Sehr geehrte Fragestellerin,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne wie folgt beantworte. Dieses Forum dient dazu, Ihnen eine erste rechtliche Orientierung zu verschaffen, kann und soll keinesfalls die Beratung bei einem Kollegen vor Ort ersetzen.
Dies vorausgeschickt, gehe ich auf Ihre Fragen wie folgt ein:
Soweit bislang kein Antrag zum Zugewinnausgleich im Scheidungsverfahren gestellt wurde, so ist dies angesichts des Scheidungstermins morgen auch nicht mehr möglich, denn der Antrag muss spätestens 14 Tage vor dem Scheidungstermin beim Familiengericht gestellt werden.
Grundsätzlich ist es keinerlei Problem den Zugewinnausgleich in einem gesonderten Verfahren nachzuschieben, allerdings besteht in diesem Fall immer die Gefahr, dass der Zugewinnausgleich versandet, sprich nicht mehr durchgeführt wird, so dass es durchaus immer ratsam ist auch aus prozessökonomischen Gründen das Zugewinnausgleichsverfahren im Scheidungsverbund einer Klärung zuzuführen.
In der Regel ist auch eine gemeinsame Klärung im Scheidungsverbund kostentechnisch preiswerter, als wenn ein gesondertes Verfahren anhängig gemacht wird. Bei Inanspruchnahme von Verfahrenskostenhilfe obliegt es zum Beispiel auch einer Partei aus prozessökonomischen Gründen alle Scheidungsfolgen im Scheidungsverbund einer Klärung herbeizuführen.
Einen Anwaltswechsel kann ich Ihnen jedoch keinesfalls empfehlen. Dies einerseits schon deswegen nicht, weil sich Ihre bisherige Anwältin in den Sachverhalt eingearbeitet hat und andererseits aus dem Grund, dass Ihnen dann doppelte Kosten für das Scheidungsverfahren entstehen.
Wenn Ihr Zugewinnausgleichsanspruch in einem gesonderten Verfahren geltend gemacht wird und Sie mit dem beantragten Ausgleich durchdringen, so hat Ihr Ehemann die mit dem Verfahren eingehenden Kosten zu tragen, wenn Sie obsiegen. Dies würde voraussetzen, dass das Zugewinnausgleichsverfahren mit einem Beschluss und nicht wie oftmals üblich, mit einem Vergleich endet. Bei einem Vergleich werden in der Regel die Kosten gegeneinander aufgehoben.
Wenn bisher keine außergerichtliche Lösung über den Zugewinnausgleich getroffen werden konnte, ist es taktisch immer sinnvoll und ratsam das Scheidungsverfahren mit dem Zugewinnausgleich zu "belasten", weil dann eher eine Einigung möglich ist.
Allerdings besteht diese Möglichkeit nur noch in Ihrem Fall dann, wenn Sie den Scheidungstermin morgen "platzen" lassen und nicht zum Scheidungstermin erscheinen. Hierbei besteht allerdings die Möglichkeit, wenn Sie das Fernbleiben zum Scheidungstermin nicht ordnungsgemäß entschuldigen können, dass Ihnen das Gericht ein Ordnungsgeld auferlegt. Dieses Ordnungsgeld kann bis zu 1.000 € betragen.
Wenn Sie nicht die Möglichkeit haben, entschuldigt vom Termin morgen fern zu bleiben, sollten Sie in jedem Fall mit Ihrer Anwältin die Gebühren eines gesonderten Zugewinnausgleichsverfahrens verhandeln, so dass Ihnen durch das gesonderte Verfahren keine Nachteile entstehen. Hierbei müssten die Gebühren gegenübergestellt werden. Es bedarf also einerseits einer Berechnung der Gebühren für ein Verbundverfahren mit Zugewinnausgleich und 2 Berechnungen für Scheidungsverfahren und Zugewinnausgleichsverfahren. Im Ergebnis dürfen Ihnen also nicht mehr Kosten entstehen, als wenn alles in einem Verfahren Erledigung gefunden hätte, da die Anwältin ja das Versäumnis der verspäteten Antragstellung im Scheidungsverfahren zu vertreten hat.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen eine erste Orientierung verschaffen, sollte etwas unklar geblieben sein, nutzen Sie bitte die kostenlose Nachfragefunktion des Portals.
