Sehr geehrte Ratsuchende,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich auf Grundlage Ihrer Angaben wie folgt beanworten möchte:
Zunächst wäre zu klären, ob es sich bei dem Entzug der einen Aufgabe und der Zuweisung der neuen Aufgabe um eine reine Tätigkeitsänderung handelt oder ob diesbezüglich schon eine Versetzung vorliegt. Letztere wäre nämlich nicht mehr ohne Weiteres vom Direktionsrecht des Arbeitgebers gedeckt und bedürfte ggf. der Zustimmung des Betriebsrats, wenn ein solcher in dem Unternehmen vorhanden ist.
Nach § 95 Abs. 3 S. BetrVG
ist eine Versetzung die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs, die die Dauer von einem Monat voraussichtlich überschreitet oder die mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden ist, unter denen die Arbeit auszuführen ist. Sofern sich also der gesamte Arbeitsbereich - z. B. durch einen Abteilungswechsel - ändert, könnte eine Versetzung in diesem Sinne gegeben sein. Werden dagegen nur einzelne Aufgaben neu auf die Mitarbeiter verteilt, dürfte diese Maßnahme grundsätzlich noch vom Direktionsrecht gedeckt sein.
Da nach Ihrer Schilderung wohl nur der Aufgabenbereich hinsichtlich einzelner Teilaufgaben geht, würde ich in Ihrem Fall eher noch von einer Aufgabenkonkretisierung im Bereich des Direktionsrecht ausgehen wollen. Zur abschließenden Beurteilung müssten aber die Aufgabenbereiche eingehender verglichen werden können, was aber im Rahmen einer Erstberatung in diesem Portal nicht möglich ist.
Sowohl bei der Versetzung als auch bei der Ausübung des Direktionsrechts müssten grundsätzlich ausreichende Gründe für die Änderung Ihrer Aufgaben gegeben sein, die allerdings durch den Wegfall des früheren Arbeitsplatzes durch eine evtl. Umorganisation vorliegen. Darüber hinaus müssen natürlich auch die Kenntnisse und Fähigkeiten des betroffenen Arbeitnehmers entsprechend berücksichtigt werden.
Wenn Ihnen also jetzt eine Aufgabe zugewiesen werden soll, die Sie nach Ihren Kenntnissen und Fähigkeiten von vornherein nicht erfüllen können, sollten Sie vor allem nicht das Anforderungsprofil unterschreiben, damit Ihnen später nicht unterstellt werden kann, dass Sie damit "anerkannt" haben, das Profil erfüllen zu können. Ferner sollten Sie ausdrücklich darauf hinweisen, dass Sie nicht die notwendigen Englischkenntnisse haben und auf eine Aufgabenzuteilung bestehen, die Ihren Fähigkeiten entspricht. Eine (bekannte) Überforderung des Arbeitnehmers kann einen Verstoß gegen das Direktionsrecht bedeuten, so dass der Arbeitgeber Ihnen diese Aufgabe dann nicht zuteilen dürfte und im eigenen Interesse auch nicht zuteilen sollte. Ferner könnte er Sie nicht ohne Weiteres wegen einer Schlechterfüllung abmahnen, wenn ihm von Anfang an bekannt war, dass Sie die Ihnen zugewiesene Aufgabe fachlich nicht übernehmen und fehlerfrei ausführen können.
Während der Arbeitszeiten können auch diese in gewissem Rahmen dem Direktionsrecht des Arbeitgebers unterliegen, vor allem dann, wenn es um die Bestimmung der Kernarbeitszeiten geht. Darüber hinaus können u. U. betriebliche Gründe dafür sprechen, dass Sie um 9:00 Uhr die Arbeit aufnehmen müssten. Ferner kann es auch sein, dass die Kernzeiten allgemein geändert wurden. Die zulässigen Arbeitszeiten werden in § 3 ArbZG
und die Ruhepausen in § 4 ArbZG
geregelt. Danach sind bei einer Arbeitszeit von mehr als 6 bis 9 Stunden Ruhepausen von 30 Minuten zu gewähren. Sie sollten vorsorglich nachfragen, weshalb von Ihnen eine einstündige Pause einzuhalten ist und warum Sie bei einer Arbeitszeit bis 18 Uhr abweichend von den Kollegen schon um 9 Uhr beginnen müssen, statt um 10 Uhr. Nur wenn es wirklich plausible Gründe dafür gibt, könnte diese Arbeitszeit abweichend von der sonstigen Regelung u. U. möglich sein. Des Weiteren sollten Sie prüfen, was zu den Arbeitszeiten und den Ruhepausen im Arbeitsvertrag steht. Sofern Sie tatsächlich um 9 Uhr Ihre Arbeit aufnehmen müssen, haben Sie dafür Sorge zu tragen, dass Sie rechtzeitig vor Ort sind. Das Verkehrsaufkommen, Staus etc. müssten Sie also - wie immer - in Ihre Zeitplanung einrechnen, damit Sie zuverlässig um 9 Uhr mit der Arbeit beginnen. Es gilt hier ferner zu beachten, dass es meist nicht ausreicht, dass man zum Arbeitsbeginn im Unternehmen eintrifft, sondern man ist meist nur dann pünktlich, wenn man um die vereinbarte Zeit "einsatzbereit" ist. Das rechtzeitige Einstempel o, ä. reicht nur aus, wenn dies im Betrieb so üblich und vereinbart ist.
