Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich anhand des von Ihnen geschilderten Sachverhalts beantworten möchte:
Sie vermuten richtig. Wer Erbe wird, hat nichts mit der erteilten Vollmacht zu tun. Das richtet sich entweder nach dem Gesetz oder nach einem Testament. Beides muss rechtlich voneinander getrennt werden. Deswegen ist es unerheblich, ob der Vollmachtsbesitzer zur Erbengemeinschaft gehört.
Die, in diesem Fall transmortale Vollmacht ist auch nur die Legitimation nach aussen, eine Rechtshandlungen vornehmen zu können. Einer Vollmachtserteilung liegt in aller Regel ein Auftrag zugrunde, der sozusagen den Umfang des Vollmachtsgebrauchs beschreibt. Beides kann in eine Schriftstück abgefasst sein, muss es aber nicht. Ob der Vollmachtsbesitzer also das Geld auch abheben durfte, und aufgrund der Vollmacht nicht nur rein tatsächlich konnte, darüber sagt die reine Vollmachtsurkunde oft nichts aus, gerade bei formalen Bankvollmachten, die in der Regel transmortale Vollmachten sind. Es wäre also hier zu prüfen, ob Verhaltensmaßregeln in die Vollmachtsurkunde aufgenommen worden waren bzw. zu welchem Zweck die Vollmacht erteilt wurde. Ggf. muss aus den Gesamtumständen der mutmaßliche Wille des Erblassers ermittelt werden.
Auch in dem von Ihnen genannte Urteil des BGH vom 24. März 2009, Az. XI ZR 191/08
, sind Ausführungen zu den Grenzen eines derartigen Vollmachtsgebrauchs:
"Mit dem Erbfall wird aber der Erbe der Herr des Nachlasses. Er kann die Vollmacht jederzeit widerrufen und dem Bevollmächtigten aufgrund des der Vollmacht in aller Regel zugrunde liegenden Auftrags nach § 665 BGB
bestimmte Weisungen erteilen. Zudem hat der Bevollmächtigte von sich aus zu beachten, dass er nach dem Erbfall zur Vertrauensperson des Erben geworden ist und als solche nach Treu und Glauben nicht ermächtigt ist, Handlungen vorzunehmen, die den schutzwürdigen Interessen des Erben zuwiderlaufen oder deren Kenntnis diesen vermutlich zum vorzeitigen Widerruf der Vollmacht veranlasst hätte"
Der Bevollmächtigte darf die Vollmacht zumindest nicht rechtsmissbräuchlich nutzen, um Konten des Erblassers zu belasten, ohne einen Anspruch auf das Geld zu haben.
Ergibt sich also unter keinen Umständen ein Grund für Abhebung des Geldes, z.B. der Auftrag "Hebe das Geld ab und spende es dem Tierheim", so spricht vieles dafür, dass der Bevollmächtigte das Geld wieder zurückzahlen muss.
Im übrigens ist es in der Tat so, dass mit dem Erbfall der Erbe in alle Rechtspositionen des Erblassers eintritt und damit im Zeitpunkt der Abhebung das Geld bereits zum Nachlass gehörte. Dennoch könnte, wenn alle Voraussetzungen vorliegen (s.o.), ein Bevollmächtigter auch noch zu diesem Zeitpunkt wirksam über Geld des Erblassers z.B. durch Abhebung verfügen.
Wenn die erbengemeinschaft also keinen besonderen und akzeptablen Zweck in der Geldabhebung sieht, sollte der Bevollmächtigte zur Rückzahlung aufgefordert werden. Zudem sollte die Vollmacht widerrufen und die Herausgabe der Vollmachtsurkunde verlangt werden.
Ich hoffe, meine Antwort hat Ihnen weitergeholfen. Dann freue ich mich über eine positive Bewertung.
Für Ergänzungen nutzen Sie gerne die Nachfragefunktion.
Mit freundlichen Grüßen
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