Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegeben Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Es gibt in der Rechtsprechung Grundsatzurteile, dass ein Arbeitnehmer, der fristlos kündigt, obwohl es keinen wichtigen Grund für ihn für eine fristlose Kündigung gibt, sich gegenüber dem Arbeitgeber nicht auf die Unwirksamkeit der eigenen fristlosen Kündigung berufen kann (Bundesarbeitsgericht, 2. Senat, Urteil vom 04.12.1997 - Aktenzeichen: 2 AZR 799/96
; Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, 8. Kammer,
Urteil vom 08.02.2012 - Aktenzeichen: 8 Sa 318/11
).
Dies mit der Begründung, dass sich ein Arbeitnehmer, der sich auf die Unwirksamkeit seiner eigenen fristlosen Kündigung beruft, widersprüchlich handele und gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB
) verstoße.
Man könnte in Ihrem Fall noch eine Anfechtung der eigenen Kündigung wegen widerrechtlicher Drohung gemäß § 123 BGB
denken, insofern Sie Ihre Kündigung nur unter dem Eindruck der Androhung einer Strafanzeige bzw. fristlosen Kündigung durch den Arbeitgeber ausgesprochen haben. Die Drohung mit einer Strafanzeige ist aber dann nicht widerrechtlich, wenn der Arbeitgeber objektive Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Straftat hat und der Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme hatte. In diesem Fall ist der Arbeitgeber seinerseits auch zum Ausspruch einer sog. Verdachtskündigung berechtigt.
Wenn der Straftatverdacht des Arbeitgebers in Ihrem Fall nicht ohne objektive Grundlage war, liegt keine widerrechtliche Drohung vor.
Man kann noch daran denken, dass Sie zum 28.02.2013 und nur "hilfsweise" zum 09.02.2013 gekündigt haben. Üblicherweise ist es so, dass bei einer fristlosen Kündigung hilfsweise, für den Fall, dass es keinen fristlosen Kündigungsgrund gibt, zusätzlich auch mit ordentlicher Frist gekündigt wird. Es fragt sich vorliegend, unter welcher Bedingung Sie "hilfsweise" schon zum 09.02.2013 gekündigt haben sollen. Eine Kündigung ist als einseitig gestaltendes Rechtsgeschäft grundsätzlich bedingungsfeindlich (vgl. nur BAG, 2. Senat, Urteil vom 15.03.2001 - 2 AZR 705/99
- AP Nr. 26 zu § 620 BGB Bedingung
). Es ist daher nicht möglich, unter der Bedingung zum 09.02.2013 zu kündigen, dass der Arbeitgeber die Kündigung zum 28.02.2013 "nicht annimmt". Zudem bedarf eine Kündigung auch keiner Annahme durch die Gegenseite. Sollte in Ihrem Fall die Kündigung erst zum 28.02.2013 unwirksam gewesen sein, wäre eine Kündigung zum 09.02.2013 erst recht unwirksam. Hier haben Sie eine Chance, für die Zeit vom 09.02.2013 bis 28.02.2013 von Ihrem Arbeitgeber vor dem Arbeitsgericht Lohnnachzahlung zu verlangen. Da Ihr Arbeitgeber Ihnen beim Personalgespräch deutlich gemacht hat, dass er auf Ihre weitere Arbeit auf jeden Fall verzichtet, befindet er sich für diesen Zeitraum in Annahmeverzug mit der Entgegennahme Ihrer Arbeitskraft, so dass er sich nicht darauf berufen kann, Sie hätten in dieser Zeit nicht gearbeitet.
Was das Zeugnis anbelangt: Ihr Arbeitgeber ist verpflichtet, Ihnen ein wahrheitsgemäßes und vollständiges Zeugnis zu erteilen (§ 109 GewO
). Sie können Ihren Arbeitgeber auf Zeugnisabänderung zu Ihren Gunsten verklagen. Wenn Sie Ihr Arbeitgeber unterdurchschnittlich im Zeugnis bewertet, trifft ihn hierfür die Beweislast (BAG, 3. Senat, Urteil vom 24. März 1977 - 3 AZR 232/76
- AP BGB § 630 Nr. 12). Wenn Sie von Ihrem Arbeitgeber ein gutes, überdurchschnittliches Zeugnis haben wollen, tragen Sie im Prozess die Beweislast (BAG, 9. Senat, Urteil vom 14. Oktober 2003 - 9 AZR 12/03
- BAGE 108, 86
ff. = AP BGB § 630 Nr. 28). Ihr Arbeitgeber darf Ihnen übrigens wegen nur vereinzelter Vorfälle nicht schon ein schlechtes Zeugnis erteilen, sondern nur dann, wenn strafbares Verhalten für die gesamte Dauer des Arbeitsverhältnisses prägend gewesen sein sollte. Das Zeugnis muss wohlwollend sein, um dem Arbeitnehmer den ferneren Lebens- und Arbeitsweg nicht zu erschweren. Denn ein Zweck des Zeugnisses besteht darin, dem Arbeitnehmer eine Unterlage für künftige Bewerbungen an die Hand zu geben; seine Belange sind damit gefährdet, wenn er im Zeugnis unterbewertet wird (BAG, Urteil vom 08. Februar 1972, EzA § 630 BGB Nr. 3
). Deshalb ist Grundlage des Zeugnisses das Verhalten, das für den Arbeitnehmer kennzeichnend ist. Einmalige Vorfälle oder Umstände, die für den Arbeitnehmer, seine Führung oder Leistung nicht charakteristisch sind, gehören nicht in das Zeugnis. Dem Arbeitnehmer kann mithin auch bei kleineren Auffälligkeiten oder einem einmaligen Fehlverhalten zu bescheinigen sein, dass sein Verhalten einwandfrei gewesen ist (Landesarbeitsgericht Hamm, 19. Kammer, Urteil vom 20.06.2006 - Aktenzeichen: 19 Sa 135/06
; BAG, Urteil vom 23. Juni 1960, AP Nr. 1 zu § 73 HGB; 21. Juni 2005, EzA § 109 GewO Nr. 4
). Nach der Rechtsprechung muss ein Anspruch auf Abänderung des Zeugnisses innerhalb von acht Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Gericht geltend gemacht werden, ansonsten ist der Anspruch wegen Zeitablaufs verwirkt (Hessisches Landesarbeitsgericht, 19. Kammer, Urteil vom 22.01.2007 - Aktenzeichen: 19/5 Sa 384/06
). Es kann sich in Ihrem Arbeitsvertrag oder einem abwendbaren Tarifvertrag ein sog. Ausschluss- und Verfallklausel befinden, wonach bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses Ansprüche (auch auf Zeugniserteilung) während einer kürzeren Frist schriftlich und/oder gerichtlich geltend gemacht werden müssen. (Dies gilt auch für einen Anspruch auf Lohnnachzahlung.)
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Carsten Neumann, Rechtsanwalt
Korrektur:
Es muss richtig heißen "anwendbarer" (nicht abwendbarer) Tarifvertrag (4./5. Zeile von unten).
Hier müssen Sie aufpassen: Es kommt in der Praxis häufig vor, dass an sich bestehende Ansprüche wegen Zeitablaufs nicht mehr durchgesetzt werden können, weil eine Ausschluss- und Verfallklausel übersehen wurde. Die üblichen Ausschlussfristen in Arbeits- und Tarifvertägen betragen ein bis drei Monate nach Fälligkeit des Anspruchs oder Beendigung des Arbeitsverhältnisses.