Sehr geehrter Ratsuchender,
gern beantworte ich Ihre Frage aufgrund der von Ihnen getätigten Angaben wie folgt.
Grundsätzlich muss das für Ihren Vater im Grundbuch eingetragene Wohnrecht nicht für dessen Veräußerung gelöscht werden. Als beschränkte persönliche Dienstbarkeit kann das Wohnrecht nur höchstpersönlich von Ihrem Vater in tatsächlicher Hinsicht ausgeübt werden.
Will heißen, dieses eingeräumte Wohnrecht kann keinem Dritten überlassen werden und wenn der Berechtigte dieses Wohnrecht nicht mehr ausüben kann, geht es zwar nicht unter, aber ist auch nicht durch eine etwaige Vermietung zu kompensieren.
Angesichts der von Ihnen geschilderten Angaben (76 Jahre, männlich, Wert der Immobilie 215.000 Euro (80.000 Euro Schulden + 135.000 Euro Verkaufspreis) erscheint mir die Abfindungssumme, die hier der Kollege in Feld bringt ein wenig übertrieben.
Nach den vom statistischen Bundesamt veröffentlichten Sterbetafeln (https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/Bevoelkerung/Sterbefaelle/Tabellen/SterbetafelDeutschland.html), hat Ihr Vater noch eine durchschnittliche Lebenserwartung von 9,92 Jahren, was letztlich bedeuten würde, dass für Wohnrecht eine Nettokaltmiete in Höhe von ca. 462 Euro zugrunde gelegt wurde.
Leider sehe ich keine Möglichkeit für die von Ihnen freiwillig erbrachten Unterhaltsleistungen, in Bezug auf eine Anrechnung der im Raum stehenden Abfindung für die Aufgabe des eingetragenen Wohnrechts Ihres Vaters. Darüber hinaus kann ich Ihr Ergebnis von 80.000 Euro minus nicht nachvollziehen.
Bitte erlauben Sie mir eine Frage. Wird sich die gesundheitliche Situation Ihres Vaters wieder soweit zum Besseren verändern, dass dieser in der Lage sein wird, von seinem höchstpersönlichen Wohnrecht wieder Gebrauch machen zu können?
Mir ist durchaus bekannt, dass die erwähnten demenziellen Veränderungen in Schüben kommen und auch bessere Phasen dabei sind, aber grundsätzlich ist ein physischer Abbauprozess, der derzeit nicht behandelbar ist und auf lange Sicht keine Besserung oder gar Genesung nach sich ziehen wird.
Ihr Vater hätte bei einem Verkauf gegen den Käufer durchaus das notfalls auch gerichtlich sehr gut durchsetzbare Recht wieder in dem Haus zu wohnen. Aber wie wahrscheinlich wird es dazu kommen? Selbst wenn Ihr Vater aus dem Pflegeheim entlassen wird, werden Sie nach wie vor dessen bestellter Betreuer sein, so dass Sie für die Umsetzung der Rechte Ihres Vaters verantwortlich wären. Ich bin zudem fest davon überzeugt, dass es einer Person, bei welcher eine demenzielle Veränderung diagnostiziert wurde, völlig egal ist, wo diese lebt und insoweit Ihr Vater bei einer Entlassung aus der Pflegeeinrichtung auch in jedem anderen Haushalt lebt und unter Umständen ein glückliches Ende finden wird.
Von daher mein Rat, lehnen Sie das Angebot des Rechtsanwaltes ab. Verkaufen Sie die Immobilie mit weiter bestehenden Wohnrecht Ihres Vaters. Kümmern Sie sich um diesen in dessen kommenden schweren Tagen und lassen Sie es dabei bewenden.
Dem Käufer erklären Sie die Situation mit Ihrem Vater, ggf. auch unter Zuhilfenahme meiner hiesigen Äußerungen, und belassen es bei Kaufpreis und eingetragenem Wohnrecht.
Das Wohnrecht ist nicht vererbbar, es erlischt mit dem Ableben Ihres Vaters, so dass sich hier der Käufer auch keines weiteren Risikos ausgesetzt fühlt.
