitgeber sich mit einer Ablehnung in Widerspruch zu seinem früheren Verhalten und dem von ihm geschaffenen Vertrauenstatbestand setzt (im Anschluß an das Senatsurteil vom 28. 11. 1963 - 2 AZR 140/63
, AP Nr. 26 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag).
Diesem Fall lag ein Sachverhalt zu Grunde, bei dem der Arbeitgeber einer Arbeitnehmerin bei Beginn der (befristeten) Tätigkeit ein Schreiben mit folgendem Inhalt übersandte:
"hrem Wunsch entsprechend weisen wir darauf hin, daß bei Eignung und Einhaltung der o. g. Arbeitsbedingungen eine unbefristete Übernahme beabsichtigt ist."
Auf Grund einer eingetretenen Schwangerschaft unterließ der Arbeitgeber die Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis.
Nach der zitierten Rechtsprechung des BAG ist darauf abzustellen, ob der Arbeitgeber einen Vertrauenstatbestand gesetzt hat, der nach den Grundsätzen von Treu und Glauben zu einer Bindung des Arbeitgebers an den Arbeitsvertrag über die vorgesehene Befristung hinaus führen kann. Allerdings kann ein solcher Vertrauenstatbestand bei einem befristeten Arbeitsvertrag nur unter besonderen Voraussetzungen angenommen werden. Es genügt nicht, wenn der Arbeitnehmer nur subjektiv erwartet hat, der Arbeitgeber werde ihn nach Fristablauf weiterbeschäftigen. Der Arbeitgeber muss
den Arbeitnehmer vielmehr darüber hinaus in dieser Erwartung durch sein Verhalten entweder bei Vertragsabschluß oder während der Dauer des Zeitvertrages eindeutig bestärkt haben.
Erklärt der Arbeitgeber bei Abschluß eines befristeten Arbeitsverhältnisses, er werde die Frage der späteren Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis unter ganz bestimmten Voraussetzungen prüfen, erweckt er hierdurch eine bestimmte Erwartung des Arbeitnehmers (Vertrauen auf das in Aussicht gestellte unbefristete Arbeitsverhältnis). Wenn er diese Vorstellung auch noch während der Abwicklung des Arbeitsverhältnisses bestätigt, kann es unter Berücksichtigung des Rechtsgedanken von § 315 BGB
(vgl. dazu auch Söllner, SAE 1966, 255; Herschel, Anm. BAG AP Nr. 24 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag
) widersprüchlich sein, eine Übernahme trotz Vorliegens der selbst bestimmten Voraussetzungen wegen Hinzutretens solcher Umstände, die auch eine Kündigung nicht gerechtfertigt hätten, abzulehnen. Der Abschlußzwang ergibt sich dann nicht aus allgemeinen rechtlichen Erwägungen, sondern aus der insoweit erfolgten Selbstbindung des Arbeitgebers, auf die der Arbeitnehmer sich berufen kann. Der Arbeitgeber wäre dann aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluß im Wege des Schadenersatzes verpflichtet Erfüllung zu gewähren, da der Schaden nach § 249 BGB
gerade in dem Nichtabschluß eines Arbeitsvertrages liegt (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 48. Aufl., § 276 Anm. 6 D).
Im zitierten Fall hielt es das BAG für möglich, dass die genannten Voraussetzungen für einen Rechtsanspruch der klagenden Arbeitnehmerin auf Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis vorlagen, und es verwies die Sache zur weiteren Sachaufklärung zurück an die Vorinstanz.
In Ihrem Fall ist es so, dass Sie mündliche Zusicherungen des Arbeitgebers nicht werden beweisen können, und Sie selbst ausführen, es sei Ihnen lediglich eine Befristung um ein Jahr angeboten worden. Die Absichtserklärung im Arbeitsvertrag ist sehr weit und unbestimmt gefasst.
Es wäre in Ihrem Fall Sache des Arbeitsgerichts, auf Grund der von Ihnen mitgeteilten Tatsachen zu entscheiden, ob diese in ihrem Zusammenwirken ausreichen, bei Ihnen als Arbeitnehmer einen Vertrauenstatbestand auf unbefristete Einstellung zu wecken. In Ihrem Fall ist nicht erkennbar, welche konkreten Maßstäbe Ihr Arbeitgeber für eine unbefristete Übernahme aufgestellt hat.
So, wie Ihr Vortrag des Sachverhalts zur Zeit darstellt, sind zumindest Zweifel angebracht, ob dies einem Arbeitsgericht schon ausreicht, um die Berufung Ihres Arbeitgebers auf Befristung des Arbeitsvertrages als rechtsmissbräuchlich anzusehen. (Ausgeschlossen ist es aber auf der anderen Seite auch nicht.) Die Rechtslage ist in Ihrem Fall unsicher, und Sie haben ein nicht unwesentliches Prozessrisiko.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
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