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Die Teilklage

| 27. Oktober 2011 23:32 |
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Erbrecht


Beantwortet von

Rechtsanwalt Mikael Varol

Die Frage zielt ab auf:
Kann eine Teilklage bereits auch dann geführt werden, wenn noch keine Auskunft zu den Aktiva und Passiva des Nachlasses bekannt sind?
Zur Prüfung und Beantwortung der Frage hier die Fakten:

1. Es ist Stufenklage erhoben worden.

2. Das Gericht hat den Anspruch auf ein Nachlassverzeichnis dem Pflichtteilsberechtigten zugesprochen.

3. Beide Nachlassverzeichnisse liegen allerdings noch nicht vor.

4.Zum Nachlass gehörte ein Miethaus, das 1994 an die Erben verschenkt wurde. Da der Erblasser sich ein Nießbrauch bei der Schenkung durch Eintrag im Grundbuch vorbehalten hat, hat das Gericht einen Pflichtteilsergänzungsanspruch dem Pflichtteilsberechtigten zugesprochen. Rechtskraft ist eingetreten.

5.Die vom Gericht geforderten Wert-Gutachten des Miethauses nach dem Niederstwertprinzip (Wert per Schenkungstag und Wert per Todestag) liegen vor und sind von den Erben anerkannt worden. Es liegt also über einen bestimmten Teil des Nachlasses Kenntnis vor. Der Wert kann durch Wert-Gutachten nach dem NWP beziffert werden. Eine Klageforderung könnte insoweit sowohl beziffert, m.E. auch begründet werden.

6.Das Gericht hat im Gerichtsprotokoll (NICHT IM URTEIL !) jedoch ausgeführt, dass eine Teilklage noch nicht in Frage käme, weil - ZITAT: „es fehlt an einer nachvollziehbaren Aufstellung, woraus sich die Aktiva und die Passiva des Nachlasses zusammensetzen".

Hier nun noch einmal nun die Frage mit der Bitte um Beantwortung:

Besteht jetzt bereits die Möglichkeit einer Teilklage auf Zahlung des festgestellten Wertes zum Miethaus, verbunden mit der Stufenklage bezüglich des restlichen Teils des Nachlasses (nach Vorlage der beiden Nachlassverzeichnisse)?

ODER:

Muss trotz des jetzt schon beziffer- und begründbaren Wertes der Immobilie die Erstellung des notariellen Nachlassverzeichnisses erst abgewartet werden.

Mit freundlichen Grüßen
Fred Müller
27.10.2011

Sehr geehrter Ratsuchender,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne beantworten darf.

Bitte beachten Sie, dass die nachstehenden Ausführungen lediglich eine erste rechtliche Einschätzung auf Grundlage Ihrer Angaben darstellen. Hierbei ist der Umfang meiner Beratung durch die gesetzlichen Vorgaben des § 4 RVG begrenzt.

Hat der Pflichtteilsberechtigte bereits über einen bestimmten Teil des Nachlasses und dessen Wert Kenntnis, so kann er bereits eine Teilklage auf den Mindestwert des Pflichtteils erheben und diese mit einer Stufenklage bezüglich des restlichen Teils verbinden.

Der Pflichtteilsberechtigte kann auch dann eine Teilklage auf den Mindestwert des Pflichtteils erheben und diese mit einer Stufenklage bezüglich des restlichen Teils verbinden, wenn er über einen bestimmten Teil des Nachlasses und dessen Wert Kenntnis hat, also noch nicht alle Aktiva und Passiva bekannt sind. Das OLG Hamburg (Urteil vom 22. 10. 1998 - 2 U 9/98 ) hat jedoch entschieden, dass ein Teilurteil über den Pflichtteilsanspruch dann zulässig ist, wenn zweifelsfrei geklärt ist, dass dem Pflichtteilsberechtigten ein Guthaben in bestimmter Höhe zusteht. Ähnlich hat das Brandenburgische Oberlandesgericht (Urteil vom 07.01.2004, Az. 13 U 25/03 ) entschieden.

Nach Ihren Schilderungen und des Zitates des Gerichts „es fehlt an einer nachvollziehbaren Aufstellung, woraus sich die Aktiva und die Passiva des Nachlasses zusammensetzen" ergibt sich, dass in Ihrem konkreten Fall ein Guthaben in bestimmter Höhe nicht ersichtlich ist, da offenbar nicht alle Aktiva und insbesondere Passiva bekannt sind. Etwas anderes käme dann in Betracht, wenn der Erbe, gegen den sich Ihr Anspruch als Pflichtteilsberechtigter richtet, selbst von einem Mindestanspruch bzw. von einem bestimmten Wert des Nachlasses ausgeht. Dies könnten Sie zur Grundlage Ihrer Klage auf Grund der oben zitierten Entscheidung machen.
Sollte solch eine Angabe fehlen, müssen Sie wohl oder übel auf die Nachlassverzeichnisse warten.
Daher ist eine Teilklage zum jetzigen Zeitpunkt mangels Kenntnis eines Mindestwertes nicht erfolgversprechend. Daran ändert meines Erachtens nichts, dass das Wertgutachten des Mietshauses vorliegt und die Erben das Gutachten anerkannt haben. Denn was sie vermutlich nicht anerkannt haben ist, dass damit der Nachlass einen bestimmten Wert hat.


