Sehr geehrter Fragesteller,
aufgrund des mitgeteilten Sachverhaltes beantworte ich Ihre Fragen wie folgt:
1. Wenn Ihre Mutter Ihren Vater als Alleinerben eingesetzt hat, und zum Zeitpunkt des Todes nicht wieder verheiratet war sieht es wie folgt aus: Ihr Vater ist Alleinerbe und Ihr Bruder und Sie würden den Pflichtteil bekommen. Der Pflichtteil ist die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Wie hoch der gesetzliche Erbteil ist, hängt davon ab, ob der Güterstand der Gütergemeinschaft zum Todeszeitpunkt noch bestanden hat, oder nicht.
a) Gütergemeinschaft hat noch bestanden
Der gesetzliche Erbteil von Ihnen und Ihrem Bruder beträgt je 3/8. Die Hälfte davon wären 3/16. Das ist der Pflichtteil, den Ihr Bruder und Sie geltend machen können. Auf den Vater würden dann 10/16 entfallen
b) Gütergemeinschafthat nicht mehr bestanden, Ehe ist geschieden
Wenn die Ehe geschieden wurde, dann ist auch das gesetzliche Erbrecht des Ehegatten erloschen. Direkte gesetzliche Erben wären dann Ihr Bruder und Sie zu je 1/2. Der Pflichtteil betrüge in diesem Fall für jeden 1/4. Ihr Vater würde also aufgrund des Testaments die Hälfte erben.
c) Falls Ihre Mutter zum Todeszeitpunkt anderweitig verheiratet war, kommt ein Pflichtteilsanspruch des neuen Ehegatten in Frage. Um den bemessen zu können, ist Kenntnis des Güterstandes notwendig. Der Ehegatte kann dann den Pflichtteil, also wiederum die Hälfte des gesetzlichen Erbteils geltend machen.
2. Nein, s.o.. Ihr Vater erbt nicht allein. Die Pflichtteilsansprüche Ihres Bruders und die Ihrigen können Ihnen nur in absoluten Ausnahmefällen genommen werden. Eine derartige Enterbung liegt aber nicht vor.
3. S.o.. Bei Gütergemeinschaft erbt der Ehegatte neben den Kindern 1/4. Bei zwei Kindern bleiben damit gesetzliche Erbteile in Höhe von je 3/8. Diese Erbquote bestimmt § 1931 I 1 1. ALt. BGB. Dass der Pflichtteil die Hälfte des gesetzlichen Erbteils ist, folgt aus § 2302 I 2 BGB
.
Aus § 1933 folgt, dass bei Scheidung das Ehegattenerbrecht ausgeschlossen. Nach der Vorschrift ist das Ehegattenerbrecht ausgeschlossen, wenn im Zeitpunkt des Erbfalls die Voraussetzungen für die Scheidung vorlagen, und der Erblasser die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hat. Also muss der Ausschluss des Ehegattenerbrechts erst recht für die vollzogene Scheidung gelten. Es würde dann § 1924 I greifen. Ihr Bruder und Sie sind Erben erster Ordnung als Abkömmlinge des Erblassers. Gemäß § 1924 IV erben Kinder gleichen Teilen. Jeder erbt als die Hälfte. Dann greift wieder § 2302 I 2 BGB
. Der Pflichtteil ist also ein Viertel.
4. Die Frage ist unter 1- 3 mitbeantwortet.
5. Das Ehegattenerbrecht erlischt mit Scheidung. Die Schwester der Frau und Nicht und Neffen sind soweiso unbeteiligt im Sinne des Erbrecht. Selbst wenn bei Ihnen in der Familie alle sterben würden, dann würde die geschiedene Frau nebst Familie leer ausgehen.
6. Für steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten ist es zu spät. Diese vorzunehmen, sind insoweit Sache des Erblassers. Umverteilungen zwischen den Erben im Nachhinein entgegen dem Testament könnten als Schenkungen untereinander zu werten sein. Der steuerlich relevante Erbfall tritt mit dem Tod ein. Das einzige, was Sie überlegen können, ist ob Sie den Pflichtteil geltend machen oder nicht. Ehegatten und Kinder unterfallen der Stuerklasse I im Erbschaftssteuerrecht. Für den Ehegatten sieht das Gesetz einen Freibetrag in Höhe von 305000,00 € vor, für Kinder bis zu 205000,00 €. Damit dürften Sie bei den von Ihnen angegebenen Beträgen ohnehin keine Schwierigkeiten haben. Sicherer ist es wohl den Pflichtteil gelten zu machen.
7. Ihr Bruder und Sie haben einen Anspruch auf Auskunft und Wertermittlung hinsichtlich des gesamten Nachlasses. Ihr Vater hat ein Nachlassverzeichnis zu erstellen. Die Wertermittlung findet durch ein unparteiischen Sachverständigen statt. Das Gutachten von diesem ist auf Kosten des Nachlasses zu erstellen. Der Anspruch folgt aus § 2314 BGB
.
Ich hoffe, Ihre Fragen sind zu Ihrer Zufriedenheit beantwortet.
Mit freundlichem Gruß
Patrick Inhestern
Rechtsanwalt
Antwort
vonRechtsanwalt Patrick Inhestern
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Danke für Ihre Antwort. Noch eine Nachfrage: Ich habe Im Internet folgenden Text gefunden.
In einer Zugewinngemeinschaft beträgt der Erbteil des Ehegatten nach §1931 I BGB
neben Verwandten erster Ordnung (Kinder) ¼. Dieser Erbteil erhöht sich jedoch noch gemäß §§1931
III, 1371
I BGB. Der Ehegatte hat Anspruch auf Zugewinnausgleich, dieser kann beim Tod des Ehegatten nach §1371 I BGB
durch eine pauschale Erhöhung des Erbteils um ¼ vollzogen werden (sog. erbrechtliche Lösung), ohne daß eine konkrete Zugewinnberechnung stattfindet. Der überlebende Ehegatte in einer Zugewinngemeinschaft erbt somit neben Verwandten 1. Ordnung ½.
Demnach erhöht sich der Anteil des Ehegatten auf 1/2, dann noch das Testament als Alleinerbe würde das bedeuten dass mein Vater 3/4 des Nachlasses erhält? Dann würden die Söhne jeweils 1/8 erhalten.
Sehr geehrter Fragesteller,
aufgrund des mitgeteilen Sachverhaltes beantworte ich Ihre Frage wie folgt:
Was Sie bezüglich des Erbrechtes des Ehegatten in der Zugewinngemeinschaft gelesen haben ist soweit richtig. Zugewinngemeinschaft ist aber nicht gleich Gütergemeinschaft.Bei der Zugewinngemeinschaft bleiben die Vermögen der Eheleute getrennt, bei der Gütergemeinschaft ist nur noch ein Vermögen vorhanden. Wenn nichts vereinbart ist, entsteht eine Zugewinngemeinschaft. Diese müsste aber im Zeitpunkt des Todes noch bestanden haben, damit Sie relevant ist.
Im Gegensatz zu dem unter 1.a) geschilderten sieht es so aus, dass der Ehegatte 1/2 erbt, Ihr Bruder und Sie dann je 1/4. Der Pflichtteil wäre dann in der Tat nur 1/8.
Falls noch Unklarheiten bestehen, melden Sie sich bitte telefonisch.
Ich hoffe, Ihre Nachfrage ist zu Ihrer Zufriedenheit beantwortet.
Mit freundlichem Gruß
Patrick Inhestern
Rechtsanwalt