Sehr geehrte/r Fragesteller/in,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich Ihnen aufgrund des geschilderten Sachverhalts und unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes wie folgt beantworte:
Zunächst muss geprüft werden, ob der ursprünglich auf 2 Jahre befristet abgeschlossene Vertrag noch fortbesteht und es sich bei der Stundenreduzierung nicht lediglich um eine zeitlich begrenzte Vertragsänderung handelt, die selbst keinen neuen Vertrag begründet. Um hier eine konkrete Aussage treffen zu können, muss der Text beider Vereinbarungen bekannt sein. Grundsätzlich gehe ich davon aus, dass die reduzierte Stundenanzahl zunächst nichts am Bestehen des befristeten Arbeitsverhältnisses ändert und dieses weiterhin bis zum ursprünglich vereinbarten Ende fortbesteht.
1. Frage: Habe ich nach Beendigung des neuen Vertrags sofort Anspruch auf Arbeitslosengeld oder muss ich mit einer Sperrzeit rechnen und wie lang wird diese wahrscheinlich sein (12 Wochen oder weniger)?
Unter Zugrundelegung meiner oben genannten Auffassung, dass der alte Vertrag nach 6 Monaten wieder mit 30 Stunden fortgesetzt werden soll, muss geprüft werden, ob eine ordentliche Kündigung des befristeten Vertrags überhaupt möglich ist. Anders können Sie sich meines Erachtens nämlich nicht vom Vertrag lösen, es sei denn, Sie schließen einen Aufhebungsvertrag mit dem Arbeitgeber ab.
Nach § 15 III TzBfG
unterliegt ein befristetes Arbeitsverhältnis nur dann der ordentlichen Kündigung, wenn dies einzelvertraglich oder tarifvertraglich vereinbart wurde. Fehlt eine solche Vereinbarung, ist eine ordentliche Kündigung nicht möglich. Der Vertrag endet dann mit Ablauf der vereinbarten Zeit. Unterstellt, Sie haben eine Kündigungsmöglichkeit vereinbart, müssen Sie mit einer Sperrzeit rechnen, wenn das Arbeitsverhältnis ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes von Ihnen beendet wurde. Die Dauer der Sperrzeit beträgt nach § 144
III 1 SGB III grundsätzlich 12 Wochen, wenn nicht einer der genannten Ausnahmetatbestände des Satzes 2 dieser Vorschrift vorliegt. Einen solchen Grund kann ich hier nicht erkennen. Eine andere Frage ist, ob die Unterstützung/Pflege eines kranken Elternteils einen wichtigen Grund zur Lösung des Arbeitsverhältnisses darstellt. Sollten die Voraussetzungen für eine teilweise oder vollständige Freistellung von der Arbeitsleistung nach dem Pflegezeitgesetz (PflegeZG) vorliegen, liegt darin ein wichtiger Grund, der nicht zur Verhängung einer Sperrzeit führt.
2. Frage: Wenn ich im Anschluss an den neuen Vertrag nochmals einen Vertrag über ein halbes Jahr mache (sozusagen für ein weiteres halbes Jahr verlängere), habe ich danach mit einer Sperrzeit zu rechnen oder entfällt diese dann? Worauf müsste ich bei diesem Vertrag achten?
Da meines Erachtens der ursprüngliche Vertrag fortbesteht, gilt das zu 1. Gesagte.
3. Frage: Falls ich ein neues Arbeitsverhältnis bei einem anderen Arbeitgeber eingehe (nach Kündigung oder Auslaufen des neuen Vertrages), wie lang muss dieses sein, um einer Sperrzeit zu entgehen?
Für die Verhängung einer Sperrzeit kommt es nicht darauf an, wie lange ein neues Arbeitsverhältnis besteht, sondern darauf, ob Sie sich durch die Kündigung versicherungswidrig im Sinne des § 144
I SGB III verhalten haben. Wenn Sie einen wichtigen Grund zur Kündigung hatten, wird keine Sperrzeit verhängt werden.
Ich bin insbesondere daran interessiert, wie ich am besten mein derzeitiges Arbeitsverhältnis zeitnah beenden kann, ohne eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld zu erhalten.