Ich hoffe, dass ich Ihnen in dieser Sache einen ersten hilfreichen Überblick verschaffen konnte. Ich weise Sie darauf hin, dass Ihre Frage ausschließlich auf Grundlage Ihrer Schilderung beantwortet wurde und eine endgültige Einschätzung der Rechtslage nur nach umfassender Sachverhaltsermittlung möglich ist. Die Antwort dient einer ersten rechtlichen Einschätzung. Dies kann jedoch eine persönliche und ausführliche Beratung durch einen Rechtsanwalt in den seltensten Fällen ersetzen. Ich weise Sie zudem darauf hin, dass das Weglassen oder Hinzufügen weiterer Sachverhaltsangaben möglicherweise zu einer anderen rechtlichen Beurteilung führen kann.

Bei eventuellen Unklarheiten nutzen Sie bitte die kostenlose Nachfragefunktion.

Rückfrage vom Fragesteller 28. Oktober 2011 | 11:26

Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt,

vielen Dank für Ihre Auskunft.

Grundsätzlich sind die Möglichkeiten einer Teilklage von Ihnen verständlich gemacht worden.

Das mir freundlicherweise benannte Urteil des OLG Hamburg (Urteil vom 22.10.1998 -2 U 9/98 ) war im Gegensatz zum zweiten Link (OLG Brandenburg) leider nicht im Internet auffindbar - auch nicht über den hierzu aktiven Link in Ihrer Antwort. Der Link führte nicht zum Ziel.

Vielleicht ist es Ihnen möglich mir hierzu einen anderen Link bekannt zugeben.

Zu Ihren Ausführungen hinsichtlich des Gerichtszitates: „es fehlt an einer nachvollziehbaren Aufstellung, woraus sich die Aktiva und die Passiva des Nachlasses zusammensetzen" und Ihrer Schlussfolgerung: "… ergibt sich in Ihrem konkreten Fall ein Guthaben in bestimmter Höhe nicht ersichtlich ist, da offenbar nicht alle Aktiva und insbesondere Passiva bekannt sind" muss ich konkretisieren:

1.
Als das Gericht dies feststellte und im Protokoll vorstehenden Satz niederschrieb,lag nur das Wertgutachten der Immobilie per Todestag vor. Das Gutachten per Schenkungstag wurde erst später erstellt. Also war der Wert nach meinem Verständnis zu diesem Zeitpunkt auch noch nicht beziffer- und begründbar.

Aktuell liegen nach dem Niederstwertprinzip nunmehr beide Wertgutachten vor. Streit hierüber gibt es nicht. Die Immobilie ist von den beiden Erben zwischenzeitlich verkauft worden, (innerhalb der 5 Jahresfrist nach Erbanfall).

Im notariellen Kaufvertrag haben beide Erben den 25%-igen Pflichtteilsergänzungsanspruch als Sicherheit für den Pflichtteilsberechtigten auf einem Notarkonto hinterlegt. (Der Betrag entspricht ca. dem 25%gen Wert des Gutachterwertes nach Niederstwert).

2.
Beide Erben behaupten, dass der Nachlass lediglich aus "Hemd und Hose" bestand. Weder Aktiva noch Passiva wären angeblich vorhanden, obwohl das Miethaus bis zum Todestag des Erblasser (Empfänger der Früchte aus seinem eingetragenem Nießbrauchrecht) jährliche Mieteinnahmen von ca. 50.000 lt. Steurerklärung und Gutachten festgestellt wurden.

Frage:

A.
Unter Würdigung der Sachverhalte in Ziffer 1 und Ziffer 2 stellt sich nun die Frage, ob Ihr Hinweis:

("Etwas anderes käme dann in Betracht, wenn der Erbe, gegen den sich Ihr Anspruch als Pflichtteilsberechtigter richtet, selbst von einem Mindestanspruch bzw. von einem bestimmten Wert des Nachlasses ausgeht")
als Möglichkeit gewertet werden kann, dass die Teilklage rechtlich zulässig ist, also vor Erstellung der ausgeurteilten notariellen Nachlassverzeichnisse ?


B.
Trifft in Anbetracht der Sachverhalte in Ziffer 1 und 2 noch Ihr Hinweis zu:

("Der Pflichtteilsberechtigte kann auch dann eine Teilklage auf den Mindestwert des Pflichtteils erheben und diese mit einer Stufenklage bezüglich des restlichen Teils verbinden, wenn er über einen bestimmten Teil des Nachlasses und dessen Wert Kenntnis hat, also noch nicht alle Aktiva und Passiva bekannt sind)" ?

Nach meinem Verständnis liegt doch eigentlich durch den unbestrittener Wert der Immobilie Kenntnis über einen bestimmten Teil des Nachlasses vor. Der 25%-ige Pflichtteils-ergänzungsanspruch (die Höhe entspricht in etwa dem festgestellten Gutachterwert) auf dem Notarkonto kann doch m.E. nicht so lange dort festgehalten werden, bis irgendwann die notariellen Nachlassverzeichnisse erstellt wurden.

