Sehr geehrter Ratsuchender,
1.Gemäß § 2315 BGB
hat sich der Pflichtteilsberechtigte dasjenige auf den Anteil anrechnen zu lassen, was er zu Lebzeiten des Erblassers von diesem durch Schenkung erhalten hat, sofern die Schenkung mit der Bestimmung erfolgte, dass sie auf den Pflichtteil anzurechnen ist. Zunächst müssten Sie also anhand der Schenkungsurkunde ermitteln, ob die Anrechnung von Ihrem Vater zum Zeitpunkt der Schenkung überhaupt gewollt war. Ist das nicht der Fall, wäre die Schenkung nicht anzurechnen und der Pflichtteil anhand des vorhandenen Nachlasses zum Zeitpunkt des Todes zu erreichnen.
2.Ist die Schenkung anzurechnen, gilt das Niedestwertprinzip. Das Niederstwertprinzip ist bei der Bewertung von Schenkungen an Erben und Dritte anzuwenden. Es ordnet an, dass nicht verbrauchbare Gegenstände wie etwa Grundstücke zu zwei unterschiedlichen Stichtagen bewertet werden. Der Wert der Schenkung ist sowohl für den Zeitpunkt der Vornahme der Schenkung als auch zum Tag des Erbfalls zu ermitteln. Maßgeblich für die Pflichtteilsberechnungen ist sodann der niedrigere der beiden ermittelten Werte.
3.Wichtig ist hierbei, dass der Wert, den der Gegenstand zum Zeitpunkt der Schenkung hatte, auf den Todestag indiziert wird, d.h. ein Aufschlag für eingetretenen Kaufkraftschwund stattfindet.
4.Nun zu der Frage der Bewertung zum Zeitpunkt der Schenkung: normalerweise wird bei einer Schenkung von Grundstücken vorab ein Gutachten erstellt. In Ihrem Fall ist das offenbar nicht geschehen. Wenn das Grundstück zum Zeitpunkt der Schenkung tatsächlich weniger Wert war, als in der notariellen Urkunde vermerkt, kann sich daraus eine Haftung des Notars ergeben, wenn dieser bei der Bewertung schuldhaft verhalten hat. Nach Ihrer Schilderung sind dafür Anhaltspunkte vorhanden, da Sie geschildert haben, dass das Grundstück eigentlich Gartenland war, der Notar aber von Baugrund ausgegangen ist. Jedoch müssten Sie nachweisen, dass der Notar hier von falschen Voraussetzungen ausgegangen ist. Da Sie aber nun erstritten haben, dass der Grund nun anscheinend doch als Bauland eingestuft wurde, war die Einschätzung des Notars jedenfalls nicht auf den ersten Blick falsch.
5.Eine weitere Problematik ist die Verjährung von Ansprüchen gegen den Notar. Dazu folgender Leitsatz des Bundesgerichtshofs: Haftet der Notar wegen einer von ihm verschuldeten unklaren Vertragsgestaltung, so beginnt die Verjährung grundsätzlich mit Kenntnis vom Schaden und von der Person des Ersatzpflichtigen. Dafür reicht es im allgemeinen aus, wenn der Geschädigte auf der Grundlage der ihm bekannten Tatsachen zumindest eine aussichtsreiche, wenn auch nicht risikolose Feststellungsklage erheben kann (BGHZ 102, 246
, 248).
6.Da Sie nun Bauland erstritten haben, ist der Grund voraussichtlich mehr wert, als zum Zeitpunkt der Schenkung ermittelt. Um Schadensersatzansprüche gegen den Notar prüfen zu können, müsste also zunächst der gesamte Sachverhalt ermittelt werden. Sollte sich danach ein Verschulden des Notars ergeben, muss geprüft werden, ab wann Ihnen die Kenntnis des Fehlers angerechnet wird und wie sich danach die Verjährung berechnet.
Ich hoffe, diese Ausführungen haben Ihnen bei Ihrem rechtlichen Problem weitergeholfen.