Ferner gilt grundsätzlich, dass der Arbeitgeber zwar die persönlichen Umstände seiner Arbeitnehmer im gewissen Rahmen berücksichtigen muss, doch ist die Organisation der Kinderbetreuung grundsätzlich Sache des Arbeitnehmers, so dass der Arbeitgeber in der Regel nicht verpflichtet ist, die Arbeitszeiten so anzupassen, dass eine möglichst einfache Kinderbetreuung organisiert werden kann. Eine Kinderbetreuung von 9 bis 18 Uhr kann daher wahrscheinlich noch als machbar und zumutbar gelten.
Ob Sie unter diesen Voraussetzungen und unter Berücksichtigung des ohnehin schon angespannten Verhältnisses zu Ihrem Arbeitgeber jetzt einen Aufhebungsvertrag abschließen sollten oder aber eine evtl. Kündigung abwarten sollten, lässt sich nicht so einfach und pauschal beurteilen. Beide Varianten haben Vor- und Nachteile, die Sie sorgfältig abwägen müssen.
Wenn Sie einen Aufhebungsvertrag abschließen, kann Ihnen ebenso wie bei einer personenbedingten Kündigung oder Eigenkündigung eine Sperre beim Arbeitslosengeld drohen. Warten Sie dagegen eine Kündigung ab, würden Sie u. U. noch längere Zeit unter dem für Sie wohl belastenden Arbeitsklima leiden. Gleichzeitig ist aber auch noch nicht sicher, dass Ihnen in absehbarer Zeit gekündigt wird. Es könnte auch noch geschehen, dass Ihnen doch noch ein Aufgabenbereich zugeteilt wird, den Sie erfüllen können. Durch einen Aufhebungsvertrag wären Sie arbeitslos und es ist fraglich, ob Sie damit wirklich besser stehen würden als mit einem einigermaßen sicheren Arbeitsplatz. Sollte Ihnen gekündigt werden, wäre ggf. immer noch die Möglichkeit einer Kündigungsschutzklage gegeben. Eine Aufgabe des Arbeitsplatzes könnte zudem vor allem dann riskant sein, wenn Sie möglicherweise längere Zeit arbeitslos wären, da dann auch erhebliche finanzielle Nachteile eintreten könnten.
Sie müssen also vor allem danach entscheiden, ob Sie trotz des Risikos einer Sperre beim ALG auf gar keinen Fall mehr bei Ihrem Arbeitgeber bleiben wollen und ggf. auch eine längere Arbeitslosigkeit in Kauf nehmen würden. Ist dies der Fall, sollten Sie über einen Aufhebungsvertrag nachdenken. Die angebotene Abfindung entspricht dabei den Regelungen des § 1a KSchG
und ist bei einer Beschäftigungsdauer von 4 1/2 Jahren grds. nicht zu beanstanden.
Sollten Sie das Risiko einer Sperre beim ALG und einer Arbeitslosigkeit nicht eingehen wollen, sollten Sie abwarten, wie sich das Arbeitsverhältnis entwickelt und sich ggf. nach einer neuen Arbeitsstelle umsehen, um dann selbst kündigen zu können. Sofern Sie sich für das (vorläufige) Bleiben entscheiden, sollten Sie zudem noch einmal das Gespräch mit der Personalabteilung und Ihren Vorgesetzten suchen, um die Arbeitszeiten zu klären und vor allem die Aufgabenzuteilung klarzustellen. Scheuen Sie sich dabei nicht, offen zuzugeben, dass Sie die Ihnen zugewiesenen Aufgaben fachlich nicht ausfüllen können und weisen Sie darauf hin, dass es auch im Interesse des Arbeitgebers sein sollte, die Aufgaben so zuzuweisen, dass sie fehlerfrei vom jeweiligen Arbeitnehmer erledigt werden können. Soweit vorhanden, wäre zudem ein Gespräch mit dem Betriebsrat zu rechnen.
Bevor Sie einen Aufhebungsvertrag unterschreiben, rate ich Ihnen dringend an, sich einen Entwurf dieses Vertrags zur vorherigen Prüfung aushändigen zu lassen. Diesen Entwurf sollten Sie anwaltlich oder evtl. bei der Gewerkschaft prüfen lassen und ggf. Änderungen anregen, damit Ihnen beim Arbeitsamt möglichst keine Nachteile entstehen.
Bitte haben Sie Verständnis, dass Ihnen im Rahmen keine absolute Handlungsempfehlung gegeben werden kann, sondern nur Anregungen für das weitere Vorgehen möglich sind.
Ich hoffe, Ihnen einen ersten Überblick verschafft zu haben und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Silke Jacobi
Rechtsanwältin
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