Sehr geehrte Fragestellerin,
der Pflichtteilsanspruch ist ein reiner Zahlungsanspruch. Da Sie nicht Erbin geworden sind, übernehmen Sie auch keine roten Zahlen. Soweit der Erblasser Schenkungen gemacht hat, haben Sie in dieser Hinsicht eventuell auch noch einen Pflichtteilsergänzungsanspruch. Wenn seit der Schenkung zehn Jahre vergangen sind, bleibt die Schenkung allerdings i.d.R. unberücksichtigt. Bei Schenkungen an den Ehegatten beginnt die Frist aber erst mit Auflösung der Ehe, auch wird der Fristbeginn hinausgeschoben, wenn der Erblasser den verschenkten Gegenstand auf Grund eines dinglichen Rechts oder einer schuldrechtlichen Vereinbarung bis zu seinem Tod weiter nutzte.
Als Pflichtteilsberechtigte haben Sie gegen die Erbin einen Anspruch nach §§ 2314
, 260
BGB darauf, dass sie Ihnen über den Bestand des Nachlasses Auskunft erteilt. Wenn Sie ein schutzwürdiges Interesse an der Wertermittlung haben, z.B. wenn andernfalls der Pflichtteil nicht berechnet werden könnte, besteht auch Anspruch auf Ermittlung des Wertes der Nachlassgegenstände.
Die Erbin kann nicht einfach pauschal sagen, es gibt im Endergebnis nur rote Zahlen. Sie können verlangen, dass Ihnen ein vollständiges Bestandsverzeichnis zugesandt wird, entweder ein von der Erbin privat erstelltes Verzeichnis oder die Aufnahme eines solchen Verzeichnisses durch eine Amtsperson. Auch haben Sie Anspruch darauf, dass Sie bei der Aufnahme des Verzichnisses zugezogen werden, wenn Sie dies wollen. Der Anspruch auf Auskunftserteilung bezieht sich auf alle Tatsachen und Rechtsverhältnisse, die die Höhe des Pflichtteils beeinflussen. Sie haben Anspruch auf Auskunft über die beim Erbfalls tatsächlich vorhandenen Nachlassgegenstände, über die bestehenden Nachlassverbindlichkeiten und über den sog. fiktiven Nachlassbestand (ausgleichspflichtige Zuwendungen und zu berücksichtigende Schenkungen des Erblassers).
Für die Kosten der Beerdigung haftet die Erbin. Die Kosten zählen zu den Nachlassverbindlichkeiten und mindern den Wert des Nachlasses.
Der Anspruch aus einer Lebensversicherung gehört zum Nachlass, wenn kein Bezugsberechtigter angegeben wurde. Wenn die Versicherung bereits im Versicherungsschein zur Leistung an die zweite Ehefrau Ihres Vaters verpflichtet wurde, so gehört der Anspruch aus der Lebensversicherung nicht zum Nachlass Ihres Vaters.
Sie sollten die Erbin nochmals per Einschreiben/Rückschein und unter Fristsetzung zur Auskunft auffordern. Gegebenenfalls kann der Auskunftsanspruch danach auch gerichtlich geltend gemacht werden.
Für den Pflichtteilsanspruch gilt die dreijährige Verjährungsfrist des § 2332 BGB .
Ich hoffe, dies hilft Ihnen als erste rechtliche Orientierung in Ihrer Angelegenheit weiter.
Bei Unklarheiten nutzen Sie bitte die kostenlose Nachfragefunktion.
Mit freundlichen Grüßen
Gabriele Haeske
Rechtsanwältin