Sehr geehrter Fragesteller,
zu Ihrer Anfrage nehme ich wie folgt Stellung:
1.
Die Titulierung des Unterhaltsanspruchs über die Errichtung einer Jugendamtsurkunde ist die kostengünstigste Verfahrensweise, dem berechtigten Interesse, einen vollstreckbaren Unterhaltstitel zu erhalten, Rechnung zu tragen.
Die automatische dynamische Anpassung ist grundsätzlich nicht zu beanstanden und entspricht dem Regelfall. Damit soll vermieden werden, daß die Urkunde bei einer Änderung der Düsseldorfer Tabelle stets angepaßt bzw. erneuert werden müßte.
2.
Der zu zahlende Unterhalt errechnet sich auf der Grundlage Ihrer Einkünfte, wobei nichts anderes gilt, als wenn Unterhalt gerichtlich geltend gemacht würde.
Ändern sich Ihre Einkünfte und verringerte sich dadurch Ihre Unterhaltspflicht, wären die geänderten Einkünfte gegenüber der Kindesmutter und dem Jugendamt darzulegen mit dem Ziel, eine Abänderung der Urkunde zu erreichen. Würde einem diesbezüglichen Antrag nicht entsprochen, haben Sie die Möglichkeit, Abänderungsklage zu erheben.
3.
Das Jugendamt kann, wenn eine Urkunde unterzeichnet ist, keinen höheren Unterhalt als in der Urkunde festgehalten, verlangen. Hier dürfen Sie nicht übersehen, daß der Kindesmutter daran gelegen ist, einen Unterhaltstitel gegen Sie als dem Pflichtigen zu haben. Wird anderer Unterhalt verlangt, ist also die Kindesmutter die Ansprechpartnerin, soll die Jugendamtsurkunde geändert werden.
4.
Sie haben selbstverständlich Einflußmöglichkeiten, auf die Höhe des zu zahlenden Unterhalts hinzuwirken. Grundsätzlich müssen Sie immer nur den Unterhalt zahlen, der aufgrund Ihrer finanziellen Lage gezahlt werden muß. Die Jugendamtsurkunde hat die Funktion, daß der Berechtigte sofort die Zwangsvollstreckung betreiben kann, sollte Sie die Unterhaltszahlungen einstellen.
Bevor man also eine Jugendamtsurkunde unterzeichnet, ist es dringend anzuraten, den Unterhalt von einem Rechtsanwalt berechnen zu lassen.
5.
Wenn sich die Unterhaltssituation in absehbarer Zeit ändern wird (weiteres Kind), sollte man eine Befristung berücksichtigen. Diese Möglichkeit besteht.
6.
Sie müssen die Jugendamtsurkunde, wie oben schon gesagt, nicht ungeprüft unterschreiben. Zuvor sollte eine konkrete Berechnung durchgeführt werden.
7.
Wenn Unterhaltsansprüche tituliert werden, gleichgültig ob durch Jugendamtsurkunde, Gerichtsurteil oder Vergleich, ist das stets eine "Momentaufnahme". Kommt es zu Änderungen bezüglich Ihrer finanziellen Verhältnisse, bleibt Ihnen, können Sie sich mit der Kindesmutter nicht einigen, nur die Möglichkeit der Abänderungsklage.
8.
Fazit: Sie sollten den zu zahlenden Unterhalt vorab von einem Rechtsanwalt berechnen lassen. Erst dann entscheiden Sie, ob jener Betrag, der tituliert werden soll, durch Unterzeichnung der Jugendamtsurkunde festgehalten wird.
Ergibt die Unterhaltsberechnung einen anderen Unterhalt, ist das der Kindesmutter und dem Jugendamt mit Hinweis auf diese Berechnung mitzuteilen. Gleichzeit wäre darauf hinzuweisen, daß jener Unterhalt gezahlt werde, der sich aus der Unterhaltsberechnung ergibt.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Raab, Rechtsanwalt
Antwort
vonRechtsanwalt Gerhard Raab
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Sehr geehrter Herr Raab,
vielen dank für Ihre Antworten. Für mich bleibt jedoch noch ein Teil meiner 2. Frage unbeantwortet:
2. Frage: Gibt es beim JA Verhandlungsspielraum, was die Dynamik und die Befristung betrifft?
Noch einmal präziser:
Die Urkunde ist wie gesagt nicht auf das 18. Lebensjahr befristet. Kann ich vom Jugendamt verlangen, dass eine Befristung bis zur Volljährigkeit eingetragen wird?
Ihre 3. Antwort habe ich nicht ganz verstanden. Sie sagen, das Jugendamt kann keinen höheren Unterhalt verlangen, als in der Urkunde festgehalten. Ich möchte noch einmal meine Frage (1.) hierzu präzisieren:
Das Jugendamt kann von mir soweit ich weiß alle 2 Jahre Auskunft zu meinem Einkommen verlangen und ggf. den Unterhalt neu berechnen. Daraus könnte sich doch eine höhere Forderung des Jugendamts ergeben. Kann das Jugendamt die Urkunde dann entsprechend ändern? Muss ich zustimmen bzw. kann ich widersprechen?
Sehr geehrter Fragesteller,
zu Ihrer Nachfrage nehme ich wie folgt Stellung:
1.
Natürlich können Sie versuchen, bezüglich der Dynamik und der Befristung Einfluß zu nehmen und einer anderweitige Regelung anstreben. Schließlich wird der vollstreckungsfähige Titel in Form der Jugendamtsurkunde nur durch Ihre Unterschrift wirksam. Sie können die Unterschrift auch verweigern, wobei Sie dann allerdings damit rechnen müßten, daß gegen Sie Klage auf Zahlung von Kindesunterhalt erhoben wird.
Eine Befristung bis zum Eintritt der Volljährigkeit wird aber kaum Aussicht auf Erfolg haben, da die Unterhaltspflicht nicht mit der Vollendung des 18. Lebensjahres endet. Zwar wird der Kindesunterhalt bezüglich der Höhe dann grundsätzlich anders berechnet. Dem Grunde nach besteht die Unterhaltspflicht aber solange, bis das Kind eine Ausbildung abgeschlossen hat und auf eigenen Füßen stehen kann.
2.
Hier hatte ich Ihre Frage so verstanden, daß Sie die Befürchtung haben, seitens des Jugendamts könne höherer Unterhalt verlangt werden als der in der Urkunde titulierte Unterhalt. Vor diesem Hintergrund ist meine Antwort in Absatz 3 zu sehen.
Es ist aber richtig, daß alle zwei Jahre die Unterhaltspflicht überprüft werden kann. Haben sich die wirtschaftlichen Verhältnisse geändert und errechnet sich ein höherer Unterhalt, kann dieser höhere Unterhalt auch verlangt werden.
In einen solchen Fall kann die Urkunde nicht einseitig seitens des Jugendamts geändert werden. Eine Änderung bedarf Ihrer Zustimmung. Wenn Sie zu einem anderen Unterhaltsbetrag gelangen, teilen Sie diesen dem Jugendamt mit. D.h. Sie unterliegen keineswegs dem Diktat des Jugendamts, sondern könnten im Fall ungerechtfertigter Forderungen dem widersprechen.
In meiner Antwort unter Absatz 4 hatte ich es schon gesagt: Sie müssen nur Unterhalt in der Höhe zahlen, der sich aufgrund Ihrer finanziellen Gegebenheiten errechnet.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Raab
Rechtsanwalt