Sehr geehrte Fragestellerin,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen wie folgt beantworten:
Die Quote richtet sich nach den Verwandtschaftsverhältnissen: Der Pflichtteil ist immer die Hälfte des gesetzlichen Erbanspruchs. Wenn Ihr Onkel also nicht (mehr) verheiratet war und keine weiteren Kinder hatte, wäre der Sohn als gesetzlicher Erbe Alleinerbe gewesen. Sein Pflichtteil wäre dann 50% der Erbmasse.
Der Sohn kann und muss die Schenkung nicht anfechten. Das Gesetz sieht vor, dass Schenkungen, die der Erblasser in den letzten zehn Jahren vor seinem Tod vorgenommen hat, anteilig ("abschmelzend" mit 10% pro Jahr) für die Berechnung der Pflichtteilsansprüche dem Nachlass hinzugerechnet werden. Dies ergibt sich aus § 2325 BGB. In Absatz III ist geregelt, dass, wenn der Tod im ersten Jahr nach der Schenkung eintritt, der Wert voll hinzugerechnet wird.
Mit dieser Regelung soll vermieden werden, dass die gesetzliche Regelung, nahe Angehörige über einen Pflichtteil am Nachlass zu beteiligen, durch Schenkungen kurz vor dem Tod praktisch umgangen werden können.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen.
Mit freundlichen Grüßen aus Wunstorf
Anja Holzapfel
-Rechtsanwältin-
Sehr geehrte Frau Holzapfel,
vielen Dank für Ihre Antwort.
Da mein Onkel mir das Auto geschenkt hat, möchte ich dies als Geschenk gerne behalten und möchte nicht, dass diese Schenkung an mich, angefochten wird. Wie hoch darf der Wert der Schenkung aus sittlicher Pflicht sein, so dass die Schenkung nicht angefochten werden kann?
Mein Onkel lebte in „üblichen" finanziellen Verhältnissen; er hatte keine Verbindlichkeiten und aus seinen Ersparnissen wurde die Beisetzung ca. 10 T€ bezahlt. Es ist jetzt noch ein Guthaben von ca. 5.000,00 € vorhanden.
Sehr geehrte Fragestellerin,
gern beantworte ich Ihre Nachfrage wie folgt:
Nach § 2330 BGB sind Schenkungen, die einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprechend, vom Pflichtteilsergänzungsanspruch ausgenommen.
Anstandsschenkungen sind nur geringe Zuwendungen, also z. B. Geburtstagsgeschenke u. ä. Dies dürfte hier nicht anzunehmen sein.
In Betracht kommt möglicherweise die Pflichtschenkung, die auch bei größeren Beträgen angenommen werden kann. Hier ist stets der Einzelfall maßgeblich. Da der Wert der Schenkung immerhin mehr als die Hälfte des Gesamtvermögens ausmacht, wird es für die Frage, ob Sie den kompletten Wert als Schenkung aus dem Bereich des § 2325 BGB ausnehmen können, sicher auch auf den Umfang Ihrer Pflegeleistungen und Ihre eigenen (auch finanziellen) Einbußen in dieser Zeit ankommen. Der BGH stellt auf besondere Umstände ab und verlangt bei belohnenden Schenkungen, dass das Unterbleiben der Schenkung sittlich anstößig wäre. Dies ist eine hohe Hürde. Da Sie zusätzlich als Erbin eingesetzt worden sind, ist dies u. U. nicht so ohne Weiteres anzunehmen.
Es gibt keine festen Werte, die Ihnen hier rechtssicher weiterhelfen. Eine gerichtliche Auseinandersetzung ist für beide Parteien mit einem gewissen Prozessrisiko behaftet. Es wäre daher sinnvoll, sich mit dem Sohn des Verstorbenen darauf zu einigen, dass ein bestimmter Teil als nicht anrechenbar betrachtet und aus dem Rest der Pflichtteil berechnet wird.
Mit freundlichen Grüßen
Anja Holzapfel