Sehr geehrte Fragestellerin,
zu Ihrer Anfrage nehme ich wie folgt Stellung:
1.
Maßgebend ist das Testament aus dem Jahr 2011. Danach soll der Letztversterbende Ihrer Eltern zu 1/3 Erbe werden, Ihr Sohn zu 2/3. Diese gewillkürte Erbfolge ist nach dem Tod der Mutter im Mai 2015 eingetreten. D.h., von den Nachlass Ihrer Mutter hat der Vater 1/3 geerbt, ihr Sohn 2/3.
Ob man sagen kann, dass das Vermögen der Mutter in der Hälfte des Gesamtvermögens der Eheleute bestanden hat, kann ich nicht beurteilen. Jedenfalls darf man nicht grundsätzlich davon ausgehen, dass Eheleute zu 1/2 Inhaber des Gesamtvermögens sind. Da Sie nichts zum Güterstand sagen, gehe ich vom Regelfall aus, also vom gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Zugewinngemeinschaft bedeutet, vereinfacht ausgedrückt, Gütertrennung mit Ausgleich des Zugewinns im Fall der Auflösung der Ehe (Scheidung).
Es müsste also zunächst geprüft werden, wie hoch der Nachlass der Mutter tatsächlich gewesen ist. Dass man hier die Hälfte des Gesamtvermögens ihrer Eltern zu Grunde legt, ist eher zweifelhaft.
2.
Aus Ihrer Schilderung geht auch nicht hervor, wer nach dem Tod des Letztversterbenden, also nach dem Tod Ihres Vaters, Erbe werden soll. Es bleibt also die Frage offen, welchen Wortlaut das Testament aus dem Jahr 2011 hatte. Nicht geklärt ist damit die erbrechtliche Rechtslage nach dem Tod Ihres Vaters. Das heißt, ich kann anhand des Sachverhalts nicht beurteilen, wer nach dem Tod des Vaters Erbe geworden ist.
Fest steht aufgrund des Sachverhalts lediglich, dass der Sohn nach dem Tod Ihrer Mutter zu 2/3 geerbt hat. Allerdings nur, was den Nachlass der Mutter anbelangt.
Soweit Sie schreiben „Nießbrauchsrecht des Vermächtnisses meines Sohnes zu Gunsten des überlebenden Ehepartners", kann hier nur spekuliert werden, was mit dieser Formulierung gemeint sein könnte.
Ich nehme an, dass sie kein Vermächtnis meinen, sondern das Erbe. Das ist rechtlich gesehen ein ganz wesentlicher Unterschied. Das Nießbrauchsrecht müsste in irgendeiner Weise ausgestaltet sein, um erkennen zu können, was dieses Nießbrauchsrecht überhaupt umfasst.
3.
Der Pflichtteil besteht in der Hälfte des gesetzlichen Erbteils.
Nach dem Tod Ihrer Mutter sind nach dem Sachverhalt, gesetzliche Erbfolge unterstellt, Ihr Vater und Sie als (vermutlich) einzige Tochter Erben geworden. Sie wären, Zugewinngemeinschaft vorausgesetzt, bei gesetzlicher Erbfolge also zu 1/2 Erbin nach dem Tod der Mutter geworden. Da der Pflichtteil in der Hälfte des gesetzlichen Erbteils besteht, beläuft sich nach dem Tod der Mutter der Pflichtteilsanspruch auf 1/4 des Werts des Nachlasses Ihrer Mutter.
Nach dem Tod des Vaters wären Sie alleinige Erbin, jedenfalls nach dem, was Sie im Sachverhalt schildern. Da Sie aber wohl auch nach dem Tod des Vaters enterbt sein sollen, was ich hier einfach einmal annehme, hätten Sie auch hier Pflichtteilsansprüche, die sich auf die Hälfte des gesetzlichen Erbteils beliefen. Hier handelt es sich dann um den Nachlass des Vaters.
4.
Mit diesen Angaben können Sie zumindest versuchen zu rechnen.
Da der Sachverhalt leider nur unvollständig die erbrechtliche Situation, insbesondere nach dem Tod des Letztversterbenden, wiedergibt, kann ich bezüglich der Zahlen keine konkreten Angaben machen. Das gilt auch vor dem Hintergrund, dass Sie das gesamte Vermögen Ihrer Eltern nach dem Tod der Mutter einfach halbiert und die Hälfte des Gesamtvermögens als Vermögen der Mutter angerechnet haben.
5.
Man müsste das Testament aus dem Jahr 2011 kennen und vor allen Dingen klären, wer nach dem Tod des Letztversterbenden, also Ihres Vaters, Erbe werden sollte. Ohne diese Informationen ist eine weitergehende Beratung leider nicht möglich.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Raab
Rechtsanwalt
Diese Antwort ist vom 21.12.2016 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Antwort
vonRechtsanwalt Gerhard Raab
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im Testment von 2011 steht ausdrücklich Niessbrauch und Vorvermächtnis. ein Anwalt sagte mir mal vor 2 Jahren, dass mit dieser Formulierung alles an meinen Vater gegangen sei 2015 beim Tod meiner Mutter. Der Berufsbetreuer meiner Eltnern hat 2015 das Vermögen meiner Mutter mit 320.000 € festgestellt.und meinte, dass die durch diese Niesbrauch- Vermächtnis voll an meinen Vater gegangen seien (es fand auch kein Vermögensübergang 2015 auf meinen Sohn statt). Nach dem Tod meines Vaters soll mein Sohn Alleinerbe sein. Geschwister habe ich keine.
Sehr geehrte Fragestellerin,
zu Ihrer Nachfrage nehme ich wie folgt Stellung:
1.
Grundsätzlich muss man, wenn man einen erbrechtlichen Sachverhalt beurteilen und bearbeiten soll, die letztwilligen Verfügungen, also Testamente und Erbverträge, kennen. Kennt man die letztwilligen Verfügungen nur auszugsweise, ist eine rechtssichere Beurteilung leider unmöglich. Bei einer letztwilligen Verfügung muss man stets auf den gesamten Inhalt der Verfügung achten, weil sich oftmals erst aus dem gesamten Inhalt der Wille der Erblasser ersehen lässt.
Fragmentarische Ausschnitte und Einzelsätze aus einer letztwilligen Verfügung sind deshalb nicht geeignet, den genauen Inhalt des Willens der Erblasser zu erforschen.
2.
Aus der ergänzenden Stellungnahme bezüglich des Testaments aus dem Jahr 2011 schließe ich, dass der Vater wohl Vorerbe nach dem Tod der Mutter geworden ist. Das sodann mit der Besonderheit, mit dem Erbe unbeschränkt verfügen zu können.
3.
Pflichtteilsmäßig gesehen müssen wir wiederum zwischen der Rechtslage nach dem Tod Ihrer Mutter und der Rechtslage nach dem Tod Ihres Vaters unterscheiden.
Wenn nach dem Tod Ihrer Mutter Ihr Vater Alleinerbe geworden ist, hätte man die in meiner Antwort geschilderte gesetzliche Erbfolge, dass nämlich Ihr Vater zu 1/2 geerbt hätte, ebenso wie Sie. Der Pflichtteilsanspruch nach dem Tod der Mutter beliefe sich damit auf 1/4 des Nachlasses Ihrer Mutter.
Nach dem Tod des Vaters wären Sie also alleinige gesetzliche Erbin geworden. Da der Pflichtteil in der Hälfte des gesetzlichen Erbteils besteht, haben Sie Pflichtteilsansprüche in Höhe von 1/2.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Raab
Rechtsanwalt