Gern stehe ich Ihnen für Ihre weiteren eventuellen Fragen zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Andreas Wehle
Rechtsanwalt /Aachen
Antwort
vonRechtsanwalt Andreas Wehle
Charlottenstr. 14
52070 Aachen
Tel: 0241 - 53809948
Web: https://www.rechtsanwalt-andreaswehle.de
E-Mail:
Rechtsanwalt Andreas Wehle
Sehr geehrter Herr Wehle,
vielen danke für die sehr ausführliche Antwort. Ihre Idee mit dem bestehen bleiben des Wohnrechts meines Vater ist interessant. Was ist den mit dem "Wertausgleich" für das Wohnrecht meines Vaters? Kann das Betreuungsgericht das nicht vom Eigentümer des Hauses verlangen?
Zur Antwort auf ihre Frage bzgl "Wiedereinzug", nein leider hat mein Vater Pflegestufe 1, die Demenz schreitet immer weiter fort und er ist zudem noch schwerer Diabetiker der diese Krankheit allein nicht mehr handhaben kann.
Das "minus von 80.000" bezieht sich auf die von mir bis Dato geleisteten Zahlungen aus Unterhalts-, Krankenhaus-, Nebenkosten.
Hauswert 135.000
Wohnrecht -55.000
Rest-Schulden -80.000
Rest 0.00
Die von mir geleisteten Zahlungen in den letzten 11 Jahren an meinen Vater 80.000.
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Ratsuchender,
vielen Dank für Ihre Bewertung.
„Wertausgleich" bzw. Abfindung für was? … das Wohnrecht bleibt doch vollends bestehen. Von daher gibt es keinen Anspruch auf eine Abfindung oder das Verlangen eines Wertausgleiches.
Dass Ihr Vater sein höchstpersönliches Wohnrecht nicht mehr ausüben kann, will oder wie auch immer, ist insoweit seinem eigenen Lebensrisiko zuzuschreiben und begründet insoweit aber keinen auszugleichenden Anspruch gegen jeden Eigentümer der Immobilie. Das gilt selbst dann, wenn der Eigentümer die Immobilie selbst vollständig nutzt. Letztlich hat Ihr Vater auch nur einen Anspruch auf Einräumung des dinglich, also gegenüber jedermann, bestellten Rechtes.
Ihr Vater kann auch freiwillig auf das Wohnrecht verzichten, wodurch es auch ohne die Zahlung einer Abfindung erlöschen würde.
Da Sie hier eine solche Erklärung seitens Ihres Vaters aber nicht mehr erhalten werden, werden Sie das für Ihren Vater bestellte Wohnrecht belassen müssen, oder aber mit dem vom Betreuungsgericht eingesetzten Ergänzungsbetreuer (Rechtsanwalt) eine Einigung über die Abfindung finden müssen.
Einmal ehrlich, was soll dieses Spielchen?
Nach § 1601 BGB
sind Verwandte in gerader Linie einander (in jedweder Richtung) zum Unterhalt verpflichtet.
Die Pflegeeinrichtung wird hier schon genug kosten, die soweit Sie hier zur ergänzenden Unterhaltsleistung herangezogen werden können, auch auf Sie umgelegt werden wird. Das Vermögen Ihres Vaters ist als erstes dafür heranzuziehen.
Soweit dieser also von Ihnen einen Anspruch auf Abfindung erhält, geht dieser in gleicher Höhe auch auf die eventuell leistende Sozialleistungsbehörde über. Die diesen dann auch gerichtlich gegenüber Ihnen geltend machen kann. Darüber hinaus glauben Sie doch nicht, dass der vom Gericht bestellte Ergänzungsbetreuer seinen Job kostenfrei erledigt.
Ich denke Sie sind hier aus wirtschaftlicher Sicht eh schon sehr gebeutelt in der Situation mit Ihrem Vater, so dass Sie sich hier auf die Veräußerung der Immobilie konzentrieren sollten. Einen wahren Gewinn für sich selbst, werden Sie aber nicht wirklich erwarten dürfen.
Ich wünsche Ihnen bei Ihren Verhandlungen mit dem Käufer viel Glück, gegenüber dem RA und dem Betreuungsgericht erklären Sie notfalls, dass das Wohnrecht gern bestehen bleiben kann. Damit verbleibe ich
Mit freundlichen Grüßen
Andreas Wehle
Rechtsanwalt /Aachen