Sehr geehrte(r) Ratsuchende(r),
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich in dem hier möglichen Rahmen wie folgt beantworten möchte:
zu 1.:
Um diese Frage zu beantworten, kommt es entscheidend auf den Willen Ihrer Mutter an. Wollte Ihre Mutter einige von ihren Kindern wertmäßig begünstigen (etwa weil einige Kinder ihr näher standen als die anderen), dann ist anzunehmen, dass es sich bei den Regelungen im Testament um (Voraus-)Vermächtnisse handelt. Wollte Ihre Mutter aber eigentlich alle Kinder gleich stellen und nur Anordnungen treffen, wie die Nachlassgegenstände verteilt werden sollten, dann handelt es sich bei dem Testament um eine Teilungsanordnung. Bei der Teilungsanordnung ist von den einzelnen Erben, sofern der Wert des ihnen zugesprochenen Nachlassgegenstandes den Wert ihres Erbteils übersteigt, ein Ausgleich in Geld an die anderen Erben zu zahlen, so dass alle wertmäßig in gleicher Weise am Nachlass beteiligt werden. Beim Vermächtnis hingegen gibt es eine solche Ausgleichspflicht nicht.
Wenn ich mir Ihre Schilderung durchlese, habe ich eher das Gefühl, dass es sich bei den testamentarischen Verfügungen Ihrer Mutter um Vermächtnisse handelt, da die auf die einzelnen Geschwister entfallenden Werte teilweise sehr weit auseinanderklaffen (sie bewegen sich ja zwischen 60.000 und 122.500 DM), ohne dass Ihre Mutter diesbezüglich ein Wort über eine Ausgleichspflicht verloren hat. Dies klingt sehr danach, als ob sie einzelne ihrer Kinder begünstigen wollte. Ohne den genauen Wortlaut des Testaments und Ihre Familienverhältnisse zu kennen, kann ich jedoch nichts Definitives sagen.
zu 2.:
Wenn ich Sie richtig verstehe, hat E. dieses Darlehen von seinen Eltern gewährt bekommen. Ihre Mutter hatte also gegen E. einen Anspruch auf Zahlung von 135.000 DM. Hierbei handelt es sich um einen vererbbaren Vermögensbestandteil, und auch insoweit hat Ihre Mutter nach meiner Einschätzung eine Vermächtnisregelung vorgenommen. Es handelt sich wohl nicht um "Auflagen" im erbrechtlichen Sinne, da eine solche nur dann vorliegt, wenn einem Erben oder Vermächtnisnehmer die Verpflichtung zu einer Leistung auferlegt wird, ohne dass ein anderer ein Recht auf die Leistung erhält
(§ 1940 BGB
).
zu 3.:
Da Sie ja schon Miteigentümer des Hauses sind, kann Ihnen der Grundstücksanteil nicht mehr vererbt werden, er gehörte ja gar nicht mehr in den Nachlass Ihrer Mutter. Sofern Ihnen der Grundstücksanteil von Ihren Eltern unentgeltlich übertragen wurde, könnte ich mir vorstellen, dass Ihre Mutter diesen Vermögensvorteil, den Sie schon zu ihren Lebzeiten erhalten haben, im Verhältnis zu Ihren Geschwistern ausgleichen wollte, indem sie Ihnen keine weiteren Nachlassgegenstände zukommen lassen wollte. Mit anderen Worten haben Sie also kein Vermächtnis von Ihrer Mutter erhalten. Sie sind, wenn man die testamentarischen Verfügungen Ihrer Mutter als Vermächtnisregelungen ansieht (siehe unter Punkt 1), daher, wie Ihre anderen Geschwister auch, vermutlich zu einem Siebtel Erbe des Nachlasses Ihrer Mutter. Da der größte Teil dieses Nachlasses schon durch die Vermächtnisse verteilt worden ist, bedeutet dies faktisch, dass Ihnen ein Siebtel des hinterlassenen Bargelds zusteht.
Die Anordnung Ihre Mutter, dass Sie an O. und P. jeweils 20.000 DM zu zahlen haben, hat nach meiner Einschätzung keinen Bestand. Diese Anordnung hätte sie Ihnen gegenüber bei der Übertragung des Grundstücksanteils schon erklären müssen, sie durfte sie nicht nachträglich einseitig aussprechen.
zu 4.:
Solange die Vermächtnisregelungen Ihrer Mutter nicht erfüllt sind, gehört der gesamte Nachlass Ihrer Mutter der Erbengemeinschaft, die aus Ihnen und Ihren sechs Geschwistern besteht. Zu dem Nachlass gehört auch der Hausanteil, dessen Eigentümerin Ihre Mutter war, und der erst noch auf O. und P. "überschrieben" werden muss. Der Erbengemeinschaft obliegt bis dahin die Verwaltung des Nachlasses, also auch des besagten Hausanteils.
Bei den Reparaturen am Haus handelt es sich um Verwaltungsmaßnahmen. Diese dürfen Sie nur dann allein und auf Kosten der Erbengemeinschaft vornehmen, wenn es sich um objektiv unbedingt notwendige Erhaltungsmaßnahmen handelt. Ansonsten muss insoweit eine Übereinstimmung in der Erbengemeinschaft herbeigeführt werden, die Sie gegebenenfalls auch im Weg einer Klage erzielen können. Eine detaillierte Schilderung, wie dies genau abzulaufen hat, würde allerdings den Rahmen dieses Forums sprengen. Bitte lassen Sie sich diesbezüglich von einem Rechtsanwalt vor Ort beraten.
Wenn Sie mit Ihrem Bruder P. vereinbart haben, dass jeder monatlich 180 EUR zu zahlen hat, dann ist P. auch nach dem Tod Ihrer Mutter weiterhin dazu verpflichtet. Daneben muss die Erbengemeinschaft, solange ihr die Verwaltung des Hausanteils obliegt, für die Erhaltung des Hauses, also auch für die durch das Haus entstehenden Kosten, aufkommen.
So weit also meine Einschätzung der rechtlichen Situation, die allerdings keinen Anspruch auf definitive Richtigkeit erhebt. Sie sollten unbedingt frühzeitig einen Rechtsanwalt einschalten, um keine "bösen Überraschungen" zu erleben. Ihr Fall ist zu kompliziert, um ihn in diesem Forum erschöpfend zu behandeln. Für Rückfragen stehe ich aber selbstverständlich zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Jana Laurentius
(Rechtsanwältin)
Diese Antwort ist vom 19.04.2005 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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