Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegeben Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber - als neuen Arbeitgeber - über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein.
Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden.
Dieses gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden.
Vor Ablauf der Frist können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.
Dieses wäre hier zu prüfen.
Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.
Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:
1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.
Ich nehme an, dieses ist nicht geschehen, weshalb sich der bisherige Arbeitgeber haftbar gemacht haben könnte.
Sie sollten sich aber auch (zunächst) an den neuen Arbeitgeber halten, denn:
Das Kündigungsverbot darf nach meiner ersten Einschätzung nicht durch einen vorgeschobenen, "neuen" Arbeitsvertrag umgangen werden, so dass jedenfalls ein Anfechtungsrecht wegen Irrtums/arglistiger Täuschung in Betracht kommen kann, zudem wie gesagt Betriebsvereinbarungen/tarifvertragliche Bestimmungen gelten können.
Sie sollten den "neuen" Arbeitsvertrag daher anwaltlich prüfen lassen, auch die Umstände des hier wohl vorliegenden Betriebsübergangs.
Falls Sie noch Nachfragen haben, können Sie sich gerne an mich wenden - ein ist hier kostenlos.
Ich hoffe, Ihnen damit weitergeholfen zu haben und wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.
Antwort
vonRechtsanwalt Daniel Hesterberg
Marktstraße 17/19
70372 Stuttgart
Tel: 0711-7223-6737
Web: https://www.hsv-rechtsanwaelte.de
E-Mail:
Rechtsanwalt Daniel Hesterberg
Sehr geehrter Herr Hesterberg,
vielen Dank für Ihre rasche Antwort. Leider muss ich zugeben, dass mir die wirklich interessanten Antworten auf meine Fragen fehlen. Die groben Punkte konnte ich bereits vorab im Internet ausfindig machen und befriedigen leider daher nur sehr pauschal. Für uns zählen nicht zwingend Anklagepunkte etc. Vielmehr wie der weitere Weg nun zu bestreiten ist und wie es nach Ihrer ersten Einschätzung um evtl. Erfolgschancen steht. Mir ist klar, dass Sie da aus der Ferne ohne Akteneinsicht natürlich keine verbindlichen Angaben machen können. Genau aus diesem Punkt wäre mir der mögliche Rahmen und Vorgang viel wichtiger. Bringen wir den Stein jetzt ins Rollen?
Tut mir leid das sagen zu müssen aber für meine
€ 65,00 fühle ich mich momentan etwas stehengelassen. Aufbauend auf den Großteil der von Ihnen geschriebenen Informationen habe ich mich ja an Sie gewendet. Wer hier Rat sucht und Geld investiert... der hat auch schon mal vorher die Suchmaschine bemüht. 2/3 der Antworten sehen für mich doch größenteils sehr nach "copy/ paste" aus. Sorry, bin da etwas direkt. Vielleicht hat es auch etwas mit meiner momentan Gefühlslage zu tun. Oder vielleicht habe ich auch den Sinn dieser Seite nicht ganz verstanden und verlange etwas, was von vornherein nicht im Servicekatalog steht. Ist dies der Fall... geht der Stiefel klar an mich.
Z.B. Wie steht es mit dem Kündigungsschutz in Verbindung mit der Angabe die einzige Mitarbeiterin bei Firmenübernahme zu sein? Dieser scheint nicht pauschal 1 Jahr zu betragen. Vielmehr bezieht sich dieser hier auf die Dauer des Angestelltenverhältnisses und beträgt in unserem Fall die gesetzlichen 6 Monate?
Auch wäre der mögliche Streitwert oder Forderungskatalog interessant. Welche Forderungen können wir geltend machen? Sprich Lohndifferenz zum Originalvertrag über die bereits geleistete Arbeitszeit plus 6 Monate Lohn (gesetz. Kündigungsfrist)?
Ebenfalls fehlte der wichtige Hinweis des rechtzeitigen Einreichens der Kündigungsschutzklage binnen 3 Wochen nach Erhalt der Kündigung?
Eine Information über eine evtl. finanziellen Unterstützung der Gerichtskosten wäre interessant. Dies scheint möglich....sollte es zum Prozess kommen.
Die Branche meiner Frau unterliegt keinerlei Tarifverträgen.
Mit freundlichen Grüßen,
XXX
Sehr geehrte(r) Fragesteller(in),
gerne beantworte ich Ihre Nachfrage wie folgt:
In der Tat ist ohne Sichtung der Unterlagen eine abschließende Einschätzung nicht möglich.
Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber "wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils" ist unwirksam.
Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.
Das schützt Sie zunächst weitgehend, da eine betriebsbedingte Kündigung des neuen Arbeitgebers zunächst ausgeschlossen ist.
Für die Kündigungsfrist gilt die gesetzliche Frist, berechnet nach der Betriebszugehörigkeit, also sechs Monate - das ist richtig.
Wie ich Ihnen geschrieben hatte, darf § 613a BGB
mit dem darin geregelten - obigen - Kündigungsverbot nicht unzulässigerweise umgangen werden.
Dieses ist hier aber wohl passiert.
Unwirksam sind so Eigenkündigungen und Aufhebungsverträge, zu denen der Arbeitnehmer unter Hinweis auf die Einstellungsgarantie beim potentiellen Erwerber zu schlechteren Arbeitsbedingungen veranlasst werden - daran sollten Sie anknüpfen.
Das Bundesarbeitsgericht hat dieses nochmals unterstrichen, BAG, Az. 8 AZR 324/97
, Entsch. v. 10.12.1998:
"Die Arbeitsvertragsparteien können ihr Rechtsverhältnis im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang auch ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes wirksam durch Aufhebungsvertrag auflösen, wenn die Vereinbarung auf das endgültige Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Betrieb gerichtet ist.
Hingegen ist ein Aufhebungsvertrag wegen objektiver Gesetzesumgehung nichtig, wenn er lediglich die Beseitigung der Kontinuität des Arbeitsverhältnisses bei gleichzeitigem Erhalt des Arbeitsplatzes bezweckt (Bestätigung von BAG Urteil vom 28. April 1987 - 3 AZR 75/86
- BAGE 55, 228
= AP Nr. 5 zu § 1 BetrAVG
Betriebsveräußerung). Diesem Zweck dient der Abschluß eines Aufhebungsvertrages, wenn zugleich ein neues Arbeitsverhältnis zum Betriebsübernehmer vereinbart oder zumindest verbindlich in Aussicht gestellt wird."
Hierauf würde ich mich schriftlich gegenüber dem neuen Arbeitgeber berufen.
Damit bleiben alle alten Ansprüche aus dem bisherigen Arbeitsverhältnis bestehen, Lohn, Urlaub, Überstundenvergütung, etc.
Dieses beinhaltet auch die Lohndifferenz zum Originalvertrag über die bereits geleistete Arbeitszeit.
Sollte es zu keiner Einigung kommen, sollte eine Kündigungsschutzklage erwogen werden.
Ich bitte jedoch nochmals um Ihr Verständnis, dass dieses hier nur eine Erstberatung und keine vollständige Prüfung sein kann, zumal mir die Unterlagen nicht vorliegen.
Sie sollten daher unbedingt einen Anwalt aufsuchen.
Sie können auch ggf. Prozesskostenhilfe in Anspruch nehmen.
Leider wird in der ersten Instanz kein Ersatz der eigenen Anwaltskosten geleistet, auch wenn man gewinnt.
Zum Streitwert:
Dieser beträgt drei Brutto-Moanstgehälter bei der Kündigungsschutzklage.
Ich hoffe, Ihnen damit gedient zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Daniel Hesterberg
Rechtsanwalt