Sehr geehrte Ratsuchende,
Ihre Fragen möchte ich wie folgt beantworten:
Auch nach nunmehr 9 Jahren nach Ehescheidung kann durchaus noch eine grundsätzliche Unterhaltsspflicht in Betracht kommen.
Voraussetzung dafür ist aber, dass der ExEhemann nicht in der Lage ist für seinen eigenen Unterhalt aufzukommen.
Dieses muss er Ihnen nachweisen. Er muss also nachweisen, dass er tatsächlich nicht in Lage ist, seinen, nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu ermittelnden Unterhaltsbedarf, allein zu decken.
Wenn ich Sie richtig verstanden habe, macht der geschiedene Ehegatte jetzt erstmals Unterhalt geltend. Dann muss er aber beweisen, nicht nur einfach behaupten, dass er aufgrund seines Unfalles nicht mehr in der Lage ist, einer Tätigkeit nachzugehen, die es ihm ermöglicht, seinen Unterhaltsbedarf allein zu decken.
In Anbetracht der Tatsache, dass er als Selbständiger tätig ist, erfordert dieses schon einige Darlegungen.
Unabhängig davon ist bei der Beurteilung Ihrer möglichen Unterhaltspflicht eine genaue Berechnung erforderlich. Zunächst einmal ist Ihr Einkommen zu ermitteln. Davon wären, falls noch Unterhaltspflichten gegenüber den Kindern bestehen, diese Beträge vorab abzuziehen.
Sodann ist das Einkommen Ihres geschiedenen Ehegatten zu ermitteln. Das hat er Ihnen nachzuweisen; als Selbständiger durch Vorlage der Nachweise der letzten drei Jahre (Bilanzen/Einnahme-Überschussrechnungen und Steuerbescheide).
Weiter wird auf Seiten des Mannes folgendes hinzuzurechnen sein. Dieser bewohnt nach Ihren Angaben das gemeinsame Haus. Dafür wird ihm ein sogenannter Wohnvorteil angerechnet werden. Die Höhe wäre zu ermitteln, unter Berücksichtigung noch bestehender Verbindlichkeiten und der Tatsache, dass Ihnen noch ein Miteigentumsanteil zusteht. Es kommt demzufolge genau auf die Immobilie an.
Wohnt dort noch eine andere Person, kann Ihr Exgatte Mieteinnahmen erzielen. Auch diese wären hinzuzurechnen. Nimmt er keine Miete, wären die Beträge trotzdem hinzuzurechnen.
Sollte Ihr Exgatte auch noch Einkünfte aus Kapitalvermögen haben, wären auch diese hinzuzurechnen.
Ihnen könnte hier auch § 1579 BGB
zur Seite stehen. Das betrifft den Wegfall oder die Beschränkung der Unterhaltspflicht unter besonderen Voraussetzungen.
Ihr Exgatte lebt mit einer neuen Partnerin zusammen. Dieses kann, wenn die Partnerin auch über EInkünfte verfügt, was nach Ihrer Schilderung der Fall ist, zu einer Reduzierung, wenn nicht zu einem Ausschluss führen.
Das neue Unterhaltsrecht geht nun gesetzlich besser formuliert von der Eigenverantwortlichkeit aus. Dieses könnte für Sie durchaus zum Vorteil sein. Gleiches gilt auch für die Änderung des genannten § 1579 BGB
, denn dort wir die neue Lebenspartnerschft nunmehr ausdrücklich genannt.
Vorbehaltlich einer genauen Prüfung, sehe ich durchaus Chancen, dass es nicht zu einer Unterhaltsverpflichtung Ihrerseits kommt.
Bei den Streitigkeiten wegen der Übernahme der Kosten für die Renovierung, wäre Ihre Mutter letztendlich Zeugin und könnte nach Ihrer Schilderung bestätigen, dass sie den Schlüssel nicht erhalten habe. Da die Angelegenheit offensichtlich zu eskalieren droht, schreiben Sie und Ihre Mutte mit Einschreiben/Rückschein den Exgatten an und betonen Sie, dass es unzuteffend ist, dass die Mutte den Schlüssel erhalten hat. Drohen Sie ihm im Wiederholungsfall gerichtliche Schritte an. Dieses soll aber nur dazu dienen, ihm deutlich zu machen, dass Sie sein Verhalten nicht hinnehmen.
