Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Fragen beantworte ich wie folgt:
Frage 1:
Ist die Kündigung rechtswirksam erfolgt? Die Kündigung muss nach §§ 4
, 7 KSchG
innerhalb von 3 Wochen nach Zugang bei Ihnen gerichtlich durch die Erhebung einer Kündigungsschutzklage angegriffen werden. Wird diese Frist versäumt, so gilt diese als rechtswirksam. Bei einer Zurückdatierung müssen Sie beweisen, wann die Kündigung tatsächlich Ihnen zugegangen ist. Ich empfehle Ihnen daher, eine Kündigungsschutzklage bei dem zuständigen Arbeitsgericht zu erheben. Diese wird jedoch nur dazu führen, dass Sie nur einen Tag länger beschäftigt sind.
Frage 2:
Ihnen steht pro vollen Arbeitsmonat ein Anspruch auf Urlaub in Höhe von 1,9 Kalendertage, die auf 2 Kalendertage aufzurunden sind. Ich gehe davon aus, dass Sie unwiderruflich von Ihrer Arbeitspflicht bei Anrechnung auf Ihren Urlaubsanspruch und Überstunden freigestellt wurden. Sollte dies der Fall sein, so werden Sie am Schluss keinen Urlaubstag ausbezahlt bekommen, da der Urlaubsanspruch bereits verbraucht wurde. Für eine Zurückweisung der Freistellung ist es leider zu spät, da Sie bereits den Urlaubsanspruch wahrscheinlich verbraucht haben.
Frage 3:
Die Anordnung von Überstunden durch Ihren Arbeitgeber und die Ableistung dieser muss taggenau in einem Verfahren dargelegt und ggf. bewiesen werden. In der Praxis ist die Erbringung eines solchen Vortrages in der Regel sehr problematisch. Wahrscheinlich wurden Sie unwiderruflich freigestellt. Aus diesem Grund gehe ich davon aus, dass die Überstunden mittlerweile abgegolten sind. Ist dies nicht der Fall, können Sie der Freistellung widersprechen.
Ich hoffe, dass ich Ihnen weiterhelfen konnte.
Hallo Herr Scharrer,
es ist noch etwas komplizierter, deshalb eine Nachfrage.
Ich habe mich am 5.2. sehr krank zur Arbeit geschleppt weil eine Deadline eingehalten werden musste, mir ging es aber vor Ort in der Firma so schlecht, dass ich erklärt habe, dass ich zum Arzt gehen und mich krankschreiben lassen muss. Es ging einfach nicht.
Im Anschluss habe ich dann besagte Kündigung erhalten, die rückdatiert war auf 4.2. und wo drin steht, dass ich freigestellt bin und alle Ansprüche (Urlaub etc.) abgegolten sind.
Ich war später am selben Tag beim Arzt in Untersuchung und wurde daraufhin für den Rest des Monats krankgeschrieben.
Heißt: Ich wurde am 5.2. (am tatsächlichen Tag der Kündigung) krankgeschrieben bis über das Ende der Kündigungsfrist hinaus. Wenn die Kündigung also korrekt auf 5.2. ausgestellt worden wäre, müsste der AG mich doch während der Krankheit noch bis Ende der Kündigungsfrist (19.2.) bezahlen und ich hätte darüber hinaus Anspruch auf Zahlung für Urlaubstage und Überstunden. Richtig?
Nun ist aber die unterschriebene Kündigung rückdatiert gewesen auf 4.2.
Heißt: Nach dieser (fehlerhaften) Kündigung war ich am 4.2. bereits gekündigt und freigestellt und wurde erst am Folgetag krankgeschrieben. Offiziell habe ich also einen Tag zuvor die Freistellung und Abgeltung aller Ansprüche akzeptiert.
Frage: Wenn nun nachgewiesen werden kann, dass die Kündigung erst am 5.2. und nicht am 4.2. erfolgt ist, ist dann die mündlich und später nochmal per Schreiben wegen Rückdatierung angefochtene Kündigung nichtig, ich bin bis Ende der tatsächlichen Kündigungsfrist bis 19.2. krank geschrieben und habe also Anspruch auf Zahlung des Gehalts bis einschließlich 19.2. zuzüglich Urlaub und Überstunden?
Oder kann ich da nichts mehr machen und bekomme ergo nur Gehalt bis 18.2. (einen Tag weniger) und alle zusätzlichen Ansprüche auf Urlaub und Überstunden sind abgegolten, es greift also die rückdatierte Kündigung?
Zum Nachweis, dass ich am 5.2. noch vor Ort war: Dies haben zum einen natürlich zahlreiche Kollegen mitbekommen, ich kann zudem meine Handydaten auslesen lassen (Wegstrecke), und ich habe noch eine Stunde vor Ort gearbeitet, was man anhand des Aktivitätsprotokolls des Arbeitscomputers ersehen könnte. Sehen Sie dadurch Chancen auf ein erfolgreiches Nachweisen meiner Anwesenheit am 5.2. oder dürfte es schwer werden anhand der genannten Optionen?
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Herr Frageseller,
jetzt macht der Sachverhalt für mich auch für Ihren Arbeitgeber Sinn. Dieser hat Ihnen wahrscheinlich wegen der Erkrankung gekündigt. Sie sollten unbedingt eine Kündigungsschutzklage unter Einhaltung der 3 Wochensfrist bei dem zuständigen Arbeitsgericht einreichen.
Gemäß § 8 Abs. 1 EntgFG
hat der Arbeitgeber, wenn er wegen einer Erkrankung kündigt, bis zur Genesung fortzuzahlen, jedoch maximal 6 Wochen lang. Somit haben Sie ggf. einen Anspruch über den Kündigungstermin. Ich gehe davon aus, dass dies der Grund für die Rückdatierung war.
Den Beweis für den Tag der Kündigung können Sie auch durch Zeugenaussagen führen. Hierfür sollten Sie die Zeugen bitten, ein Protokoll zu erstellen, damit diese sich in ca. 3 bis 4 Monate, wenn der Kammertermin vor dem Arbeitsgericht stattfinden wird, sich noch erinnern können. Insbesondere wäre wichtig, wenn die Zeugen sich an Ihre Erkrankung erinnern können.
Wenn Sie die Kündigung nicht gerichtlich angreifen, so wird diese wirksam. In diesem Fall können Sie nur bis zum 18.02.2019 Ihr Entgelt verlangen. Den Anspruch auf Abgeltung des Urlaubs kann auch durch eine Freistellung nicht abgegolten werden, da Sie krankgeschrieben waren.
Ich hoffe, dass ich Ihnen weiterhelfen konnte. Auf meiner Homepage können Sie weitere Informationen zu diesen Themen finden.
Mit freundlichen Grüßen
Sebastian Scharrer, LL.M.
Rechtsanwalt aus Wiesbaden