Sehr geehrte Fragestellerin,
Vielen Dank für die eingestellte Frage. Diese möchte ich aufgrund ihrer Sachverhaltsangaben und in Ansehung des Einsatzes wie folgt beantworten.
Nach § 23 HGB
ist der Erwerb einer Firma ohne das Handelsgeschäft, für welches sie geführt wird unzulässig. Eine Veräußerung liegt vor, wenn das Handlungsgeschäft im Großen und Ganzen übertragen wird, also der Unternehmenskern übertragen wird. Erfasst ist in § 23 HGB
auch nicht nur die Veräußerung im Rechtssinn, sondern z.B. auch eine isolierte Lizensierung (BGH 122, 71
; NJW 91, 1354).
Damit will der Gesetzgeber und auch die herrschende Rechtsprechung zu Gunsten des Kunden verhindern, dass sich der Erwerber nur die Rosinen aus dem bestehenden zu übertragenden Handelsgeschäft herauspickt und die Verpflichtungen aus dem Handelsgeschäft im Zweifel untergehen würden.
Zu Ihren Fragen 1 und 2) In unserer auch heutigen Markenorientierten Welt in der Kunden sich an Markennamen, Bildmarken (Logo) und auch wieder auffindbaren Internetdomains orientieren kann sich dadurch schon der wesentliche Kern eines Handelsgeschäftes ausmachen. So dass auch ohne Übernahme der sonstigen Betriebsmittel des zu übernehmenden Handelsgewerbes hier schon der das Handelsgewerbe/Firma wesentlich ausmachende Teil begriffen werden kann.
3) Sofern Sie die Firma/das Handelsgewerbe gemäß § 25 HGB
erwerben (wie gesagt ein Geschäft, das darauf abzielt nur die Vorteile der Firma ohne das dazugehörige Handelsgewerbe zu übertragen ist nach § 23 HGB
nichtig) sind Sie auch in der Haftung gegenüber Gläubigern des Handelsgewerbes für die Zeit vor dem Erwerb.
Ein kleiner Wermutstropfen sei hier genannt, die Verjährung dahingehend beträgt im vertraglichen als deliktischen Bereich regelmäßig 3 Jahre, so dass in Bezug auf die Mithaftung des bisherigen Inhabers innerhalb von 5 Jahren der überwiegende Großteil möglicher Haftungsfälle erledigt sein sollten. Außerdem können Sie hier auch in dem Übernahme/Kaufvertrag des Handelsgewerbes entsprechende Haftungsklauseln für das Haftungsverhältnis solcher Altfälle einarbeiten. So findet der Nachteil der eventuellen Haftung für Altlasten sein Gleichgeweicht in dem Vorteil des bereits bestehenden am Markt etablierten Unternehmens mit bekanntem Markennamen, Internetdomain und Logo einen gewissen Ausgleich.
4) Nein, im Grunde nicht. Hier gewinnt der eventuelle Gläubiger der Gesellschaft nur noch einen möglichen Anspruchsgegner, nämlich den Zwischenerwerber, zusätzlich hinzu. In dieser Konstellation haben Sie ggf. den Nachteil, dass Ihnen die Regelungsmöglichkeit in einem Übernahmevertrag und die Einflussmöglichkeit auf die Preisgestaltung fehlten.
Im Rahmen der Preisgestaltung sollte durchaus die Möglichkeit der Inanspruchnahme durch „alte" Gläubiger des zu übernehmenden Handelsgewerbes Niederschlag finden.
Leider ist es mir nicht möglich, Ihnen günstigere Antwort zu Ihrem geschilderten Sachverhalt zu übermitteln. Eine etwas andere Sachverhaltsgestaltung kann hier aber zu durchaus anderen Ergebnissen führen.
