Sehr geehrter Ratsuchender,
1. Aus Ihrer Schilderung ist zu entnehmen, dass Sie durch notarielles Testament enterbt wurden und somit auf Ihren Pflichtteil gesetzt wurden.
2. Sie haben gemäß § 2314 BGB
einen Anspruch auf Auskunft über den Nachlass. In einem solchen Verzeichnis sind sämtliche Eigentümer und das Vermögen der Erblasserin aufzuführen. Das Nachlassverzeichnis enthält die Aktiva und Passiva des Nachlasses. Zu den Aktiva zählen insbesondere Kontokorrent- und Sparkonten, Bargeldbestände, Bankdepots, Wertpapiere, Kunstgegenstände und Schmuck sowie Gesellschaftsbeteiligungen. Auch sämtliche Zuwendungen, die die Erben erhalten haben, sind in einem solchen Verzeichnis aufzuführen, §§ 2316 Abs. 1
, 2052
, 2055 Abs. 1 BGB
. Der sich auf den fiktiven Nachlass erstreckende Auskunftsanspruch umfasst auch unbenannte bzw. ehebedingte Zuwendungen unter Ehegatten. Mangels gleichwertiger Gegenleistung werden diese erbrechtlich wie Schenkungen behandelt (BGH Urt. v. 27. 11. 1991 – IV ZR 164/90
– NJW 1992, 564
; Klingelhöffer, NJW 1993, 1097, 1102). Schenkungen an den Ehegatten sind auch in das Nachlassverzeichnis aufzunehmen, wenn sie außerhalb des 10-Jahres-Zeitraums liegen, da hier nach § 2325 Abs. 3 Halbs. 2 BGB
die 10-jährige Ausschlussfrist nicht vor Auflösung der Ehe beginnt.
3. Sollten hier falsche Angaben gemacht werden, können Sie denjenigen (Vater oder Bruder) strafrechtlich belangen und Anzeige wegen Falschaussage erstatten.
4. Schenkungen innerhalb der letzten 10 Jahre haben in dem Verzeichnis aufzutauchen.
5. Hinsichtlich Ihres Bruders besteht gegebenenfalls die Möglichkeit, dass Sie einen Betreuer bestellen lassen, sofern er nicht mehr in der Lage ist, bestimmte Bereiche seines Lebens selbst zu organisieren. Dazu müssten Sie einen Antrag beim Amtsgericht am Wohnort Ihres Bruders stellen. Ein solches Verfahren ist jedoch nur erfolgreich, wenn Ihre Bruder tatsächlich nicht mehr selbstbestimmt handeln kann. Sie müssen sich im Klaren sein, dass dafür ein ärztliches Gutachten notwendig ist. Sofern Ihr Bruder also lediglich „beeinflusst“ wird, werden Sie ihn nicht schützen können, es sei denn, Sie können sittenwidrige Handlungen eines Dritten (z.B. Ehemann der Erblasserin) nachweisen, die dann gegebenenfalls strafrechtlich verfolgt werden könnten.
6. Für eine Strafanzeige wegen Betruges müssen Sie zumindest Indizien dafür haben, dass zu Ihrem Nachteil vorsätzlich Informationen zurückgehalten werden. Zunächst sollten Sie jedoch auf dem zivilrechtlichen Wege die Erstellung eines Nachlassverzeichnisses fordern, um dann anhand von Zeugenaussagen oder anderer Beweismittel belegen zu können, dass hier nicht alle Vermögenswerte oder Schenkungen genannt sind.
7. Sie können verlangen, dass das Verzeichnis von einer zuständigen Amtsperson (Notar) aufgenommen wird, 2314 Abs. 1 S. 3 BGB. Die Kosten für eine solche Maßnahme fällt dem Nachlass zur Last. Der Pflichtteilsberechtigte kann aber Wertermittlung gemäß 2314 Abs.1 S 2 Hs. 2 BGB auf Kosten des Nachlasses durch einen Sachverständigen verlangen, wenn – wie regelmäßig bei Unternehmen, Grundstücken, Schmuck, Antiquitäten, Sammlungen – eine Schätzung auf Grund der Informationen und Unterlagen nicht möglich ist. Bei den Fällen der verschleierten Schenkung kann Wertermittlung auf Kosten des Nachlasses erst dann verlangt werden, wenn feststeht, dass der betreffende Vermögenswert ganz oder teilweise zum Nachlass gehört. Die Rspr. hat dem Pflichtteilsgläubiger die Beweisführung erleichtert, indem sie ausreichen lässt, dass der Gläubiger ein grobes Missverhältnis zwischen und Leistung und Gegenleistung darlegt und beweist. Es wird dann vermutet, dass eine (zumindest gemischte) Schenkung vorliegt. Der Berechtigte muss also lediglich eine „grobe Überschlagsberechnung“ substantiiert darlegen. Notfalls beantragt er Wertermittlung auf Kosten des Berechtigten. Auch wenn die Voraussetzungen einer Wertermittlung auf Kosten des Nachlasses vorliegen, kann der Berechtigte diese Wertermittlung nicht selbst in Auftrag geben. Geht er so vor, trägt er selbst die Kosten.
8. Ohne Vorankündigung wird eine Begehung nicht möglich sein. Im Rahmen eines Beweissicherungsverfahren gibt es aber jedenfalls überhaupt die Möglichkeit, dass Haus in Augenschein zu nehmen.
Aufgrund der Komplexität der Probleme sollten Sie sich in dieser Angelegenheit anwaltlich vertreten lassen, um Ihre Ansprüche angemessen durchsetzten zu können. Meine Anmerkungen können nur die bisher dargestellte Situation behandeln.
Ich hoffe, diese Ausführungen haben Ihnen bei Ihrem rechtlichen Problem weitergeholfen. Für eine weitere Beratung stehe ich Ihnen selbstverständlich zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Nina Heussen
Rechtsanwältin
Diep, Rösch & Collegen
Fürstenstraße 3
80333 München
TEL: (089) 45 75 89 50
FAX: (089) 45 75 89 51
info@anwaeltin-heussen.de
Abschließend darf ich mir erlauben, noch auf Folgendes hinzuweisen:
Meine Auskunft umfasst die wesentlichen Gesichtspunkte, die in Fällen der geschilderten Art im Allgemeinen zu beachten sind.
Insbesondere bezieht sich meine Auskunft nur auf die Informationen, die mir zur Verfügung stehen. Eine umfassende Sachverhaltsermittlung ist für eine verbindliche Einschätzung unerlässlich. Diese Leistung kann im Rahmen der Online-Beratung nicht erbracht werden.
Darüber hinaus können eine Reihe weiterer Tatsachen von Bedeutung sein, die zu einem anderen Ergebnis führen. Auch einige Rechtsfragen wie z. B. die Frage der Verjährung oder von Rückgriffsansprüchen gegenüber Dritten etc., können mit dieser Auskunft nicht geklärt werden. Ferner sind verbindliche Empfehlungen darüber, wie Sie Ihre Rechte durchsetzen können, nur im Rahmen einer Mandatserteilung möglich.
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