Eine Sperrzeit werden Sie nur vermeiden können, wenn Sie einen wichtigen Grund zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses hatten. Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitgeber einvernehmlich wegen Pflege nach § 3 I 1 Pflege ZG zu beenden. In diesem Falle liegt ein wichtiger Grund für die Arbeitsaufgabe vor. Den Nachweis hätten Sie zu erbringen, dieser kann aber durch Vorlage der Vereinbarung mit dem Arbeitgeber geführt werden.
Ich empfehle Ihnen, die Angelegenheit einem Kollegen vor Ort vorzulegen, der dann auch die entsprechenden Verträge prüfen kann.
Ich hoffe, dass ich Ihnen zunächst weiterhelfen konnte.
Mit freundlichen Grüßen
Marion Deinzer
Rechtsanwältin
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Sehr geehrte Frau Deinzer,
vielen Dank für Ihre Antwort. Da noch Klärungsbedarf besteht, möchte ich die Möglichkeit zur Nachfrage nutzen. Vielen Dank im Vorraus.
Zu Antwort auf Frage 1 und 2:
1. Verstehe ich Sie richtig, dass ein Aufhebungsvertrag des ursprünglichen Vertrages (01.10.10 – 30.09.12) mit Beendigung des Vertragsverhältnisses zum 31.12.10 vorliegen müsste, damit der neue stundenreduzierte Vertrag (01.01.11 -30.06.11) als eigenständiger neuer Vertrag gewertet wird?
2. Mir liegen Informationen vor, dass in diesem Fall der neue Vertrag mindestens ein Jahr sein muss, um einer Sperrzeit zu entgehen? Ist dies korrekt und sind dabei zwei aufeinander folgende Halbjahresverträge ebenfalls gültig um dieses eine Jahr abzudecken?
Zu Antwort auf Frage 3:
Möglicherweise habe ich mich nicht präzise genug ausgedrückt, darum versuche ich meine Frage zu präzisieren: Wenn ich jetzt meinen Vertrag ordentlich kündige (was möglich ist), um direkt im Anschluss daran eine neue Stelle anzutreten, diese aber zeitlich nur auf beispielsweise auf ein halbes Jahr begrenzt ist und davon auszugehen ist, dass der erste Vertrag (bis zum 30.09.12) noch Gültigkeit hatte, bekomme ich dann eine Sperrzeit, weil ich arbeitslos werde, bevor der gekündigte erste Vertrag ausgelaufen wäre?
Vielen Dank für Ihre Nachfrage.
Zu 1.und 2.:
Ja, dies haben Sie richtig verstanden. Allerdings kann auch durch Auslegung ermittelt werden, was von beiden Vertragsparteien mit Vereinbarung des geänderten Vertrags gewollt war. Im Zweifel wird sich Ihr Arbeitgeber nicht querstellen, wenn Sie beide von einer Beendigung des neuen Vertrags zum 30.06.2011 ausgehen.
zu 2.:
Auch für Anschlussverträge gilt, dass diese grundsätzlich vom Arbeitnehmer abgeschlossen werden dürfen. Die Mindestdauer von 1 Jahr ist mir nicht bekannt. Nur wenn ein Wechsel von einem unbefristeten Arbeitsverhältnis in ein befristetes Arbeitsverhältnis erfolgt, ist Voraussetzung, dass das befristete Arbeitsverhältnis eine Mindestdauer von 2 Monaten hat und der Arbeitnehmer z. B. ein um mindestens 10% höheres Gehalt erzielen kann. Hier können auch noch andere Kriterien eine Rolle spielen, die nichts mit einer Mindestdauer zu tun haben.
Zu 3.:
Wenn Sie das neue (befristete) Arbeitsverhältnis aus gutem Grund eingegangen sind, z.B. um mehr Gehalt zu erzielen oder weil die konkrete Aussicht bestand, dass dieses Arbeitsverhältnis in ein unbefristetes umgewandelt wird, ist eine Sperrzeit nicht zu erwarten.
Mit freundlichen Grüßen
Marion Deinzer
Rechtsanwältin