Wenn dem so wäre, wäre eine Teilklage sinnlos, da nach dem Eingang der Nachlassverzeichnisse der Übergang zur dritten Stufe sich die Zahlung des sich aus dem Nachlasswert und der Pflichtteilquote ohnehin ergeben würde.

Zu berücksichtigen wäre u.U. noch, dass die beiden Erben den sonstigen Nachlass defacto über ihre Anwälte mit Null beschrieben haben und Passiva bisher nicht behauptet wurden und, dass durch die gerichtlich zugesprochen Nachlassverzeichnisse (Kammergerichtsurteile) wegen der jährlichen Mieteinnahmen des Erblasser von ca. 50.000 Euro u.U. noch erhebliche Aktiva zum Todestag auftauchen (spätestens bei Abgabe einer Eidesstattlichen Versicherung).

Vielen Dank im Voraus!
Mit freundlichen Grüßen
Fred Müller

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 28. Oktober 2011 | 13:27

Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Nachfrage möchte ich wie folgt beantworten.

Sie tragen selbst vor, dass „Beide Erben behaupten, dass der Nachlass lediglich aus "Hemd und Hose" bestand." sowie, dass weder Aktiva noch Passiva vorhanden wären. Bedenken Sie bitte, dass trotz des „unbestrittenen" Wertes der Immobilie dies nichts darüber aussagt, ob Ihnen ein Mindestbetrag zusteht. Das ist es, worauf es in den oben zitierten Entscheidungen ankommt.


Läge man diese Aussagen und den auf dem Notaranderkonto hinterlegten Betrag in Höhe von 25% aus dem Erlös zu Grunde, könnte man daran denken, dass hier ein Mindestbetrag existiert. Ihr Gedanke ist, dass auf Grund der oben genannten Behauptungen und des Geldes auf dem Anderkonto bereits ein Mindestbetrag existiert, und zwar nach den eigenen Angaben der Erben. Es ist jedoch keine ausdrückliche Aussage darüber ersichtlich, dass die Erben davon ausgehen, dass Ihnen mindestens die Summe auf dem Anderkonto zusteht, jedoch ist Raum für solch eine Auslegung. Nach Ihren Angaben wäre hier lediglich mit einer Erhöhung des Anspruchs wegen der Mieteinnahmen zu erwarten. Das Gericht sieht in Ihrem Fall offenbar noch Raum für Passiva. Schließlich hat ein Mietshaus nicht nur Mieteinnahmen, sondern auch Ausgaben (Versicherungen, Grundsteuer etc). Daher stellt sich das Gericht in Ihrem Fall auf den Standpunkt, dass eine Teilklage noch nicht in Betracht käme.

Sollten die Erben bereits in einem laufenden Prozess dem Gericht gegenüber diese Angaben gemacht haben ("Hemd und Hose" „Aktiva und Passiva mit Null") könnte eine Teilklage zulässig sein, da der Anspruch bezifferbar ist.

Eine Teilklage wäre in diesem Fall nicht sinnlos, da Ihnen der Mindestbetrag zugesprochen werden würde, und im Übrigen die Stufenklage fortgeführt wird (Mieteinnahmen etc).

Allerdings muss ich Ihnen aus anwaltlicher Vorsicht und in Anbetracht des Kostenrisikos, zumal mir nicht alle Aussagen und Dokumente vorliegen, raten, zunächst auf die Nachlassverzeichnisse zu warten und zum jetzigen Zeitpunkt von einer Teilklage abzusehen.

Sollten Sie es wünschen, kann ich im Rahmen einer gesonderten Beauftragung mich gerne mit Ihrem Fall ausführlich befassen und Ihnen genauere Auskünfte geben, ob eine Teilklage unter Berücksichtigung aller vorhandenen Dokumente und nach umfassender Sachverhaltsanalyse erfolgversprechend ist.

Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass hier eine abschließende Beurteilung nicht möglich ist.


Mit freundlichen Grüßen

Mikael Varol
Rechtsanwalt

Kurfürstendamm 125a
10711 Berlin

Tel.: 030 / 890 40 17
Fax: 030 / 890 40 29

E-Mail: info@rechtsanwalt-varol.de
Internet: www.rechtsanwalt-varol.de

Bewertung des Fragestellers 28. Oktober 2011 | 14:28

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Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt,

vielen Dank für Ihre Auskünfte.

Insbesondere der Hinweis auf das Kostenrisiko war überzeugend.
Schon deshalb weil meine bisherigen Erfahrungen mit dem Landgericht erschreckend waren. Das Kammergericht, das schließlich alles zurecht rückte, entschuldigte sich sogar persönlich für die nicht nachvollziehbare Entscheidung des LG.

Vor Gericht und auf hoher See ..........

Für einen Hinweis wie ich an das OLG Hamburg (Urteil vom 22.10.2011) gelange, (Ihr Link war leider ergebnislos) würde ich mich freuen.

Mit freundlichen Grüßen
Fred Müller

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