Sehr geehrter Rechtsuchender,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne wie folgt beantworte:
I. Widerrufsrecht:
Leider gibt es bei E-Bay nicht grundsätzlich ein Widerrufsrecht. Dieses besteht nur, wenn ein Widerrufsrecht gesetzlich geregelt ist oder es vertraglich vereinbart bzw. angeboten wurde.
Zum Zwecke des Verbraucherschutzes regelt §§ 312d
, 355 BGB
ein Widerrufsrecht für Verbraucher beim Fernabsatzgeschäft.
Fraglich ist jedoch, ob die Voraussetzungen in Ihrem Fall für ein Widerrufsrecht nach §§ 312 d
, 355 BGB
erfüllt sind.
Zum einen müssten Sie dem Personenkreis angehören, der zum Widerruf berechtigt ist. Sie müssten daher das Angebot als Verbraucher abgegeben haben. Nach § 13 BGB
ist ein Verbraucher jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zwecke abschließt, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbstständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann. Laut Sachverhaltsschilderung haben Sie als Privatperson – also Verbraucher - das Angebot abgegeben. Sollten Sie jedoch beim Kauf des Buchverlages „verdeckt" gewerbliche Interessen verfolgt haben, so können Sie sich im Streitfalle hierauf nicht berufen. Dies wäre ein unzulässiges Umgehungsgeschäft.
Des Weiteren müsste es sich um einen Fernabsatzvertrag handeln. Nach § 312 b BGB
sind Fernabsatzverträge Verträge über die Lieferung von Waren oder über die Erbringung von Dienstleistungen. Unter Lieferung von Waren ist die Lieferung von beweglichen Gütern zu verstehen. Zwar handelt es sich beim Kauf des Buchverlages um einen Kaufvertrag. Meiner Ansicht nach handelt es sich jedoch nicht um ein bewegliches Gut, sodass ich ein Fernabsatzvertrag im Sinne des § 312b BGB
eher nicht annehmen würde.
Daher gehe ich nicht davon aus, dass Ihnen nach §§ 312
, 355 BGB
ein gesetzliches Widerrufsrecht zusteht.
Weiterhin könnten Sie zum Widerruf berechtigt sein, wenn Ihnen der Verkäufer dennoch ein Widerrufsrecht angeboten hat. Dieses Widerrufsrecht wäre als ein vertraglich vereinbartes und nicht als gesetzlich geregeltes Widerrufsrecht zu qualifizieren.
Das Angebot, auf das Sie in Ihrer Sachverhaltsschilderung verweisen, sieht als eigenen Punkt eine Widerrufs- oder Rückgabebelehrung vor. Es stellt sich daher die Frage, ob der Verkäufer den Bietern die Möglichkeit zum Widerruf anbieten wollte, auch wenn er hierzu gesetzlich nicht verpflichtet war. Im Ergebnis ist dies eine Frage der Auslegung.
Betrachtet man allein die Widerrufs- und Rückgabebelehrung könnte man vermuten, dass dem Käufer ein Widerrufsrecht zustünde, unabhängig davon, ob es sich um einen Verbraucher oder einen Unternehmer handelt oder der Vertrag ausschließlich die Lieferung von Waren zum Vertragsgegenstand hat.
Betrachtet man jedoch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Verkäufers (VIII.), kann man erkennen, dass der Verkäufer nur Verbrauchern, die Waren bestellen, ein Widerrufsrecht gewähren möchte. Ich gehe daher nicht davon aus, dass den Bietern die Möglichkeit des Widerrufes außerhalb der gesetzlich geregelten Vorschriften ermöglicht werden sollte.
Im Ergebnis gehe ich davon aus, dass Ihnen wohl kein Widerrufsrecht zusteht.
II. Widerruf
Dennoch sollten Sie die Vertragserklärung versuchen zu widerrufen. Es besteht immerhin die Möglichkeit, dass der Verkäufer sich entweder freiwillig oder in Rechtsunkenntnis auf den Widerruf einlässt.
Der sicherste Weg ist es, wenn Sie Ihr Angebot sofort per Einschreiben (Adressat befindet sich in Widerrufsbelehrung) und zusätzlich per E-Mail widerrufen. Berufen Sie sich auf das angebotene Widerrufsrecht und bitten Sie um Bestätigung des Widerrufes. Lässt sich der Verkäufer schriftlich oder per E-Mail auf den Widerruf ein, bewahren Sie zur Beweissicherung diese Erklärungen auf.
Inhaltlich müssen Sie nicht viel beachten. Sie müssen Ihr Angebot, das Sie abgegeben haben, nur genau bezeichnen, so dass es zu identifizieren ist (Was, Wann, Wo).
Teilen Sie genau mit, wann Sie bei Ebay welches Angebot, in welcher Höhe abgegeben haben und dass Sie dieses widerrufen wollen („Buch & Medienverlag – Andre Lechner" zu verkaufen, Artikelnummer:….).
Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit meinen Ausführungen weiterhelfen.
Bitte beachten Sie, dass es sich bei den vorstehenden Ausführungen um eine erste Einschätzung aufgrund des von Ihnen geschilderten Sachverhalts handelt, die eine persönliche Beratung durch einen Rechtsanwalt nach umfassender Sachverhaltsaufklärung nicht ersetzen kann. Durch Auslassen oder Hinzufügen von Tatsachen Ihrerseits kann sich die rechtliche Bewertung ändern.
Bei Unklarheiten können Sie gerne von Ihrem Nachfragerecht Gebrauch machen.
Mit freundlichen Grüßen
Gina Haßelberg
(Rechtsanwältin)
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