Sehr geehrte(r) Fragensteller(in),
haben Sie vielen Dank für Ihre Fragen, auf die ich gerne im Nachfolgenden einzeln eingehen werden.
I. Zivilrechtliche Bewertung
Sie schildern, dass Ihr Vater das besagte Unternehmen als ein nicht in das Handelsregister eingetragenes "Einzelunternehmen" geführt hat. Rechtlich betrachtet heißt dies, dass ihr Vater - anders als im Falle des Vorhandenseins einer Gesellschaft wie z.B. einer GmbH (bei der es sich um eine künstliche "juristische Person" handelt) - selbst Inhaber sämtlicher Rechte und Pflichten des von ihm geführten Unternehmens ist. Ihr Vater ist damit als Privatperson Vertragspartner sämtlicher Lieferanten, Arbeitnehmer etc., Eigentümer sämtlicher Warenbestände, Mieter von Betriebsgrundstücken, usw. Ihm persönlich stehen alle Rechte hieraus zu, er haftet aber auch persönlich, d.h. mit seinem Privatvermögen
Im Rahmen eines Erbfalles gehen sämtliche Vermögenswerte und Verbindlichkeiten auf die Erben über. Wenn mehrere Erben vorhanden sind, entsteht - wie Sie sehr richtig erkennen - eine Erbengemeinschaft, auf die die Rechte und Verbindlichkeiten übergehen. Hierunter fallen auch die Arbeitsverträge, die Ihr Vater mit seinen Beschäftigten geschlossen hat.
Da die Erbengemeinschaft lediglich in die Rechtsstellung Ihres Vaters im Rahmen eines bestehenden Vertragsverhältnisses eintritt, ändert der Todesfall am Bestand und Inhalt der Arbeitsverträge (sofern diese keine abweichende Regelung enthalten) nichts. Die Verträge bestehen automatisch fort und es gelten die schon für Ihren Vater anwendbaren Kündigungsfristen und -gründe. Bereits ausgesprochene Kündigungen haben weiterhin Bestand.
Selbstverständlich bietet es sich an, die Belegschaft des Unternehmens über die Umstände zu informieren, damit sich diese über die Identität des Arbeitgebers im Klaren sind.
II. Gewerberechtliche Bewertung
1. Gewerbeanzeige
In gewerberechtlicher Hinsicht möchten Sie erfahren, ob die "Gewerbeanmeldung" Ihres Vaters mit seinem Tod "erlischt".
An dieser Stelle sei mir eine begriffliche Präzisierung gestattet, mit der schon viel Klarheit geschaffen sein dürfte. Da in Deutschland grundsätzlich Gewerbefreiheit herrscht, wird ein (erlaubnisfreies) Gewerbe nicht angemeldet, sondern es muss den Behörden gemäß § 14 GewO lediglich angezeigt werden. D.h. die zuständigen Behörden müssen lediglich darüber in Kenntnis gesetzt werden, dass ein Gewerbe ausgeübt wird.
Wenn nun der Gewerbetreibende verstirbt und das zuvor ihm gehörende Gewerbe durch die Erbengemeinschaft weitergeführt werden soll, so muss jedes einzelne Mitglied der Erbengemeinschaft (!) eine Gewerbeanzeige beim zuständigen Gewerbeamt vornehmen; die Erbengemeinschaft selbst kann keine Gewerbeanzeige vornehmen. Eine "Abmeldung" des vorherigen Gewerbes ist dementsprechend rechtlich zwar nicht vorgesehen, eine entsprechende formlose Mitteilung an das Gewerbeamt ist jedoch sicherlich nicht schädlich und dem besseren Verständnis aufseiten des Gewerbeamtes dienlich.
2. Besonderheit: Erlaubnispflichtiges Gewerbe
Eine Besonderheit tritt im Todesfalle bei erlaubnispflichtigen Gewerben auf. Angesichts der insofern etwas knappen Sachverhaltsschilderung kann ich nicht beurteilen, ob es sich bei dem Gewerbe Ihres Vaters um ein solches handelt. Daher möchte ich der Vollständigkeit halber auf diesen besonderen Fall eingehen. Für den Betrieb einiger besonderer Gewerbe gibt es besondere Voraussetzungen, die der Gewerbetreibende erfüllen muss, z.B. das Verfügen über besondere Befähigungen oder Kenntnisse. Da die Erben diese Voraussetzungen nicht immer erfüllen und dann das Gewerbe eigentlich nicht fortführen dürften, gibt es mit § 46 GewO eine besondere Ausnahmeregelung, die für Ehegatten/Lebenspartner sowie minderjährige Kinder des ein erlaubnispflichtiges Gewerbe betreibenden Erblassers gilt. Danach kann dieser Personenkreis ausnahmsweise und ohne selbst die entsprechenden Voraussetzungen zu erfüllen das Gewerbe für eigene Rechnung durch einen Stellvertreter, der stattdessen die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt, ausnahmsweise weiterbetreiben. Gemäß § 46 Abs. 3 GewO kann das Gewerbeamt auf den Antrag des Erblassers auch die Fortführung durch den benannten Personenkreis ohne Stellvertreter für die Dauer von einem Jahr gestatten, ohne dass die Voraussetzungen für den Betrieb des erlaubnispflichtigen Gewerbes vorliegen.
Wenn es sich bei dem Gewerbebetrieb Ihres Vater um ein solches erlaubnispflichtiges Gewerbe handelt, könnte das Gewerbe also - ohne dass seine Ehefrau die Voraussetzungen für dessen Ausübung selbst erfüllt - für deren Rechnung weitergeführt werden. Dabei handelt es sich freilich eher um eine Übergangslösung und es erscheint natürlich aus praktischen Gründen angebracht, möglichst bald selbst die Voraussetzungen für den Betrieb des erlaubnispflichtigen Gewerbes zu erfüllen.
Ich hoffe, Ihnen mit meiner Antwort weitergeholfen zu haben und wünsche Ihnen trotz der Umstände alles Gute. Sollten Sie weitere rechtliche Hilfestellung benötigen, stehe ich Ihnen selbstverständlich jederzeit gerne zur Seite. Melden Sie sich am besten kurz per E-Mail bei mir und ich helfe Ihnen sehr gerne weiter.
Mit freundlichen Grüßen
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