Sie haben einen Anspruch auf Nutzungsentschädigung für Ihren Hausanteil. Es kann, und sollte sogar notariell vereinbart werden, dass im Falle der Nichtzahlung die sofortige Zwangsvollstreckung aus dieser Urkunde möglich ist. Das bedeutet, dass sich Ihr Exgatte der sofortigen Zwangsvollstreckung unterwirft, wenn er seiner Zahlungsverpflichtung nicht nachkommt.
Sie können auch versuchen, den Exgatten zu einer gemeinsamen Regelung hinsichtlich der Erbregelung zu veranlassen. Nur einen Anspruch darauf haben Sie nicht.
Sie können eine Freistellung von öffentlichen Abgaben leider nicht durchsetzten, sollten aber bei der notariellen Vereinbarung auf die Aufnahme dieser Klausel drängen. Auch hinsichtlich der Renovierungskosten sollte eine solche Klausel auf jeden Fall aufgenommen werden. NUR einen durchsetzbaren Anspruch darauf, dass diese Freistellungen erfolgen, haben Sie leider nicht.
Abschließend möchte ich Sie noch darauf hinweisen, dass mögliche Mieteinnahmen auf Ihrer Seite bei einer Unterhaltsberechnung als Einkommen angerechnet werden.
In Anbetracht der Tatsche, dass beide Regelungen (Haus/Unterhalt) ineinander greifen, sollte hier eine Gesamtlösung angestrebt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwältin
Sylvia True-Bohle
Antwort
vonRechtsanwältin Sylvia True-Bohle
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Hallo, danke, dass ich nochmals fragen kann:
1. Bemessen sich die ehelichen Lebensverhältnisse nach dem damaligen gemeinsamen Einkommen oder meinem jetzigen Einkommen ?
Zählen Mieteinkünfte dazu, die ich für ein haus erhalte, welches ich erst 2006 käuflich erworben habe!
2. Ist es glaubwürdig, wenn er behauptet, es hätte eine Absprache über ein Nutzungsentgeld für mich, die im Beisein unserer Kinder (damals bereits volljährig, aber finanziell auch heute noch von mir abhängig (trotz abgeschlossener Studien)) stattfand niemals gegeben?
Sehr geehrte Ratsuchende,
die ehelichen Lebensverhältnisse bemessen sich zum einen nach dem damaligen Einkommen ABER auch nach dem jetzigen Einkommen, wenn es sich bei Einkommenssteigerungen um eine "normale Einkommensentwicklung" handelt, die auch eingetreten wäre, wenn die Ehe fortbestanden hätte.
Nur unerwartete, vom Normalfall erhebliche abweichende Entwicklungen oder Entwicklungen, die nur wegen der Trennung eintreten sind, bleiben unberücklsichtigt.
Handelt es sich bei dem Hauskauf um eine Entwicklung, die als abweichend anzusehen ist, bleiben die Mieteinnahmen unberücksichtigt. Etwas anderes könnte gelten, wenn das Haus aus einer Erbschaft erwoben ist, denn dieses hätte auch während der Ehe zur Verfügung gestanden.
Ihr ExMann kann natürlich behaupten, eine Vereinbarung hätte es nicht gegeben. Sie können der Behauptung entgegenhalten, dass im Beisein der Kinder die Vereinbarung getroffen worden ist. Dann können die Kinde auch als Zeugen benannt werden. Ob ein Gericht die Aussagen der Kinder dann für glaubhaft hält, kommt auf dessen Eindruck vor Gericht an.
Man kann aber nicht von vornherein sagen, dass die Aussagen von Familienangehörigen nicht glaubhaft wären.
Kommt es zur gerichtlichen Auseinandersetzung müssen die Kinder als Zeugen angegeben werden, da Sie nur so die Möglichkeit haben, die Vereinbarung zu beweisen.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwältin
Sylvia True-Bohle