Ich wünsche Ihnen einen schönen Sonntag und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Tobias Rösemeier
- Rechtsanwalt -
Antwort
vonRechtsanwalt Tobias Rösemeier
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Fachanwalt für Familienrecht
Zunächst einmal vielen Dank für die prompte und umfassende Antwort, die fast alle meiner Fragen beantwortet hat. Nur noch eine Frage, und zwar ob es reicht, die Forderungen nach Zugenwinnausgleich umgehend meinem Mann zukommen zu lassen, ebenso wie die Forderung nach Mietzahlungen, um ein Versanden des Ganzen abzuwehren oder ob sofort eine Klage eingereicht werden muß, ich weiß, dass man eigentlich 3 Jahre Zeit hat. Zudem noch eine Frage wegen der Mietzahlung. Mein Mann wohnt schon drei Jahren in unserem gemeinsamen Haus und die Anwältin meinte, man könne erst nach einem Jahr Miete verlangen, wobei ich gelesen habe im ersten Jahr die Hälfte der normal gängigen Miete/2 also ein viertel. Das würden 5000€ mehr bedeuten als sie eingefordert hat. Wie ist da die rechtliche Grundlage?
Sehr geehrte Fragestellerin,
gerne beantworte ich Ihre Nachfrage wie folgt.
Der Ausgleichs des Zugewinns erfolgt in Stufen. Zunächst wird die Auskunft eingefordert über das Endvermögen und ein etwaig vorhandenes Anfangsvermögen. Liegen die Auskünfte vor, so kann der Zugewinnausgleich berechnet und dann auch gefordert werden.
Verweigert ein Ehegatte die notwendige Auskunft, wird in der Regel ein Stufenantrag beim Familiengericht eingereicht. Im ersten Antrag wird dann die Auskunft abgefordert, liegt diese dann vor, geht man in die 2. Stufe über den Zugewinn zu beziffern und eine Entscheidung hierüber herbeizuführen.
Aufgrund Ihrer Schilderung kann ich nicht einschätzen, ob die Auskünfte zum Endvermögen bereits eingefordert worden sind. Sollte dies nicht der Fall sein, müsste umgehend die Auskunft zunächst unter Fristsetzung außergerichtlich abgefordert werden. Wird keine Auskunft erteilt, so sollte dann zeitnah der Stufenantrag, wie oben beschrieben beim Familiengericht eingereicht werden.
Ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung für die gemeinsame Immobilie besteht grundsätzlich ab dem Zeitpunkt der Trennung. Voraussetzung für die Durchsetzung eines Nutzungsentschädigungsanspruches ist allerdings, dass der im Haus verbliebene Ehegatte aufgefordert wurde, eine solche zu bezahlen. Der Anspruch beginnt in dem Moment, indem ein Miteigentümer eine Neuregelung der Verwaltung und Nutzung der Immobilie verlangen kann. Dies ist in der Regel 3 Monate nach dem Auszug eines Ehegatten aus der gemeinsamen Haus der Fall. Rechtsprechung, wonach die Nutzungsentschädigung im ersten Trennungsjahr nicht verlangt werden kann, ist mir hingegen nicht bekannt.
Rückwirkend kann dann auch für die bislang nicht geforderte Zeit des ersten Trennungsjahres Nutzungsentschädigung verlangt werden, wenn Sie die Lasten, die auf dem Haus eventuell liegen, also bestehende Kredite, in dieser Zeit mitgetragen haben. Ansonsten können Sie rückwirkend keine Ansprüche mehr herleiten.
Bezüglich der Nutzungsentschädigung würde ich Ihnen anraten, hier Ihre Forderung nochmals in einem letzten außergerichtlichen Schreiben unter Fristsetzung geltend zu machen und sodann umgehend einen entsprechenden Antrag beim Familiengericht einzureichen.
Neben dem Zugewinnausgleich und der Nutzungsentschädigung wäre dann ja auch noch die Vermögensauseinandersetzung an der gemeinsamen Immobilie vorzunehmen.
Aufgrund Ihrer Schilderung ist es durchaus ratsam, dass Scheidungsverfahren morgen mit der bisherigen Anwältin abzuschließen und sodann die weiteren Positionen mit einem Fachanwalt für Familienrecht weiterzuverfolgen.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen weiterhelfen und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Tobias Rösemeier
- Rechtsanwalt -