Sehr geehrte Fragestellerin,
gerne beantworte ich Ihre Anfrage auf der Grundlage des von Ihnen geschilderten Sachverhalts wie folgt:
"1. Frage: wieviel Urlaubsanspruch habe ich für das Jahr 2012? Wann und in welchem Fall verfällt dieser Anspruch?"
Auch bei einer lange andauernden Erkrankung des Arbeitnehmers bleibt der Urlaubsanspruch in voller Höhe erhalten.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat entschieden, dass bei Arbeitnehmern, die aufgrund von Krankheit nicht in der Lage sind, ihren Urlaub zu nehmen, der Urlaubsanspruch weiter bestehen bleibt und nicht erlischt (EuGH, Urt. vom 20.01.09, AZ: C-350/06
)
Der Urlaubsanspruch verfällt nicht, sondern ist vom Arbeitgeber zu späterer Zeit nachzugewähren, falls der Urlaub im Urlaubsjahr nicht erteilt wurde.
Urlaubsanspruch wurde unabhängig von Arbeitsfähigkeit bzw. -unfähigkeit erworben. Dieser zunächst erworbene Anspruch erlosch nach dem 31.03. des Folgejahres, wenn der Arbeitnehmer bis dahin den Urlaub nicht genommen hat. Der Europäische Gerichtshof hat mit dem oben genannten Urteil aus dem Jahr 2009 klargestellt, dass diese Regelung des deutschen Rechts gegen Europarecht verstößt. Danach sollte der Urlaub somit selbst bei einer über mehrere Jahre andauernden Krankheit nicht mehr verfallen, sondern von Jahr zu Jahr „mitgeschleppt" werden.
Diese Rechtsprechung wurde jedoch wieder durch ein jüngeres Urteil des EuGH relativiert. Dadurch soll dem Ansammeln von Urlaubansprüchen eine Grenze gesetzt werden. Dies gilt insbesondere für tarifvertraglich gebundene Arbeitgeber. Solche ohne Tarifbindung müssen hingegen weiter abwarten (EuGH-Urt. vom 22.11.2011, Az.: C-214/10
).
So ist unklar, ob auch ein in einem individuellen Arbeitsvertrag geregelter Übertragungszeitraum von 15 Monaten zulässig ist. Die weitere Rechtsprechung bleibt also abzuwarten.
Der EuGH kam jedenfalls zu dem Schluss, dass ein gesetzlich oder tarifvertraglich geregelter Übertragungszeitraum von 15 Monaten nach Ablauf eines Kalenderjahres zulässig ist.
Demnach haben Sie für 2012 einen Urlaubsanspruch von 27 Tagen. 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres bestünde die Gefahr des Verfalls. Aus den genannten Gründen sollten die 15 Monate nicht überschritten werden.
"2. Frage: steht mir für das Jahr 2012 (anteiliges) "Weihnachtsgeld" zu?"
Wenn mit einer Gratifikation ausschließlich die im Laufe des Jahres erbrachte Arbeitsleistung zusätzlich vergütet werden soll, wie zB in ihrem Fall, dann können während des Kalenderjahres angefallene Fehlzeiten den Arbeitgeber zu einer anteiligen Kürzung der Gratifikation berechtigen.
Fehlzeiten, die eine anteilige Kürzung der Gratifikation rechtfertigen, sind zum Beispiel krankheitsbedingte Ausfallzeiten, falls diese- wie bei Ihnen - über den Entgeltfortzahlungszeitraum hinaus andauern. Zeiten des Mutterschutzes sowie krankeitsbedingte Ausfallzeiten, die der Arbeitgeber bezahlen muss, berechtigen dagegen nicht zur Kürzung.
Demnach kann die Gratifikation für das Jahr 2012 "anteilig" gekürzt werden.
Ich hoffe, dass ich Ihnen behilflich sein konnte.
Abschließend weise ich Sie darauf hin, dass die hiesige Beratungsplattform die Beratung durch einen Rechtanwaltskollegen vor Ort nicht ersetzen kann, sondern lediglich dazu dient, dem Mandanten eine grobe rechtliche Einschätzung zu verleihen.
Das Weglassen und bzw.oder Hinzufügen von relevanten Angaben kann eine völlig andere rechtliche Bewertung nach sich ziehen.
Mit freundlichen Grüßen
Kirli
(Rechtsanwalt)
Antwort
vonRechtsanwalt Serkan Kirli
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Rechtsanwalt Serkan Kirli
Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt Kirli,
vielen Dank für Ihre zeitnahe Antwort. Eine Rückfrage habe ich noch bzgl. dem "Weihnachtsgeld": Wenn ich Sie richtig verstanden habe, steht mir das 13. Gehalt somit nur anteilig berechnet für den Zeitraum der Lohnfortzahlung (31.12.11 - 11.2.2012)zu?
Herzlichen Dank für Ihre Bemühungen und freundliche Grüße
Sehr geehrte Fragestellerin,
vielen Dank für die Nachfrage, welche ich wie folgt beantworte:
Ja, Sie so ist meine Antwort zu verstehen. Wird nämlich ein 13. Monatsgehalt als arbeitsleistungsbezogene Sonderzahlung vereinbart, so entsteht für Zeiten, in denen bei Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit kein Entgeltfortzahlungsanspruch mehr besteht, auch kein anteiliger Anspruch auf das 13. Monatsgehalt (siehe nur: BAG, Urt. v. 21.3.2001 -- 10 AZR 28/00
(LAG Hessen))
Somit haben Sie lediglich einen Anspruch auf anteilige Gratifikation für den Zeitraum der Entgeltfortzahlung (31.12.11 - 11.2.2012).
Mit freundlichen Grüßen
Kirli
(Rechtsanwalt)