Sehr geehrte(r) Ratsuchende(r),
1.
Bei der Wertberechnung im Falle der vorweggenommenen Erbfolge ist der aktuelle Wert der Immobilie zu Grunde zu legen.
Dabei kommt die Wertminderung infolge des lebenslangen Wohnrechts ebenso zum Ansatz wie eine (wertmäßig schwierig zu beziffernde) Pflegeverpflichtung, da diese für die Bestimmung des aktuellen Wertes maßgeblich sind.
Dagegen kommt es nicht auf hypothetische Entwicklungen an, die zwischen der Eigentumsübertragung und einem zeitlich ungewissen Erbfall erfolgen.
Dies bedeutet auch, dass weder eine (hypothetische) Wertsteigerung noch eine Abzinsung vorzunehmen ist.
Dementsprechend ist die Berechnung Ihres Bruders nicht zutreffend.
Auf der anderen Seite können Sie Ihrem Bruder nicht entgegenhalten, dass er im Falle der Überschreibung des Grundstücks eine „Mietersparnis“ zu verzeichnen hat. Denn dieser Umstand beruht nur auf einer freien Vereinbarung zwischen Ihren Bruder und Ihrer Mutter, die ja mit der Überschreibung des Hauses hinfällig wird.
Insgesamt sollten Sie sich daher an der Berechnung Ihres Steuerberaters orientieren.
2.
Eine genaue Formulierung der Pflegeverpflichtung kann an dieser Stelle nicht gegeben werden.
Zunächst müsste ermittelt werden, inwieweit die Pflegeleistungen Bedingung für die Eigentumsübertragung sein sollen und ob die Nichterfüllung der Pflegeverpflichtung mit Sanktionen bedacht werden soll.
Bei der Ermittlung des Parteiwillens und der konkreten Formulierung wird Ihnen der von Ihrer Mutter zu beauftragende Notar Hilfestellung leisten.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen einen ersten rechtlichen Einblick vermitteln.
Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte über die kostenlose Nachfragefunktion erneut an mich.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfram Geyer
Rechtsanwalt
Diese Antwort ist vom 21.06.2006 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Sehr geehrter Herr Geyer,
vielen Dank für Ihre prompte Antwort.
Ich habe Sie meinem Bruder vorgelegt, mit folgender Reaktion (in Auszügen):
„Was mich aber wundert, ist das bei einer
vorzeitigen Erbauszahlung keine Abzinsung
berücksichtigt werden soll, wo doch der Notar das auch gesagt hat. Ein ziemlicher Zinsvorteil wenn man den Betrag (zugegeben hypothetisch) 19 Jahre (viell. auch 10 oder 30 Jahre) früher erhält und vermehren kann.
Zur Wertsteigerung: bei der Schätzung wurde je nach Alter des Hauses/Anbaus ein Abschlag vorgenommen. Der Abschlag wäre dann in 19 Jahren 20% höher. Auch logisch, weil das Haus dann ja deutlich älter ist. Noch dazu bleiben ja werterhaltende Instandhaltungen am Hausübernehmenden hängen.
Eine inflationsbedingte Wertsteigerung entgegenzuhalten ist noch dazu schwierig, da niemand weiß, wie sich der Immobilienmarkt/Vorlieben der Käufer entwickeln.
Zum Steuerberater: Ich habe bei meiner Berechnung das Wohnrecht überhaupt nicht in Abzug gebracht, sondern nur den Wert des halben Erbes auf heute gerechnet.
47 T. sind in (hypothet.) 19 Jahren aber deutlich mehr als die Hälfte des Erbes, noch dazu ohne jede Verpflichtung und Risiko.
Und mal auf die Abzinsung des Wohnrechts eingestiegen: es muss halt auch der Auszahlbetrag abgezinst werden.
Mit einem so hohen Betrag, vorab ausgezahlt, baue ich lieber selbst ein Haus und spare mir die Verpflichtungen.“
Wie ist das nun mit der Abzinsung?
Sowohl im Hinblick auf Auszahlung Hälfte Erbe 110.000 auf 19 Jahre abgezinst, als auch im Hinblick auf Abzinsung des Auszahlbetrages im falle Berücksichtigung des Wohnrechtes?
Herzliche Grüße A.
Sehr geehrter Ratsuchender,
der Umstand, dass bei einer vorweggenommenen Erbfolge ein Zinsvorteil entsteht, wenn man den Betrag „früher erhält und vermehren kann“, wird teilweise in der Praxis schon bei der Berechnung berücksichtigt.
Zwingend ist dies jedoch nicht, da ja eine ungewisse künftige Entwicklung vorausgesetzt wird.
Jedenfalls wäre dann aber auch die ebenso hypothetische nominale Wertsteigerung der Immobilie aufgrund des zu erwartenden Kaufkraftschwundes mit einzubeziehen.
In dem hier vorliegenden Fall wird aber doch ein Zinsvorteil bereits durch die vorrangig zu berücksichtigende Wertminderung infolge des lebenslangen Wohnrechts ausgeglichen.
Zu beachten ist hierbei, dass es eine einzig richtige Berechnung so nicht gibt, letztlich ist dies eine Frage der Praktikabilität und der Verhandlungsbereitschaft.
Gegen die Berechnungsweise Ihres Bruders spricht insofern der von ihm selbst angedeutete Umstand, dass hier kaum geeignete Parameter vorliegen, auf deren Grundlage alle wertbeeinflussenden Faktoren eines Grundstücks zielgenau für die Zukunft einkalkuliert werden können.
Es ist z.B. auch eine erhebliche Aufwertung der Grundstückslage durch Veränderungen der Umgebung und der Infrastruktur denkbar, die dann wiederum Ausgaben Ihres Bruders für Erhaltungsmaßnahmen in den Schatten stellen kann.
Ohne das hier alle anderen Faktoren überragende Wohnrecht müsste hier in der Tat eine aufwändige sachverständige Ermittlung der Wertentwicklung vorgenommen werden, um ein genaues und sachgerechtes Ergebnis zu erzielen.
Ich bleibe daher bei meiner Auffassung, dass die reine Herausrechnung des Wohnrechts auf einen so langen Zeitraum eine realistischere und einfacher zu handhabende Grundlage für Verhandlungen bietet.
Eine Abzinsung des Auszahlbetrages verbietet sich, weil damit eine doppelte Berücksichtigung gleicher Umstände stattfände.
Kein stichhaltiges Argument ist es, auf das höhere Risiko beim Immobilienerwerb gegenüber der Geldeinnahme abzustellen, denn dieser Umstand wäre in 19 Jahren oder wann immer sie beide erben, derselbe, wenn Ihr Bruder dann das Haus auch übernehmen will.
Genauso gut könnten Sie Ihrerseits auf einer Abzinsung des Wohnwertes bestehen, mit dem Argument, dass Sie schließlich nicht an der Wertsteigerung durch den sukzessiven Wegfall der wirtschaftlichen Belastung mit dem Wohnrecht teilhaben.
Eine genauere Auskunft ist im Rahmen dieses Forums anhand der vorliegenden Informationen leider nicht möglich.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfram Geyer
Rechtsanwalt