Sehr geehrte Fragestellerin,
ich bedanke mich für Ihre Anfrage, die ich wie folgt nach Ihren Angaben und Einsatzes beantworten möchte:
1.)
Für Zwecke der Erbschaftsteuer wird das Zweifamilienhaus mit dem sog. Grundbesitzwert angesetzt. Dieser errechnet sich im Wege des Ertragswertverfahrens seit dem Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2007 nach Maßgabe des § 146 BewG
wie folgt:
Für die vermietete Wohnung ist die Kaltmiete anzusetzen, die im Besteuerungszeitpunkt für den Zeitraum eines Jahres vereinbart ist, hier also (800,00 € x 12=) 9.600,00 €.
Für die eigen genutzte Wohnung ist nach § 146 Abs. 3 Nr. 1 BewG
die übliche Miete für ein Jahr anzusetzen. Diese kann z. B. aus Vergleichsmieten oder Mietspiegeln abgeleitet werden. Die Ableitung der üblichen Miete aus Vergleichsmieten kommt insbesondere dann in Betracht, wenn sich die eigen genutzten und die vermieteten Räumlichkeiten in einem Objekt befinden. Sofern also beide Wohnungen gleichwertig sind, kann demnach als übliche Jahresmiete ein Betrag von (800,00 € x 12=) 9.600,00 € angesetzt werden.
Auf die Jahresgesamtmiete von (9.600,00 € x 2=) 19.200,00 € ist gem. § 146 Abs. 2 BewG
ein Vervielfältiger von 12,5 anzuwenden: 19.200,00 € x 12,5 = 240.000,00 €.
Von diesem Wert ist eine Wertminderung wegen Alters abzuziehen. Diese beträgt gem. § 146 Abs. 4 BewG
für jedes Jahr, das seit Bezugsfertigkeit des Gebäudes bis zum Besteuerungszeitpunkt (Erfball) vollendet worden ist, 0,5 %, höchstens jedoch 25 %. Diese Höchstgrenze von 25 % ist hier erreicht, sodass nach Abzug der Alterswertminderung noch ein Wert von (240.000,00 € x 75 %=) 180.000,00 € verbleibt.
Dieser Wert erhöht sich nach § 146 Abs. 5 BewG
um 20 % (fiktiver Zuschlag für Ein- und Zweifamilienhäuser), sodass für Zwecke der Erbschaftsteuer nach derzeitiger Gesetzeslage ein Grundbesitzwert von 216.000,00 € anzusetzen wäre.
2.)
Gewinne, die bei dem Verkauf von Zweifamilienhäusern des Privatvermögens erzielt werden, sind grundsätzlich als sonstige Einkünfte (private Veräußerungsgeschäfte) zu versteuern, wenn die Grundstücke innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb veräußert werden (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG
).
Bei geerbtem Vermögen kommt es für die Berechnung der 10-Jahres-Frist auf den Erwerb durch den Erblasser an, da der Erbfall als solcher selbst KEIN Erwerb im steuerlichen Sinne darstellt. Eine Besteuerung erfolgt also nur dann, wenn der Kauf durch den Erblasser und der Verkauf durch die spätere Erbengemeinschaft innerhalb von zehn Jahren erfolgt.
Da dies hier nicht der Fall sein wird, läge demnach KEIN steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft vor.
3.)
Nein, mit einer Einstufung als gewerblicher Grundstückshandel ist NICHT zu rechnen.
Ein gewerblicher Grundstückshandel liegt – auch bei Privatpersonen – insbesondere vor, wenn mehr als drei Objekte innerhalb von fünf Jahren veräußert werden. In diesem Fall gilt auch bereits das erste Grundstück als gewerblich verkauft und sämtliche Erträge müssen versteuert werden.
Nicht einzubeziehen sind jedoch Grundstücke, die durch Erbfolge übergegangen sind (BFH v. 15.03.2000, BStBl 2001 II S. 530
), es sei denn, dass bereits der Erblasser in seiner Person einen gewerblichen Grundstückshandel begründet hat und der Erbe einen unternehmerischen Gesamtplan fortführt oder der Erbe die Grundstücke vor der Veräußerung in nicht unerheblichem Maße modernisiert und hierdurch ein Wirtschaftsgut anderer Marktgängigkeit entstanden ist (BMF v. 26.03.2004, BStBl 2004 I S. 434 – Tz. 9).
4.)
Wenn die Veräußerungsgewinne durch das „Unternehmersteuerreformgesetz 2008“ (BT-Drucks. 16/5480
) reformiert werden, werden sich für Sie KEINE Änderungen ergeben, da der Erwerb durch Erbfolge nach wie vor einer Anschaffung nicht gleichgestellt wird.
Eine Änderung wird sich jedoch bei der Erbschaftsteuer ergeben, denn die Erbschaft- und Schenkungsteuer in ihrer derzeitigen Form ist verfassungswidrig (BVerfG v. 07.11.2006, BStBl 2007 II S. 192
).
Das Verfahren, nach dem der Wert von Immobilien, Betriebsvermögen sowie nicht notierten Anteilen an Kapitalgesellschaften ermittelt wird, führt nach Ansicht des BVerfG zu willkürlichen Ergebnissen und verstößt damit gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung.
Die geltenden Regelungen sind längstens bis Ende 2008 weiterhin anwendbar. Bis dahin ist der Steuergesetzgeber verpflichtet, für eine einheitliche und transparente Bewertung der verschiedenen Vermögensarten zu sorgen.
Die einheitliche Orientierung am GEMEINEN WERT (= Verkehrswert) als maßgeblichem Bewertungsziel ist dem Steuergesetzgeber dabei vom BVerfG zur Neuregelung des BewG aufgetragen worden.
In welcher konkreten Form der „gemeine Wert“ nun letztendlich in das Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz Eingang finden wird, lässt sich derzeit noch nicht sagen, da das Gesetzgebungsverfahren wohl erst im laufenden Jahr abgeschlossen sein wird.
Ich hoffe, dass ich Ihnen in der Sache weiterhelfen konnte und weise bei Unklarheiten auf die kostenlose Nachfragefunktion hin.
Sollten Sie eine darüber hinausgehende Vertretung in Erwägung ziehen, empfehle ich Ihnen eine Kontaktaufnahme über die unten mitgeteilte E-Mail-Adresse. Einstweilen verbleibe ich
mit besten Grüßen
RA, Dipl.-Fw. Schweizer
E-Mail: reinhard.schweizer@gmx.net
Durch Weglassen oder Hinzufügen weiterer Sachverhaltsangaben Ihrerseits kann die rechtliche Beurteilung anders ausfallen, sodass die Beratung innerhalb dieses Forums lediglich eine erste rechtliche Orientierung in der Sache darstellt und keinesfalls den Gang zu einem Kollegen vor Ort ersetzen kann.
Antwort
vonRechtsanwalt Reinhard Schweizer
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