Sehr geehrter Ratsuchender,
1.
Zunächst möchte ich rein begrifflich klarstellen, dass der Anfall einer Erbschaft und der Anspruch auf einen Pflichtteil sich gegenseitig ausschließen. Sie können nur entweder erben oder einen Pflichtteilsanspruch geltend machen, nach Ihrer Schilderung ist hier wohl eher Letzteres der Fall. Mir ist zwar nicht genau klar, inwiefern Sie von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen sind, da Sie gemäß § 1924 BGB
in die Stellung Ihres vorverstorbenen Vaters als eines der gesetzlichen Erben eintreten würden. Anscheinend verhält es sich aber so, dass eine letztwillige Verfügung, z.B. Testament vorliegt, die Ihren Vater schon von vornherein nicht als Erbe berücksichtigt hat, so dass Sie das Pflichtteilsrecht Ihres Vaters (§ 2303 Abs. 1 BGB
) übernommen haben. Dies wäre gegebenenfalls noch zu überprüfen, falls Ihnen die Informationen nicht vorliegen (siehe unten zu 2.)
Dementsprechend treten Sie nicht in eine Erbengemeinschaft ein (und müssten sich um das Grundstück streiten), sondern Sie haben gegenüber der Erbengemeinschaft einen schuldrechtlichen Anspruch, und zwar gerichtet auf Auszahlung eines Geldbetrages, der Ihrem gesetzlichen Anteil an dem Nachlass entspricht, der Hälfte des gesetzlichen Erbteils.
2.
Zur Durchsetzung Ihrer Ansprüche stehen Ihnen umfangreiche Auskunfts- und Wertermittlungsansprüche aus § 2314 BGB
zu, die Sie unter anderem in die Lage versetzen, einen Einblick in die Werthaltigkeit des Nachlasses zu erhalten, auch über die Immobilie hinaus vorhandenes Vermögen muss offengelegt werden und nötigenfalls die Richtigkeit der Angaben eidesstattlich versichert werden. Die Auskunft der Erben oder eines der Erben muss so detailliert sein, dass Sie hieraus Ihren Pflichtteilsanspruch berechnen und beziffern können.
Es empfiehlt sich hier weitere anwaltliche Hilfe (vor Ort) in Anspruch zu nehmen, zumal Sie kein Interesse an einer persönlichen Kontaktaufnahme mit den Erben haben, und um hier rechtliche Fehler zu vermeiden.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen einen hilfreichen kurzen rechtlichen Einblick zu Ihrer Fragestellung verschaffen. Bei Unklarheiten können Sie gerne rückfragen.
Die oben zitierten Vorschriften können Sie unter dem nachfolgend benanntem Link nachlesen:
http://bundesrecht.juris.de/bgb/index.html
Mit freundlichen Grüßen
Wolfram Geyer
Rechtsanwalt
hallo,
danke erst einmal für die antwort. hat mich doch schon ein stück weiter gebracht wobei mir immer noch nicht klar ist ob ich nun geerbt habe weil ich von der gesetzlichen erbfolge her dazu gehöre oder weil ich anspruch auf einen pflichtteil habe. da ich ja weder kenntnis vom tot des erblasseres hatte noch einen erbschein angefordert habe gehe ich dann doch davon aus das ich gesetzlicher erbe bin da ich dann an die stelle meines vaters trete?! wobei wenn ich das richtig verstanden habe es für mich einfacher und "bequemer" wäre wenn es nur der pflichtteil wäre, richtig?
und einen anwalt hier vor ort werde ich ich wohl hinzu ziehen weil bin ich damit überfordert, nur stellt sich für mich die frage ob der wert des erbes dies überhaupt rechtfertigt bzw es sich rechnet?! laut rechtspflegerin wäre mein anteil vom haus ca. 2000 euro.
danke nochmals für ihre mühe!
Sehr geehrter Ratsuchender,
ob Sie geerbt haben oder wegen Ausschluss von der gesetzlichen Erbfolge durch den Erblasser nur einen Pflichtteil erhalten, hängt davon ab, ob eine entsprechende letztwillige Verfügung bzw. auch ein Erbvertrag vorliegt. Diese Auskünfte kann Ihnen unter Umständen schon das Nachlassgericht erteilen, ansonsten müssten Sie sich an einen der (Mit-)Erben wenden.
In der Tat ist die Geltendmachung des Pflichtteils die „bequemere“ Variante, da Sie nicht an der Erbauseinandersetzung teilnehmen müssen, andererseits ist gegebenenfalls Ihr Anteil als Miterbe höher.
Nachdem das Erbe anscheinend überschaubar ist, könnten Sie zunächst selbst ein Schreiben verfassen und einfach die nach der Angabe der Rechtspflegerin geschuldete Summe von einem der Miterben verlangen, und dabei auch eine konkrete Zahlungsfrist setzen. Wird Ihrer Aufforderung nicht nachgekommen und steht Ihnen der Anspruch als Pflichtteilsberechtigter zu, können Sie danach anfallende Anwaltskosten als Verzugsschaden zusätzlich geltend machen. Im außergerichtlichen Bereich dürften hier ca. € 200 bis € 300 an Anwaltsgebühren anfallen.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfram Geyer
Rechtsanwalt