Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich Ihnen aufgrund des geschilderten Sachverhalts und unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes wie folgt beantworte:
Nach § 5 EFZG
(Entgeltfortzahlungsgesetz) hat ein Arbeitnehmer, der arbeitsunfähig ist, die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich mitzuteilen. Dies beinhaltet die Pflicht des Arbeitnehmers am ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit noch vor Dienstbeginn oder in den ersten Stunden danach mitzuteilen, dass er an der Arbeitsleistung verhindert ist (BAG DB 1990, 790
). Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als 3 Tage, muss der Arbeitnehmer eine ärztliche Bescheinigung vorlegen, die auch die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit erhält. Gesetzlich ist somit geregelt, dass spätestens am 4. Tag nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung durch den Arbeitnehmer vorgelegt werden muss. Arbeitsvertraglich kann geregelt werden, dass bereits früher eine ärztliche Bescheinigung vorgelegt werden muss.
Man kann sich vorliegend nun darüber streiten, ob die Arbeitnehmerin am ersten Tag (Nachmittag) der Arbeitsunfähigkeit die Vorgesetzte persönlich informieren hätte müssen. Dies hängt von der Organisation des Betriebs ab. In kleineren Unternehmen kann durchaus erwartet werden, dass die Arbeitsunfähigkeit dem Chef selbst mitgeteilt wird. Das Risiko einer dann verspäteten Mitteilung (weil der Kollege dies evtl. erst am nächsten Tag weitergibt) bzgl. der Entgeltfortzahlung trägt der betroffene Arbeitnehmer.
Die nicht unverzügliche Mitteilung der Arbeitsunfähigkeit stellt lediglich die Verletzung einer arbeitsvertraglichen Nebenpflicht dar, die nur in Einzelfällen eine Kündigung rechtfertigen kann. Dies kann bei wiederholtem Fehlverhalten trotz Abmahnung und negativen Auswirkungen auf den Betrieb der Fall sein. Im Einzelnen wäre hier der Inhalt der Abmahnung zu prüfen und vor Ausspruch der Kündigung eine Interessenabwägung vorzunehmen. Eine Kündigung ist somit also nicht grundsätzlich ausgeschlossen.
Eine Kündigung wegen der Krankheit an sich ist nur unter bestimmten Voraussetzungen sozial gerechtfertigt, die alle kumulativ vorliegen müssen.
Zum Zeitpunkt der Kündigung müssen Tatsachen vorliegen, die die Prognose weiterer Erkrankungen des Arbeitnehmers in dem bisherigen Umfang rechtfertigten (negative Gesundheitsprognose). Die zu erwartenden Fehlzeiten des Arbeitnehmers müssen zu erheblichen Beeinträchtigungen der betrieblichen oder wirtschaftlichen Interessen des Arbeitgebers führen. Letztendlich muss eine Interessenabwägung vorgenommen werden, die ergibt, dass bei einer umfassenden Abwägung der beiderseitigen Interessen unter Berücksichtigung der Dauer des Arbeitsverhältnisses, der Krankheitsursachen, der Fehlzeiten vergleichbarer Arbeitnehmer und des Lebensalter des Arbeitnehmers die oben festgestellte Beeinträchtigung seiner Interessen nicht mehr weiter zugemutet werden kann.
Eine Abmahnung wegen Krankheit wäre übrigens unwirksam, da nur verhaltensbedingte Gründe eine Abmahnung rechtfertigen können.
Eine Kündigungsschutzklage werden Sie im Zweifel nicht verhindern können. Es besteht jedoch die Möglichkeit, mit der Arbeitnehmerin einen Aufhebungsvertrag zu schließen.
Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ein Kündigungsschreiben im Rahmen dieser Plattform nicht formuliert werden kann. Im Rahmen einer Mandatierung bin ich Ihnen hierzu gern aber behilflich.
Bei meiner Antwort habe ich vorausgesetzt, dass das Kündigungsschutzgesetz anwendbar ist.
Ich hoffe, Ihnen mit meiner Antwort zunächst weiter geholfen zu haben.
Mit freundlichen Grüßen,
Marion Deinzer
(Rechtsanwältin)
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Bitte beachten Sie, dass diese Plattform lediglich zur ersten rechtlichen Orientierung dient und eine ausführliche Rechtsberatung nicht ersetzen kann. Es ist nur eine überschlägige Einschätzung Ihres Rechtsproblems aufgrund Ihrer Angaben zum Sachverhalt möglich. Durch Hinzufügen oder Weglassen von Angaben zum Sachverhalt kann sich eine ganz andere rechtliche Bewertung ergeben.
Sehr geehrte Frau Anwältin Deinzer,
vielen Dank für Ihre Antwort auf meine Frage.
Sie konnten mir damit wenigstens die Rechtslage verdeutlichen.
Hierzu noch eine Frage.
Besteht die Möglichkeit, den Arbeitsvertrag der Mitarbeiterin dahingehend zu ändern, dass aus dieser Vollzeitstelle eine Teilzeitstelle wird. Damit hätte ich die Möglichkeit, noch eine Teilzeitkraft einzuarbeiten, die bei erneuten Fehlzeiten einspringen kann?
Muss die Mitarbeiterin hierzu ihr Einverständnis geben?
Die betrieblichen Erfordernisse verlangen zwingend ein jederzeit besetztes Büro, da sonst der betriebliche Ablauf nicht abgesichert werden kann und ökonomische und existenzielle Folgen auf uns zukommen könnten.
In Erwartung ihrer Antwort verbleibe ich mit freundlichen Grüßen.
Vielen Dank für Ihre Nachfrage!
Es besteht die Möglichkeit, eine Änderungskündigung auszusprechen oder mit der Mitarbeiterin eine Vertragsänderung hinsichtlich der Arbeitszeit zu vereinbaren. Einer solchen Vereinbarung müsste die Mitarbeiterin natürlich zustimmen.
Sollte das KSchG für Ihren Betrieb nicht gelten, wäre eine solche Änderungskündigung grundsätzlich möglich. Allerdings müssen Sie auch bei einer Änderungskündigung die geltenden Kündigungsfristen beachten.
Da Sie bedauerlicherweise nicht mitgeteilt haben, wieviele Arbeitnehmer Sie beschäftigen, rate ich Ihnen vor Ausspruch einer Änderungskündigung einen Kollegen vor Ort zu Rate zu ziehen, damit insbesondere geprüft werden kann, ob das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet oder nicht. Dessen Voraussetzungen wären dann bei einer Änderungskündigung zu beachten, um einer Unwirksamkeit vorzubeugen.
Mit freundlichen Grüßen,
Marion Deinzer
(Rechtsanwältin)