Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegeben Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Wenn Sie ab Juni für Ihren älteren Sohn die Betreuung in der Form intensivieren, wie Sie das geschildert haben, kann in der Tat von einem Wechselmodell gesprochen werden. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass bei keinem der Elternteile der Schwerpunkt der tatsächlichen Förderung und Fürsorge liegt und keiner die Hauptverantwortung hat. Diese Voraussetzungen liegen daher nur bei Ihrem älteren Sohn vor.
In der Regel stellen sich die Eltern in diesem Fall gegenseitig von der Unterhaltspflicht frei.
Das würde in Ihrem Fall bedeuten, dass Sie keinen Unterhalt mehr für Ihren 10jährigen zahlen müssten. Eine anteilige Haftung nach § 1606 III 1 BGB
kommt in Ihrem Fall nicht in Betracht, da die Kindesmutter nicht leistungsfähig ist. Das Einkommen der Kindesmutter liegt unter dem sog. notwendigen Selbstbehalt, so dass Sie keinen Kindesunterhalt schuldet. Der notwendige Selbstbehalt der Eltern unverheirateter minderjähriger Kinder liegt zur Zeit bei 950,00 EUR.
Liegt eine echte Wechselbetreuung vor, sind grundsätzlich also beide Eltern zum Barunterhalt verpflichtet – nicht etwa beide nur zum Naturalunterhalt.
Ist einer der beiden Elternteile jedoch nicht leistungsfähig, kommt die sogenannte Ersatzhaftung nach § 1607 BGB
in Betracht, wonach andere Verwandte für den Unterhalt einstehen müssen, insbesondere die Großeltern Ihres Sohnes mütterlicherseits.
Die Höhe des von Ihnen geschuldeten Barunterhalts bezüglich Ihres 8-jährigen Kindes, bemisst sich grundsätzlich auch bei einem ausgedehnten Umgang nach der Düsseldorfer Tabelle.
In einem grundlegenden vom BGH entschiedenen Fall (BGH, Urteil v. 21.12.2005, Az.: XII ZR 126/03
) betreute die Mutter das minderjährige Kind etwa 2/3 der Zeit, der Vater etwa 1/3 der Zeit. Die Mutter verlangte im Namen des Kindes vom Vater den vollen Kindesunterhalt in bar, doch dieser weigerte sich mit Hinweis auf seinen Anteil an der Kindesbetreuung. Die Karlsruher Richter stellten schließlich klar, dass die Grundregelung des § 1606 Abs. 3 S.2 BGB
, wonach nur ein Elternteil betreut und der andere Elternteil nur zahlt, lediglich dann gerechtfertigt ist, wenn das deutliche Schwergewicht hinsichtlich der Betreuung bei nur einem Elternteil liegt. Diese Verteilung ist nach Ansicht des BGH jedoch auch dann noch maßgeblich, wenn das Umgangsrecht mit dem anderen Elternteil sehr großzügig gehandhabt wird.
Dementsprechend entschieden die Richter, dass der Vater trotz seines ebenfalls beträchtlichen Betreuungsanteils zu 100% den Barunterhalt erbringen muss. Die Höhe des Barunterhalts richtet sich dann allein nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Elternteils, der zur Zahlung verpflichtet ist. Bei der Berechnung des Kindesbedarfs ist zu berücksichtigen, dass er sich aufgrund der abwechselnden Betreuung erhöht (zB.Fahrtkosten).
Ich hoffe, Ihnen mit meiner Antwort geholfen zu haben und wäre Ihnen für eine positive Berwertung dankbar. Gern können Sie von Ihrem Recht zu einer Nachfrage Gebrauch machen. Wünschen Sie eine über die Erstberatung hinausgehende Beratung, können Sie mich gerne zunächst per E-Mail kontaktieren.
Hallo und vielen Dank für Ihre zügige Antwort.
Aufgrund meines nicht unbedingt geringen Gebotes und der teilweisen Beantwortung meiner Frage mit einem unechten Wechselmodell ( 1/3 zu 2/3 - welches hier nicht gefragt war ) erlaube ich mir eine Verständnisfrage und eine kurze Nachfrage:
a) "Verständnisfrage"
In diesem Portal wurde ja bereits mehrfach Unterhaltsanfragen bezüglich des echten Wechselmodells gestellt.
In diesen Fällen war das Einkommen der Mutter höher als in meinem Fall ( oberhalb des Eigenbedarfs ) und dennoch mussten die Väter anteilig ( auch nach Verrechnung des Kindergeldes ) zahlen.
Sie kommen in meinem Fall zu dem Ergebnis, dass die Verwandtschaft mütterlicherseits einzutreten hat und ich von Zahlungen an die Mutter freigestellt wäre.
