Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Diese möchte ich auf Grundlage Ihrer Angaben gerne beantworten:
Das Verhalten Ihrer Schwester ist in der Tat nicht anständig, wenn auch leider keine Einzelfall. Rechtlich kann ich Sie hinsichtlich Ihres Hauptanliegens aber beruhigen: Die Vorsorgevollmacht ermächtigte mit Sicherheit nicht einen der beiden Bevollmächtigten, gegen den Willen des anderen Bevollmächtigten, insbesondere aber des Vollmachtgebers, das Grundstück zu veräussern. Dies gilt erst recht dann, wenn es sich um den fast einzigen Vermögensgegenstand des Vaters handelt (es sind ja sonst nur noch 8.000,00 € Barvermögen vorhanden).
Vielleicht haben Sie für solche Rechtsgeschäfte ohnehin einen sog. Kontrollbetreuer eingesetzt, schauen Sie da bitte mal in der Vollmacht nach. Diesbezüglich können Sie sich auch jetzt noch an das Vormundschaftsgericht wenden, welches dann einen Kontrollbetreuer einsetzt.
Auf jeden Fall läge eine Vollmachtsüberschreitung vor, da im Gegensatz zur –wie Sie zutreffend unterstellen- Generalvollmacht eben nicht alle Rechtsgeschäfte gedeckt sind. Eindeutig dem Willen des Vollmachtgebers widersprechende Rechtsgeschäfte sind von der Vollmacht nicht gedeckt (OLG Frankfurt, NJW-RR, 87, 482), auch wenn die strengeren Regeln der Betreuung nicht gelten (OLG Köln, Urteil vom 31.03.2000 - Aktenzeichen 19 U 128/99
).
Nicht ganz so günstig scheint mir die Situation hinsichtlich der Kostenbeteiligung sein zu sein – aber dies ist ja eher ein „Nebenkriegsschauplatz“. Zunächst gilt der genausowenig hilfreiche wie notwendige Hinweis, dass primär der Inhalt der Vollmacht mit seinen evt. Regelungen entscheidend ist, ich diese aber nicht kenne. Im Rahmen der Nachfragefunktion können Sie mir diese aber gerne via E-Mail oder Fax zur ergänzenden Prüfung zukommen lassen.
Hilfsweise gelten nämlich die üblichen gesetzlichen Regelungen. Im Rahmen der Vollmachtserteilung sind Sie zunächst beide berechtigt, gegenüber dem Vollmachtsgeber Ihre Aufwendungen ersetzt zu verlangen. Adressat wäre also primär der Vater und nicht derjenige der beiden Vollmachtsempfänger, der „ nicht mitzieht“. Sie müßten also erst einmal in Vorlage treten. Dieses Ergebnis ist aber in Ihrem Fall nur auf den ersten Blick zutreffend. Denn Ihre Aufwendungen können unter Umständen im Erbfall wiederum gegenüber der Schwester zum Ansatz gebracht werden. Dies ist nun aber eine erbrechtliche Frage und im Ergebnis u.a. vom Inhalt des Testaments abhängig – deswegen hier nur als ergänzender Hinweis.
Abschließend ein anderer Gesichtspunkt: Ihr Vater ist ja noch geschäftsfähig. Er wird evt. vom Verhalten der Tochter nicht begeistert sein. Wieso reden Sie ihm nicht gut zu, die Vollmacht so zu präzisieren, dass die Ansinnen Ihrer Schwester gegenstandlos sind?
Ich hoffe Ihnen mit dieser Antwort zunächst einmal weitergeholfen zu haben. Für Rückfragen stehe ich Ihnen im Rahmen der kostenlosen Nachfragefunktion von „Frag einen Anwalt“ selbstverständlich zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Thomas Schimpf
- Rechtsanwalt -
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Fax: +49 (0)39 483 97828
E-Mail: ra.schimpf@gmx.de
Zunächst herzlichen Dank für Ihre umfassende Antwort, es hat mir sehr weitergeholfen.
Eine Nachfrage habe ich noch bezüglich der Möglichkeit einer eventuellen Vermietung: das Haus hat neben der Wohnung meines Vaters eine weitere Wohnung, die früher vermietet war. Unter welchen Bedingungen ist eine Vermietung dieser Wohnung möglich (muss mein Vater auch hier zustimmen, oder wären meine Schwester und ich im Rahmen der Vermögenssorge berechtigt, diese Wohnung auch ohne seine Zustimmung zu vermieten? Dies war eine Anregung meiner Schwester, um ggf. Rücklagen für eventuell anfallende Mehrkosten im Heim oder Reparaturen zu bilden, was ja im Prinzip eine gute Idee wäre. Ich gehe davon aus, dass mein Vater auch hier erst formal zustimmen muss, oder wie ist die Rechtslage hierfür? Bereits jetzt nochmals vielen Dank!
Sehr geehrte Frau D.,
die Vermietung der zweiten Wohnung dürfte von der Vollmacht -Regelung wirtschaftlicher Dinge, Vermögenssorge usw.- umfasst sein. Dies gilt natürlich nicht, wenn der Vater ausdrücklich dagegen ist (wofür ich aber keinen vernünftigen Grund sehe). Einer gesonderten Zustimmung bedarf es deswegen m.E. nicht.
Mit freundlichen Grüssen
RA Schimpf