Sehr geehrte/r Fragesteller/in,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen gerne wie folgt beantworten:
Es handelt sich um Lohnforderungen, die nach der regulären Verjährungsfrist des § 195 BGB
von drei Jahren verjähren. Gehalt ist, soweit nichts anderes vereinbart ist, gem. § 614 BGB
, wenn es monatsweise bemessen ist, jeweils am Monatsende fällig. Die Verjährungsfrist beginnt aber gem. § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB
erst am Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist.
Daneben sind vertragliche oder tarifvertragliche Ausschlussfristen zu beachten. Häufig sehen Arbeitsverträge vor, dass Ansprüche aus dem Arbeitsvertrag innerhalb von drei Monaten schrifltich geltend gemacht werden müssen. Es kommen auch zweistufige Ausschlussfristen vor, die eine Frist für die schriftliche Geltendmachung setzen und eine weitere für die gerichtliche Geltendmachung. Sie müssten also prüfen, ob Ihr Arbeitsvertrag solche Fristen vorsieht oder auf einen Tarifvertrag mit solchen Fristen verweist oder ob ein aufgrund Tarifbindung für Sie geltender Tarifvertrag solche Fristen vorsieht.
Entscheidend für die Verjährung oder einen Ausschluss der Ansprüch ist aber hier, wann die Fälligkeit der rückwirkenden Gehaltserhöhung anzunehmen ist. Das Bundesarbeitsgericht hat im Urteil vom 06.08.20021, AZR 247/01 bezüglich einer tarifvertraglichen rückwirkenden Gehaltserhöhung entschieden, dass die Gehaltserhöhungen erst mit dem Tarifabschluss fällig waren. Daher waren diese Ansprüche auch nicht nach den Ausschlussfristen verfallen.
In Ihrem Fall ist demnach auch von einer Fälligkeit der Ansprüche erst ab der fraglichen E-Mail auszugehen. Ich nehmen an, dass die Mail in diesem Jahr geschrieben wurde. Die Verjährung beginnt daher am 31.12.2019. Die Ansprüche sind dann am 1.1.2023 verjährt.
Wenn für Sie Ausschlussfristen für die schriftliche Geltendmachung des Anspruchs gelten, können Sie diese wahren, indem Sie die Ansprüche durch ein entsprechendes Schreiben einfordern, in welchem Sie auf die Mail verweisen und die jeweilige Höhe Ihrer Forderung angeben. Hierbei wäre auch etwa bedeutsam, dass das Schreiben Ihrem Arbeitgeber nachweisbar zugeht (idealerweise durch Bestätigung des Zugangs durch den Arbeitgeber oder durch Übergabe durch ÜBergabe durch einen Boten, der den Inhalt kennt und dies sowie die Übergabe Ihnen gegenüber schriflich bestätigt). Eine Ausschlussfrist, die eine gerichtliche Geltendmachung vorsieht, wäre dann durch entsprechend rechtzeitige Klageerhebung gewahrt. (Bei tariflichen Ausschlussfristen so rechtzeitig, dass die Klage auch innerhalb der Frist dem Gegner zugestellt werden kann.)
Beachten Sie bitte noch, dass die Lohnerhöhungen ab der E-Mail monatlich neu fällig werden. Das heißt, sofern eine Ausschlussfrist gilt, müssen Sie mit jedem neuen Monat die jeweils neue Forderung wieder schriftlich geltend machen, um diese Frist ggf. zu wahren.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwältin Dr. Stefanie Kremer
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Rechtsanwältin Dr. Stefanie Kremer
Sehr geehrte Frau Dr. Kremer,
haben Sie vielen Dank für die schnelle und ausführliche Antwort. Ich hatte mir sowas schon gedacht, wollte aber auf "Nummer sicher" gehen.
Mir hätte eine Antwort auch im Laufe des Vormittags gereicht. Wollte Sie nicht zur Nachtarbeit nötigen. Das hatte ich nicht bedacht.
Was die Sache angeht, ging mir heute noch der Gedanke durch den Kopf, dass es sich hier ja um eine arbeitsvertragliche Sache handelt und eine Mitteilung per E-Mail vermutlich unwirksam wäre. Aber das sollte auch so wasserdicht sein, denn die schriftliche Bestätigung enthält keine Bedingungen. Dort steht nur, dass eine rückwirkende Erhöhung gewährt wird. Sogar der monatliche Betrag steht dort.
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrte/r Fragesteller/in,
Arbeitsverträge sind grundsätzlich auch gültig, wenn sie mündlich abgeschlossen werden. Das gilt auch für Ergänzungen/Änderungen des Arbeitsvertrags wie in Ihrem Fall die Gehaltserhöhung. Wenn Sie dazu eine E-Mail von Ihrem Arbeitgeber erhalten haben, erleichtert Ihnen dies die Beweisführung, dass eine solche Änderung des Arbeitsvertrags erfolgt ist.
Auch wenn Ihr Arbeitsvertrag eine Schriftformklausel enthalten sollte (dass Änderungen der Schriform bedürfen), sind mündliche Änderungen in der Regel gültig, da sie als konkludente Änderung der Schriftformklausel aufgefasst werden.
Ob der Anspruch auf Gehaltserhöhung tatsächlich besteht, müsste aber anhand des Arbeitsvertrags, der E-Mail und der genauen Umstände möglichst von einem Anwalt noch mal geprüft werden. Möglicherweise lenkt Ihr Arbeitgeber auch ein, wenn Sie noch mal darlegen, dass Ihnen die (bedingungslose) Gehaltserhöhung von ihm zugesagt wrude und die E-Mail auch beweist, dass der Arbeitsvertrag dementsprechen abgeändert wurde. Es wäre dann am Arbeitgeber zu beweisen (z.B. durch Zeugen, die aber auch den durch die E-Mail schon bestehenden Beweis für Ihre Position erschütern müssten), dass die Gehaltserhöhung an eine Bedingung geknüpft sein sollte.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwältin Dr. Kremer