Sehr geehrter Ratsuchender,
1.
Die von der Witwe geplante Vorgehensweise ist erbrechtlich möglich. Denn falls sich nicht aus dem Inhalt des Testaments etwas Anderes ergibt, kann sie als Vorerbin durchaus zu Lebzeiten über Anteile am Nachlass und gemäß § 2112 BGB
auch über einzelne Gegenstände, die zur Erbschaft gehören, verfügen. Ausnahmen ergeben sich zwar aus den §§ 2113
bis 2115 BGB
, wonach insbesondere Verfügungen über Grundstücke, aber auch Schenkungen zu Lasten der Nacherben mit dem Todesfall unwirksam werden. Die Witwe will aber ausschließlich die Nacherben beschenken, und keinen von ihnen bevorzugen oder benachteiligen, so dass ihre Verfügung auch nicht „das Recht des Nacherben vereiteln oder beeinträchtigen würde“ (§ 2113 Abs. 2 Satz 1 BGB
).
Das Schenkungsversprechen muss zwar an sich zu seiner Wirksamkeit notariell beurkundet werden, was jedoch hinfällig wird, sobald die Schenkung vollzogen ist, siehe § 518 Abs. 2 BGB
.
Zu beachten ist, dass der Vollzug der Schenkungen und deren Wert nachvollziehbar dokumentiert ist, um späteren Streit unter den Nacherben zu vermeiden. Hierzu kann es bei reinen Geldschenkungen per Überweisung z.B. ausreichen, die Kontoauszüge aufzubewahren. Anhand der Erbquote und der Höhe der ausgezahlten Beträge lässt sich dann leicht feststellen, dass die Nacherben jeweils nur einen Betrag erhalten haben, der ihrer Erbquote entspricht und somit keiner dem anderen anlässlich der Erbschaft Etwas schuldet.
2.
In der Tat fällt hier bereits Schenkungssteuer an, die Schenkung wird steuerlich ebenso berücksichtigt wie der Erwerb durch Erbfall.
Dabei können die Beschenkten je nach dem Grad der Verwandtschaft zu der Witwe unterschiedliche Freibeträge ausnützen, siehe § 16 ErbStG
. Grundsätzlich kann gemäß § 14 Abs. 1 ErbStG
der jeweilige Freibetrag dann erneut in voller Höhe ausgeschöpft werden, wenn zwischen dem ersten Vermögenserwerb (durch Schenkung) und dem zweiten Vermögenserwerb (durch Erbschaft) mehr als zehn Jahre liegen, andernfalls werden die von der selben Person erworbenen Vermögensvorteile im Nachhinein zusammengerechnet.
Allerdings gilt hier noch die Besonderheit der Vor- und Nacherbschaft, das heißt es ist zu unterscheiden, inwieweit die Erbschaft aus dem Nachlass der Witwe oder aus dem (bereits von der Witwe versteuerten) Nachlass ihres vorverstorbenen Ehemannes stammt, aber nur auf Antrag des Steuerpflichtigen. Dies ist in § 6 Abs. 2 ErbStG
geregelt. Bei Eintritt der Nacherbfolge haben diejenigen, auf die das Vermögen übergeht, nämlich den Erwerb als vom Vorerben stammend zu versteuern. Auf Antrag ist jedoch der Versteuerung das Verhältnis des Nacherben zum Erblasser zugrunde zu legen. Geht in diesem Fall auch eigenes Vermögen des Vorerben auf den Nacherben über, sind beide Vermögensanfälle hinsichtlich der Steuerklasse getrennt zu behandeln. Für das eigene Vermögen des Vorerben kann ein Freibetrag jedoch nur gewährt werden, soweit der Freibetrag für das der Nacherbfolge unterliegende Vermögen nicht verbraucht ist, soweit also die Vorerbin den Freibetrag ihrerseits noch nicht ausgeschöpft hatte.
Ich hoffe, ich konnte Ihre Rechtsfragen hinreichend und verständlich beantworten. Bei Unklarheiten können Sie gerne von der Rückfragemöglichkeit Gebrauch machen.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfram Geyer
Rechtsanwalt
Diese Antwort ist vom 10.03.2009 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Sehr geehrter Herr RA Geyer,
zunächst meinen herzlichen Dank für die ausführliche und mich voll zufriedenstellende Beantwortung meiner Fragen.
Bezüglich der Schenkungssteuer habe ich allerdings noch eine Frage: Wer muß gegenüber dem Finanzamt die Schenkung melden, bzw. wann ist die Schenkungssteuer zu zahlen?
Danke und mit freundlichem Gruß
Sehr geehrter Ratsuchender,
die Schenkungssteuer entsteht gemäß § 9 Abs. 1 Nr.2 ErbStG
bei Schenkungen unter Lebenden mit dem Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung, dieser Zeitpunkt ist auch maßgeblich für den Wert der Zuwendung, siehe § 11 ErbStG
.
Von diesem Zeitpunkt an sind sowohl Schenker als auch Beschenkter meldepflichtig, da beide gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 ErbStG
als Steuerschuldner gelten. Zur Zahlung fällig wird die Schenkungssteuer erst mit dem im Steuerbescheid festsetzten Termin.
Allerdings kann das Finanzamt von jedem an einem Erbfall, an einer Schenkung oder an einer Zweckzuwendung Beteiligten ohne Rücksicht darauf, ob er selbst steuerpflichtig ist, die Abgabe einer Erklärung innerhalb einer von ihm zu bestimmenden Frist (mindestens einen Monat) verlangen, § 31 Abs. 1 ErbStG
.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfram Geyer
Rechtsanwalt