Sehr geehrte Fragestellerin,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich aufgrund Ihrer Schilderungen summarisch wie folgt beantworten möchte.
Vorausschicken möchte ich Folgendes: Wenn Sie als Praktikantin vergleichbar wie eine Arbeitnehmerin beschäftigt werden sollen, besteht ein Arbeitsverhältnis. Hiervon gehe nach Ihren Ausführungen im Folgenden aus. Auch ist davon auszugehen, dass Sie eine bestimmte Dauer des Praktikums vereinbart haben. Dies bedeutet, dass eine ordentliche Kündigung ausgeschlossen ist, sofern nichts anders vereinbart worden ist.
Ein Praktikumsvertrag ist zunächst zustande gekommen, wenn Sie sich mündlich über die wesentlichen Vertragsbedingungen geeinigt haben. Dies scheint nach Ihren Schilderungen der Fall zu sein. Die Mitteilung, Sie könnten „voraussichtlich am 04.10. starten“, steht dem nicht entgegen, sofern nicht das Praktikum selbst noch fraglich war.
Wenn Ihnen zuvor vorbehaltlos ein höheres Entgelt zugesagt worden ist, steht Ihnen grundsätzlich auch dieses zu. Zu einer nachträglichen einseitigen Kürzung ist Ihr Vertragspartner nicht berechtigt.
Abgesehen von dem Inhalt der E-Mail kann in keinem Fall der Praktikantenvertrag hierdurch beendet worden sein, da eine E-Mail der Schriftform nicht genügt und eine einseitige „Abstandnahme“ vom Vertrag nicht möglich war. Dies hat Ihr Vertragspartner offenbar verkannt.
Ich empfehle Ihnen daher, sich unverzüglich schriftlich (und ggf. auch mündlich) an Ihren Vertragspartner zu wenden und Ihn dazu aufzufordern, Sie ab dem vereinbarten Beginn zu beschäftigen. Wichtig ist zunächst, dass Sie Ihre Arbeitskraft anbieten, indem Sie Ihre Bereitschaft zum Antritt des Praktikums signalisieren und Ihren Vertragspartner damit in Annahmeverzug setzen, damit Sie bei einem eventuellen Rechtsstreit Ihre Forderungen geltend machen können.
Abschließend bitte ich zu beachten, dass diese Antwort zwar alle wesentlichen Aspekte des von Ihnen geschilderten Falles umfasst, jedoch daneben Tatsachen relevant sein könnten, die möglicherweise zu einem anderen Ergebnis führen würden. Verbindliche Auskünfte sind daher nur im Rahmen einer Mandatserteilung möglich.
Ich hoffe, Ihnen eine erste rechtliche Orientierung ermöglicht zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Tobias Kraft
Rechtsanwalt
Sehr geehrter Herr Kraft,
vielen Dank für die rasche Antwort.
Was passiert, wenn ich nicht anfange dort, wie vereinbart, zu arbeiten? Nach so einer Unverschämtheit ist mir die Lust vergangen mit diesen Personen zu arbeiten...
Und was mache ich, wenn sie nicht akkzeptieren, dass ich dort am 19.10. beginne?
Über eine kurze Antwort würde ich mich sehr freuen.
Vielen Dank!
Sehr geehrte Fragestellerin,
es ist sicherlich nachvollziehbar, dass Sie nach der Vorgehensweise Ihres Vertragspartners dort nicht mehr gern arbeiten möchten. Bitte bedenken Sie jedoch, dass Sie grundsätzlich Ihre Bereitschaft zum Antritt des Praktikums zeigen müssen. Wenn Sie Ihre Arbeitskraft nicht anbieten, könnte dies als einvernehmliche Auflösung des Vertragsverhältnisses gewertet werden mit der Folge, dass Sie das vereinbarte Entgelt nicht beanspruchen können.
Falls Ihr Vertragspartner Sie nicht beschäftigen möchte, ist Klage vor dem örtlich zuständigen Arbeitsgericht geboten. Ein Anwaltszwang besteht dort jedenfalls in der ersten Instanz nicht. Zunächst wird dort ein Gütetermin anberaumt, in dem ein Vergleich angestrebt werden sollte (da Sie ja verständlicherweise eher am Geld als an einer Beschäftigung bei diesem Arbeitgeber interessiert sind). Möglicherweise wird jedoch die Beweisführung schwierig, die Ihnen bezüglich der getroffenen verbindlichen Vereinbarungen obliegt.
Ich hoffe, Ihnen zunächst weitergeholfen zu haben und dass Sie Ihre Angelegenheit in Kürze zufrieden stellend regeln können.
Mit freundlichen Grüßen
Tobias Kraft
Rechtsanwalt