Maßgebliche gesetzliche Vorschrift zu diesem Thema ist § 25 HGB
. Aber auch die §§ 22 bis 28 enthalten dazu wesentliche Rechtsgedanken.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Andreas Wehle, Rechtsanwalt
Antwort
vonRechtsanwalt Andreas Wehle
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Rechtsanwalt Andreas Wehle
Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt Wehle,
vielen Dank für die Ausführungen, die sehr präzise sind.
Lassen Sie uns noch eine Frage ergänzen:
1. Als kleinen Wehrmutstropfen für unsere Risikobegrenzung führen Sie die Verjährung von 3 Jahren an und teilen gleichzeitig eine Frist von 5 Jahren mit. Wir verstehen das nicht. Wir bitten Sie dies mit einem Beispiel zu verdeutlichen.
2. Die Kommanditgesellschaft hat zwar Rückstellungen in Ihren Bilanzen eingestellt, die aber nach unseren Berechnungen bei weitem nicht ausreichen. Gäbe es da die Möglichkeit im Rahmen eines Insolvenzverfahrens die von uns gewünschten Werte und Rechte vom Insolvenzverwalter zu erwerben und das Haftungsrisiko auszuschließen?
Sehr geehrter Fragesteller,
gern beantworte ich Ihnen die aufgeworfenen Nachfragen.
Zu 1) Ich beginne hier gleich einmal mit einem Beispiel.
Der Geschäftsveräußerer (GV) hat bei einem Dritten D eine Vase zerstört, die Haustür beschädigt oder ist seinen vertraglichen Verpflichtungen nicht ordnungsgemäß nachgekommen, so dass dadurch dem Dritten ein Schaden entstanden ist. Diese Regress- oder Schadensersatzansprüche unterliegen der regelmäßigen Verjährung.
Diese beträgt nach § 195 BGB
regelmäßig 3 Jahre, die Frist beginnt mit Beendigung des Jahres an zu laufen in dem der Anspruch entstanden ist. Wenn also das schädigende bzw. den Schadensersatzanspruch begründende Ereignis am 18.04.2013 stattfand, beginnt die 3 jährige Verjährungsfrist am 01.01.2014 und endet somit mit Ablauf des 31.12.2017 um 23.59 Uhr.
So Sie den in diesem Fall das Geschäft am 01.10.2013 übernehmen, können Sie ja nicht dafür, dass der GV am 18.04.2013 einen Schaden verursacht hat, dennoch werden Sie nach § 25 HGB
Mitschuldner allein wegen des Umstandes der Geschäftsübernahme. Sie können aber den GV innerhalb von 5 Jahren seit der Geschäftsübernahme am 01.10.2013 selbst in Regress nehmen.
Einziges Risiko hier dass der GV vermögenslos wird oder das Land verlässt, so dass Sie Ihren Anspruch nicht durchsetzen können. Sollte der D jedoch erst am 18.04.2018 mit seinem Anspruch auf Schadensersatz kommen, können Sie die Einrede der Verjährung erheben, trotz dass GV noch in Regress genommen werden könnte da die 5 Jahre der Nachhaftung noch nicht um sind.
2. Hier bin ich leider nur in der Lage eine vielleicht hilfreiche Richtung anzugeben, das Insolvenzrecht gehört leider nicht zu meinen Schwerpunkt- und Interessensgebieten, so dass ich hier nicht befähigt genug bin, um Ihnen in allen aufkommenden Fragen Rede und Antwort stehen zu können. Ich bitte daher dies zu entschuldigen.
Bei einer Insolvenz bestehen zahlreiche Möglichkeiten an die „Schätze" eines Unternehmens heranzukommen ohne sich mit den „Altlasten" herumschlagen zu müssen. Aber auch hier gibt es gewisse Grenzen. Ob die von Ihnen begehrten Assets wie Logo, Firmenname und Internetdomain dazugehören vermag ich jedoch nicht einzuschätzen.
Hier möchte ich Sie bitten sich an einen Kollegen mit der Expertise auf dem Gebiet des Insolvenzrechts zu wenden.
Mit freundlichen Grüßen
Andreas Wehle
Rechtsanwalt /Aachen