Sehr geehrter Ratsuchender,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich auf Grundlage Ihrer Angaben wie folgt beantworte.
Eine Durchgriffshaftung (piercing the corporate veil)auf die Muttergesellschaft kommt in Betracht, wenn eine Unterkapitalisierung vorliegt Hinzu kommen muss allerdings der Tatbestand einer vorsätzlichen sittenwidrige Schädigung der Gläubigerinteressen, indem der Gesellschafter das Gesellschaftsvermögen unter Verstoß gegen den Mindeststandard ordnungsgemäßen unternehmerischen Verhaltens schädigt.
Soweit eine entsprechende Unterkapitalisierung durch die Gesellschafter der Muttergesellschafter sich auf die Tochtergesellschaften auswirkt, ist auch ein Durchgriff auf die Privatpersonen denkbar.
Der BGH hat in vergleichbaren Fällen einen Ersatzanspruch bejaht in denen die Gesellschafter die Gesellschaft so ausgestaltet hatten, dass Nachteile aus der Geschäftstätigkeit notwendig die Gläubiger der Gesellschaft treffen mussten.
Die Haftung der Gesellschafter tritt dabei nicht gegenüber den Gläubigern, sondern gegenüber der Gesellschaft ein. Die Gesellschaft kann aufgrund des Schadensersatzanspruches gegen die Gesellschafter die Gläubiger befriedigen.
Die Fallgruppe der Unterkapitalisierung stellt damit eigentlich keinen Fall der Durchgriffshaftung, sondern einen Fall der Verhaltenshaftung des Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft dar. Allerdings gibt es hierzu auch eine Entscheidung des BGH mit der folgenden Fallkonstellation.: "Der Umstand, dass eine GmbH, deren Alleingesellschafterin ebenfalls eine juristische Person ist, mit einem Stammkapital ausgestattet ist, das außer Verhältnis zu ihrem satzungsmäßigen Zweck steht (Unterkapitalisierung), rechtfertigt weder für sich allein, noch dann ohne weiteres einen Haftungsdurchgriff ihrer Gläubiger gegen die Alleingesellschafterin, wenn die GmbH finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in diese eingegliedert ist." (BGH VIII ZR 298/75
).
Eine weitere Fallgruppe ergibt sich aus der Vermögensverwischung, wenn wegen des Fehlens oder der Mangelhaftigkeit der Buchführung unklar ist, welche Vermögensgegenstände zum Gesellschaftervermögen und welche zum Gesellschaftsvermögen gehören. Eine Durchgriffshaftung kann in dieser Fallgruppe regelmäßig nur den Einmanngesellschafter oder den beherrschenden Gesellschafter treffen. Bei Minderheitsbeteiligungen besteht meist keine solche gesellschaftsrechtliche Stellung, die es dem Gesellschafter ermöglicht, Vermögenssphären zu vermischen.
Insoweit ist eine Durchgriffshaftung auf die Muttergesellschaft nur bei strengen Voraussetzungen möglich. Soweit die Tochtergesellschaften in die Muttergesellschaft eingebetet ist,, kann eine entsprechende Durchgriffshaftung auf die Gesellschafter der Mutter entfallen.
Hinsichtlich der zu spät eingereichten Bilanzen wird die Haftung vielmehr den Director treffen, außer die Muttergesellschaft hat durch Ihre Gesellschafter einen entsprechenden Einfluß ausgeübt.
Ich bitte zu berücksichtigen, dass die zitierten Entscheidung GmbH´s betreffen, jedoch auf Ltd. die ausschließlich in Deutschland tätig sind eine analoge Anwendung erfolgt. Im Unterscheid zur GmbH ist allerdings zu beachten, dass eine Ltd. nur mit minimalen Eigenkapital ausgestattet ist und daher das Schutzbedürfnis der Gläubiger für eine Druchgriffshaftung entsprechend geringer ausgeprägt ist.
Die Durchgriffshaftung wird durch die Rechtssprechung sehr zurückhaltend angewandt. Insoweit bedarf es immer einer vorsätzlichen schädigenden Eingriffes.
Folgende Fallgruppen hat die Rechtsprechung entwickelt:
1. Der Fall der Einmann-GmbH
2. Der Fall des Institutsmissbrauchs
3. Der Fall der Unterkapitalisierung
4. Der Fall der wirtschaftlichen Identität
5. Der Fall des existenzvernichtenden Eingriffs
Ich hoffe Ihnen einen hilfreiche Orientierung gegeben zu haben. BEi Unklarheiten nutzen Sie bitte die Nachfragefunktion.
Mit besten Grüßen
Marcus Schröter
Rechtsanwalt & Immobilienökonom
Diese Antwort ist vom 31.07.2007 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Ist unter oben genannten Vorrausetzungen die Möglichkeit eines Institutsmissbrauches gegeben?
(Zusatzinfo: der director ist Vater der beiden privaten Gesellschafter - Alter 22 und 25 (beide in Ausbildung - haben prinzipiell nichts mit den Firmen zu tun)); er selber will keine Anteile erwerben, da er eine EV abgeben muss und somit nach der EV mehr oder weniger handlungsunfähig wäre, da die Gesellschaften ja dann von den Gläubigern einbehalten würde - er steuert aber die Geschäfte parktisch vollständig, allerdings ist das Vermögen der Gesellschaft anfangs nicht wirklich groß(einige tausend euros))
Sehr geehrter Ratsuchender,
ein Fall des Institutsmissbrauchs liegt vor, wenn eine Personen eine Kapitalgesellschaft gründet, ohne selbst in Erscheinung zu treten.
Bei einer solchen Konstellation werden Strohmänner vorgeschoben, die für die Gründung der Gesellschaft lediglich ihren Namen hergeben, wirtschaftlich aber nicht oder nur sehr gering an der Gesellschaft beteiligt sind.
Handelt es sich bei dem Strohmann zudem noch um eine vermögenslose Person und werden die gesamten Geschäfte der Gesellschaft von dem im Hintergrund stehenden wirtschaftlichen Inhaber der Geschäftsanteile geleitet, handelt es sich um ein missbrauchtes Institut der juristischen Person.
Auf Ihren Fall angewendet wurde ein Institutsmissbrauch in betracht kommen, wenn Ihre Söhne zwar tatsächlich Gesellschafter wären, Sie aber im Hintergrund als Strohmann fungieren und die entsprechenden Entscheidung der Gesellschafter treffen und auch entsprechende Ausschüttungen der Gewinne an den Gesellschaftern vorbei Ihnen zukommen. Insoweit müssen Anhaltspunkte vorliegen, dass Sie der wirtschaftliche Eigentümer der Gesellschafteranteil der Mutter LTD. sind. Ist dies nicht der Fall, wäre ein Institutsmissbrauch zu verneinen.
Ich hoffe Ihnen weitergeholfen zu haben und stehe Ihnen für eine weitergehende Beratung und entsprechende Gestaltung gerne zur Verfügung.
Mit besten Grüßen
Marcus Schröter
Rechtsanwalt & Immobilienökonom