Sehr geehrter Fragesteller,
ich bedanke mich für Ihre online-Anfrage, zu der ich wie folgt Stellung nehme:
1./2.
Für die nacheheliche Unterhaltsberechnung ist auf die ehelichen Lebensverhältnisse abzustellen. Maßgeblicher Zeitpunkt ist grundsätzlich die Rechtskraft des Scheidungsurteils. Nacheheliche Einkommensverbesserungen, die erst nach der Scheidung beim unterhaltspflichtigen Ehegatten eintreten, können sich dann bedarfssteigernd auswirken, wenn ihnen eine Entwicklung zu Grunde liegt, die aus der Sicht zum Zeitpunkt der Scheidung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten war. Übliche Einkommenssteigerungen zum Ausgleich des inflationsbedingten Kaufkraftschwundes, Verbesserungen aufgrund der gesetzlich geregelten Dienstaltersstufen u.ä. sind vorhersehbare Einkommenssteigerungen, ein Karrieresprung hingegen nicht. – Von Ihrem Mehrverdienst wird Ihre geschiedene Ehefrau daher dann nicht profitieren, wenn Sie in einem anderen Tätigkeitsbereich oder in einer anderen Funktion tätig sind und infolgedessen mehr als 20 % mehr verdienen als vorher. Andernfalls wird der Mehrverdienst in die Unterhaltsberechnung einfließen. War der Austritt aus der Kirche nicht bereits während der Ehe geplant, werden die entsprechenden steuerlichen Einsparungen Ihrer Ex-Frau nicht zu Gute kommen.
3.
Bereits in der zum 01.07.2007 in Kraft getretenen Düsseldorfer Tabelle (DT) sind die Werte leicht abgesenkt worden. Nachdem die DT auf der Regelbetragsverordnung basiert, die mit der Unterhaltsreform abgeschafft werden soll, wird die DT neu gefasst werden müssen, wobei davon auszugehen ist, dass die Sätze nochmals sinken werden. Weiterhin tritt an die Stelle der Anrechnung des Kindergeldes auf den Barbedarf mit der Unterhaltsreform der bedarfsdeckende Vorwegabzug des Kindergeldes. Bei minderjährigen Kindern, die von einem Elternteil betreut werden, verringert sich ihr Bedarf nach § 1612 b BGB
n.F. um die Hälfte des Kindergeldes.
4.
Mit Inkrafttreten der Unterhaltsreform wird die Eigenverantwortlichkeit und damit die Erwerbsobliegenheit des bedürftigen Ehegatten stärker herausgestellt. Für den Fall des Betreuungsunterhalts werden zwar im Gesetz keine festen Altersgrenzen der Kinder vorgegeben werden, nach denen den jeweils betreuenden Ehegatten eine bestimmte Erwerbsobliegenheit trifft. Von dem kinderbetreuenden Elternteil wird künftig jedoch früher als bisher die Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit erwartet werden können, wenn eine Übermittagbetreuung in der Schule vorhanden ist.
Nach der Rechtsprechung gelten derzeit folgende Grundsätze:
Bei einem Kind bis ca. 8 Jahren kann dem betreuenden Elternteil eine Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden. Ist das Kind zwischen acht und elf Jahre alt, kommt es auf den konkreten Einzelfall an, ob eine Teilzeittätigkeit aufgenommen werden muss. Bei einem dreizehn - bis fünfzehnjährigen Kind ist nach der Rechtsprechung ist in der Regel eine Halbtagsbeschäftigung zumutbar (Braunschweig FamRZ 2002, 1711
). Erst ab der 15. bis 16 Lebensjahr des Kindes ist in der Regel eine Vollzeitbeschäftigung aufzunehmen (BGH NJW 1997, 1851
).
5.
Hält sich das Kind während der Ferien beim Barunterhaltspflichtigen Ehegatten auf, so ist der Unterhalt nach der Rechtsprechung dennoch ungeschmälert zu erbringen (vgl. BGH FamRZ 1984, 470
ff.). Obwohl Sie Ihrer Kinder an ca. 60 Tagen im Jahr betreuen, werden Sie von dem Barunterhalt aus diesem Grunde keine Abschläge vornehmen können.
6./8.
Auch mit Ihrer Wiederverheiratung wird der Ehegattenunterhalt an Ihre erste Ehefrau steuerlich zu berücksichtigen sein.
Der durch die Wiederverheiratung erzielte Steuervorteil kommt dem geschiedenen Ehegatten nach herrschender Meinung nicht zugute.
7.
Bei einer Wiederverheiratung erhöht sich zwar nicht Ihr Selbstbehalt. Reichen Ihre Einkünfte jedoch nicht aus, um den Bedarf Ihrer ggf. nicht erwerbstätigen Ehefrau, Ihrer geschiedenen Ehefrau und Ihrer Kinder zu decken, ist die nach Abzug Ihres Selbstbehalts verbleibende Verteilungsmasse auf die Unterhaltsberechtigten im Verhältnis ihrer jeweiligen Einsatzbeträge gleichmäßig zu verteilen (sog. Mangelfallberechnung).
9.
Der neu eingeführte § 1578 b BGB
ermöglicht es dem Familiengericht, Unterhaltsansprüche zu befristen oder der Höhe nach zu begrenzen. Die Ehefrau hat hiernach keine unbegrenzte Lebensstandardgarantie. Sobald bei Ihrer geschiedenen Ehefrau aufgrund des Alters der Kinder die betreuungsbedingte Einschränkung der Erwerbstätigkeit entfällt, wird trotz der Voraussetzungen des § 1570 BGB
eine Befristung ihres Unterhaltsanspruchs erfolgen, es sei denn Ihrer geschiedenen Ehefrau sind durch die Betreuung der Kinder beruflichen Nachteile entstanden. Im Übrigen wird für die Übergangsfrist nicht schematisch auf die Ehedauer abzustellen sein.
Ich hoffe, Ihnen eine hilfreiche erste Orientierung gegeben zu haben und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Petry-Berger
Rechtsanwältin
Antwort
vonRechtsanwältin Jutta Petry-Berger
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