Für eine weitere Beratung stehe ich Ihnen selbstverständlich zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Nina Heussen
Rechtsanwältin
Diep, Rösch & Collegen
Fürstenstraße 3
80333 München
Tel: (089) 89 33 73 11 / (089) 45 75 89 50
info@anwaeltin-heussen.de
Abschließend darf ich mir erlauben, noch auf Folgendes hinzuweisen:
Meine Auskunft bezieht sich nur auf die Informationen, die mir zur Verfügung stehen. Eine umfassende Sachverhaltsermittlung ist für eine verbindliche Einschätzung unerlässlich. Diese Leistung kann im Rahmen der Online-Beratung nicht erbracht werden.
Darüber hinaus können eine Reihe weiterer Tatsachen von Bedeutung sein, die zu einem anderen Ergebnis führen. Bestimmte Rechtsfragen wie z. B. die Frage der Verjährung oder von Rückgriffsansprüchen gegenüber Dritten etc., können mit dieser Auskunft nicht abschließend geklärt werden, da es hier auf die Details im Einzelfall ankommt. Ferner sind verbindliche Empfehlungen darüber, wie Sie Ihre Rechte durchsetzen können, nur im Rahmen einer Mandatserteilung möglich.
Diese Antwort ist vom 10.02.2007 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Antwort
vonRechtsanwältin Nina Marx
Heinrich-Brüne-Weg 4
82234 Weßling
Tel: 08153 8875319
Web: http://www.anwaeltin-heussen.de
E-Mail:
Hallo Frau Heussen,
vielen Dank für die schnelle Beantwortung meiner Fragen!!
Eine Nachfrage bitte:
Das Grundstück befindet sich auch heute noch in einem Gewerbegebiet, durch meine Klage habe ich nur eine Sonderbaugenehmigung wegen Insellage bekommen!! Habe ich keine Chance den wahren Wert durch die Stadt (Gutachterausschuss für Grundstückswerte) klären zu lassen, wie gesagt das Grundstück damals (nicht erschlossen, Gartenland, Wohnbebauung nicht zulässig) ist heute zwar bebaut aber es liegt noch immer im Gewerbegebiet und hätte ich nicht bis ende 2005 einen Bauantrag gestellt, wäre es Gartenland (Gewerbegebiet) geblieben und eine Bebauung wäre wieder nicht mehr möglich gewesen. Selbst zum heutigen Zeitpunkt, wäre das Grundstück in dieser Lage, wenn es sich um Wohnbauland handeln würde, laut Gutachterausschuss, nicht so viel Wert wie es in diesem Notarvertrag steht!!
Wichtig: Kann sich der gegnerische Anwalt nur auf Grund des Notarvertrages, auf den viel zu hohen falschen Grundstückswert berufen obwohl das Grundstück zu keiner Zeit einen solchen Wert hatte!!
Wie gesagt mein Vater hatte 1999 selber ein Teil seiner Grundstücks für 30,-DM verkauft und das nachdem er beim Grundstücksamt nachgefragt hat!!
Sehr geehrter Ratsuchender,
nach Ihrer Schilderung besteht durchaus eine Chance auf Neubewertung des Grundstücks zum Zeitpunkt der Schenkung. Wie die Erfolgsaussichten sind, kann ich nur beantworten, wenn der gesamte Sachverhalt ermittelt ist. Das ist im Rahmen dieses Forums und der wenigen Informationen nicht möglich. Es sieht so aus, als wäre die Bewertung falsch vorgenommen worden. Jedoch hat nun auch die Gegenseite Argumente, warum die Bewertung richtig war (Sondergenehmigung).
Der Notarvertrag gibt eine gute Grundlage, auf die sich der gegn. Ra stützen kann. Sie müssen nun mit Hilfe unserer Kanzlei oder eines Kollegen Ihre Chancen prüfen lassen und dann die entsprechenden Maßnahmen ergreifen.
Gerne vertreten wir Sie in dieser Angelegenheit.
Mit freundlichen Grüßen
Nina Heussen
Rechtsanwältin