Ich bitte hierzu noch einmal kurz Stellung zu nehmen. Auch lassen Sie in diesem Punkt das Kindergeld außer Acht.
b) "Nachfrage"
Die "Ersatzhaftung" der Verwandtschaft mütterlicherseits:
Müsste sich die Mutter diese Geld selbst beschaffen oder muss ich hier in Vorleistung treten und mir dann das Geld dort "besorgen"...?
Vielen Dank für Ihre Bemühungen. Ich hoffe Sie haben Verständnis für diese Nachfrage(n).
MfG
U.H.1971
Sehr geehrter Fragesteller,
gerne beantworte ich Ihre Nachfrage wie folgt:
Sie haben in der Tat keinen Anspruch auf vollständige Freistellung von der Zahlung auf Unterhalt für Ihren älteren Sohn gegenüber der Kindesmutter. Dies wäre nur dann der Fall, wenn Sie sich darauf mit der Kindesmutter einigen könnten.
In Ihrem Fall, wo nur Sie leistungsfähig sind, liegt eine Abweichung vom Regelfall der Düsseldorfer Tabelle vor, der durch einen Abschlag des Tabellenunterhalts zu korrigieren ist.
So geht beispielsweise das Familiengericht Freiburg davon aus, dass der Naturalunterhalt durch beide Eltern zu leisten ist, während der Barunterhalt nach Maßgabe der zusammen gerechneten Einkommen gerechnet wird und das Kindergeld hälftig geteilt wird. Dies alles ist leicht gesagt, doch schwierig zu rechnen. Insbesondere tauchen folgende strittige Fragen auf: 1. Wie ist bei der Eingruppierung vorzugehen? Geht man vom Einkommen des Besserverdienenden aus oder von den zusammengerechneten Einkommen beider Eltern?
2. Welcher Selbstbehalt ist abzuziehen?
3. Wie wird der Umstand berücksichtigt, dass ein Elternteil die Fixkosten trägt? Kann der weniger Verdienende auch die Hälfte des Kindergeldes absetzen, wenn er selbst nur wenig zum Unterhalt beitragen kann. 5. Wie hoch ist der Mehrbedarf? 6. Um welchen Betrag ist der Unterhaltsanteil des besser Verdienenden zu vermindern mit Rücksicht darauf, dass er das Kind die Hälfte des Monats bei sich hat?
An Ihrem Beispiel berechnet:
Ein Lebensmittelpunkt ist nicht erkennbar. Jeder trägt Fixkosten in gleicher Höhe. Die Kindesmutter bezieht das Kindergeld. Sie verdienen 2.290,00 Euro, die Frau verdient 850,00 Euro. Zusammen sind das 3.140,00 Euro. Bedarf des 10jährigen Kindes aus Gruppe 6 = 413,00 Euro. Aufstockung wegen Mehrbedarf auf 430,00 Euro. (Der Betrag von 1.100,00 ist ein erhöhter Selbstbehalt)
Wertende Quotierung: M: 2.290,00 – 1.100.00 = 1.190,00 F: 850,00 – 900,00 = -50,00
Summe 1.140,00 €
Im Ergebnis tragen Sie 100,00 % und die Frau 0,00 % des Unterhaltsbedarfs von insgesamt 430,00 Euro. Die Frau schuldet also keinen Barunterhalt. Sie zahlen 100,00 % = 430,00 Euro, wovon er ½ des Bedarfes (215,00 Euro) abzuziehen hat und ein Betrag von 215,00 Euro verbleibt. Davon wiederum ist Ihre Kindergeldhälfte von 92,00 Euro abzuziehen, womit Sie noch einen Unterhaltsbetrag von 123,00 Euro an die Kindesmutter zu zahlen haben.
Da die Kindesmutter nicht leistungsfähig ist, kommt eine Herabgruppierung in die 5te Einkommensgruppe in Betracht, so dass der Gesamtbedarf für Ihren Sohn auf 387,00 EUR nebst Mehrbedarf auf 404,00 EUR sinken würde. Davon die Hälfte läge bei 202,00 EUR abzüglich 92,00 EUR hälftigen Kindergeldes, ergäbe einen Unterhaltszahlbetrag in Höhe von 110,00 EUR.
Der Anspruch aus der Ersatzhaftung richtet sich direkt gegen den Ersatzhaftenden. Die Anspruchshöhe richtet sich eindeutig nach dem Anspruch gegen den vorrangig Haftenden.
Da die Kindesmutter nicht leistungsfähig ist, haften ihre Eltern nach § 1607 I BGB
für ihren Unterhaltsanteil. Bei der Leistungsfähigkeit des Ersatzhaftenden gilt jeweils der für ihn maßgeblich Selbstbehalt und nicht der Selbstbehalt des vorrangig Haftenden.
Ich hoffe, ich konnte Ihre Nachfragen zu Ihrer Zufriedenheit beantworten.
Mit freundlichen Grüßen
Monica Rheinfels,
Rechtsanwältin