Sehr geehrter Ratsuchender,
vielen Dank für Ihre Anfrage .
Diese möchte ich sehr gerne wie folgt beantworten:
1) Wie kann ich mir einen Überblick über das Vermögen bzw. die Schuldenstände des Verstorbenen machen?
Dieses ist leider grundsätzlich Angelegenheit des/der Erben und bereitet meiner Erfahrung nach in der Praxis teilweise große Probleme.
Hier müsste zunächst geschaut werden, wer beispielsweise die nächsten Angehörigen des Erblassers sind (in Ihrem Fall also z.B. Ihre Tante oder Kinder, falls vorhanden). Dort sollte zunächst nachgefragt werden.
Ebenfalls sollte beim zuständigen Nachlassgericht nachgefragt werden. Es ist nämlich durchaus möglich, dass der Erblassers dort ein Inventarverzeichnis hinterlassen hat.
Da es ein Testament gibt, können sich erfahrungsgemäß viele wichtige Informationen über den Bestand des Vermögens auch bereits aus diesem Testament ergeben. Sie sollten Sie gegebenenfalls einmal beim zuständigen Nachlassgericht bzw. Testamentsvollstrecker nachfragen.
Sofern Sie das Testament bereits gesehen bzw. mittlerweile in Ablichtung in Ihrem Besitz haben ist dieses natürlich nicht mehr erforderlich.
2) Ich weiß, dass kurz vor dessen Tod für den Onkel eine Erbschaft angefallen ist, dessen Höhe aber ebenfalls noch ermittelt wird. Habe ich einen Anspruch auf Aufklärung gegenüber des Testamentsvollstreckers?
Der Testamentvollstrecker ist im weitesten Sinne für die Verteilung des Nachlasses verantwortlich.
Die Wertermittlung gehört allerdings nicht zu seinem Pflichtenkreis. Der Testamentsvollstrecker muss sich also darum grundsätzlich kümmern, dass diese Erbschaft des Onkels in dem Nachlass mit berücksichtigt wird, eine Wertermittlung muss er allerdings nicht vornehmen.
3) Wenn ich die genaue Vermögensaufstellung nicht innerhalb der 6 Wochen Frist ermitteln kann, gibt es die Möglichkeit der Beantragung einer Frist-Verlängerung?
Eine Fristverlängerung ist leider in dieser Konstellation nicht vorgesehen.
Sofern Sie die Erbschaft ausschlagen können Sie nach der Rechtsprechung die Erbschaft auch grundsätzlich nicht wegen Irrtums über den Bestand des Nachlasses anfechten, weil sich doch herausgegeben hat, dass eine Ausschlagung nicht vorgenommen wäre.
Vor diesem Hintergrund wäre es sinnvoller abzuwarten, bis das gesamte Vermögen bekannt ist.
Selbst wenn die Frist von 6 Wochen dann abgelaufen sein sollte und sich im Nachhinein herausstellen sollte, dass der Nachlass überschuldet ist, könnte gegebenenfalls die Annahme der Erbschaft beziehungsweise Versäumnis der Ausschlagungsfrist angefochten werden.
Nachfolgend habe ich Ihnen einen interessanten Link zu diesem Thema beigefügt:
http://www.haus-und-grund-nds.de/2011/10/erbausschlagung.htm
4) Welche Risiken bzw. Kosten können mir durch eine Nachlass-Insolvenz entstehen?
Bei der Nachlassinsolvenz entstehen zunächst Gebühren für das Gericht. Sofern Sie einen Rechtsanwalt damit beauftragen, entstehen natürlich auch noch zusätzlich Rechtsanwaltsgebühren.
Ohne den konkreten Fall in allen Einzelheiten zu kennen ist eine abschließende Auskunft zu den Risiken im Rahmen einer Erstberatung außer Ferne leider nicht möglich. Normalerweise gibt es aber bei einer Nachlassinsolvenz keine Risiken, sofern alles fachgerecht beantragt und abgewickelt wird.
Eine Nachlassinsolvenz macht vor allem dann Sinn, wenn einer Ausschlagung der Erbschaft nicht mehr möglich ist. Dann könnte gem. § 1975 f. BGB
die Nachlassinsolvenz eingeleitet werden.
Sollte der Nachlass überschuldet sein, wird die Eröffnung des Verfahrens voraussichtlich mangels Masse vom Gericht abgelehnt werden. In diesem Fall könnte sich dann der Erbe gegenüber Gläubigern des Erblassers grundsätzlich auf die so genannte Dürftigkeitseinrede nach § 1990 BGB
berufen.
Eine abschließende Handlungsempfehlung zu der Frage, ob innerhalb der sechs Wochen ausgeschlagen werden soll oder nicht, ist im Rahmen einer Erstberatung aus der Ferne ohne Kenntnis des vollständigen Sachverhalts in allen Einzelheiten leider nicht möglich.
Wie Sie sehen ist die rechtliche Materie auch nicht ganz einfach, so dass ich Ihnen anraten würde, gegebenenfalls einen im Erbrecht erfahrenen Kollegen vor Ort mit der abschließenden Klärung der Sach- und Rechtslage und anschließend der Wahrnehmung der rechtlichen Interessen zu beauftragen. Dieser könnte Ihnen dann auch bei der Einleitung der weiteren Schritte helfen, so dass keine Formfehler ( zum Beispiel bei einer Ausschlagung) geschehen können.
Ich hoffe Ihnen eine erste rechtliche Orientierung ermöglicht zu haben und wünsche Ihnen alles Gute!
Ich möchte Sie gerne noch abschließend auf Folgendes hinweisen:
Die von mir erteilte rechtliche Auskunft basiert ausschließlich auf den von Ihnen zur Verfügung gestellten Sachverhaltsangaben. Bei meiner Antwort handelt es sich lediglich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes, die eine vollumfängliche Begutachtung des Sachverhalts nicht ersetzen kann. So kann nämlich durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen eine völlig andere rechtliche Beurteilung die Folge sein.
Ich hoffe, dass Ihnen meine Ausführungen geholfen haben. Sie können natürlich gerne über die Nachfrageoption mit mir Verbindung aufnehmen.
Ich wünsche Ihnen noch einen angenehmen Montagnachmittag!
Antwort
vonRechtsanwalt Dr. Danjel-Philippe Newerla
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Rechtsanwalt Dr. Danjel-Philippe Newerla
Fachanwalt für Informationstechnologierecht, Fachanwalt für Gewerblicher Rechtsschutz, Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht