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Arbeitsrecht - Nachteilige fehlerhafte Zeiterfasungssysteme

8. April 2015 22:37 |
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Arbeitsrecht


Beantwortet von

Rechtsanwalt C. Norbert Neumann

Zusammenfassung

Für die korrekte Erfassung und Abrechnung der Arbeitszeit eines Arbeitnehmers ist der nominelle, im Arbeitsvertrag bezeichnete Arbeitnehmer verantwortlich, nicht jedoch ein hinter ihm stehender Mutter-Konzern.

8. April 2015
Guten Abend, to Whom it may concern …

Ich arbeite als Fachwissenschaftler in geregelter Teilzeit für ein nominell eigenständiges Entwicklungsunternehmen, dessen einer von drei Mutterkonzernen verwaltungstechnisch die Gehaltsabrechnung und auch die Zeiterfassung als nominelle Dienstleistung erbringen soll.

Das Zeiterfassungssystem des Mutterkonzerns hat nachhaltige Schwierigkeiten, mein Arbeitszeitmodell in dem offensichtlich veralteten und mutmasslich unprofessionell verwalteten Zeiterfassungssystem abzubilden. Ich bin wegen Schwerstbehinderung meines minderjährigen Sohnes Teilzeitbeschäftigter mit 32 Wochenstunden und 4 Tagen (Mo.-Do.) Anwesenheitspflicht im mittelständisch geprägten Unternehmen (8hrs/Tag).

Das Zeiterfassungssystem ist nach Angaben des Mutterkonzerns angeblich nicht in der Lage, mir ausserhalb der regulären Arbeitszeit geleistete Arbeitsstunden (Freitags) gutzuschreiben, obwohl solche (1) insbesondere auf Anforderung der anderen weisungsberechtigten Mutterkonzerne häufiger anfallen und (2) durch meine EDV-Anwesenheitsmeldung ohnehin regulär im Zeiterfassungssystem nachweisslich erfasst werden.

Es kommt häufiger vor, dass die Personalabteilung die daher notwendige nachträgliche manuelle Gutschrift von nachweislich geleisteten Arbeitsstunden verweigert, ohne Begründung und ohne vorherige Ankündigung oder Belehrung über ggf. geänderte betriebliche Regelungen. Nach meiner Einschätzung liegt das in erster Linie an unprofessioneller und inkompetenter Handhabung des Zeiterfassungssystems.

Zusätzlich kommt es vor, dass teilweise über Monate nachweislich falsche Angaben über verbleibende Urlaubsansprüche als scheinbare Information für mich als Mitarbeiter im Zeiterfassungssystem ausgewiesen werden, die dann plötzlich ohne Benachrichtigung oder Ankündigung zu meinem Nachteil gelöscht werden.

Auf diese Weise ist es für mich als Mitarbeiter praktisch unmöglich, die nominell geforderte Selbstkontrolle meines Arbeitszeitkontos zu leisten. Es ist bereits vorgekommen, dass ich bewusst angesparte Resturlaubsansprüche oder Überstundenkontingente, die ich zur unvorhergesehenen Versorgung meines Sohnes (Krankenhausbegleitung) vorhalten wollte, so verloren habe.
Zu Beginn dieses Jahres sind mit so konkret fünf Tage in 2014 monatelang ausgewiesener Resturlaub ohne Begründung, Benachrichtigung oder „Verhandlungsangebot" gestrichen worden.

Ich habe daraufhin die Geschäftsleitung meiner eigenen Entwicklungsfirma gebeten, die Formalia direkt für mich zu klären und gerade zu ziehen und will dem Nachdruck verleihen.

Meine Fragen:
1
Wer ist direkt rechtlich verantwortlich für die korrekte Abbildung und Bedienung meines Arbeitszeitmodells im im Unternehmen laufenden Zeiterfassungs- und Abrechnungssystem?
2
Bin ich rechtlich „safe" wenn ich mir demonstrativ einfordere, dass meine nachweislich gebuchten, d.h. eindeutig dokumentierten Arbeitsstunden auch notfalls manuell zur Anrechnung geführt werden?
3
Darf die Personalabteilung des Mutterkonzerns eigenmächtig, rückwirkend, ohne Ankündigung oder Benachrichtigung, vormals zugeteilten ausgewiesenen Urlaub löschen oder eigenmächtig rückwirkend Bearbeitungssperrfristen für die Nachpflege (ohnehin im System gebuchter) Arbeitsstunden aussprechen?
4
Wenn, wie ich vermute, das absurd wäre: Auf welcher Rechtsgrundlage fordere ich mir die Rückgängigmachung dieser Maßnahmen wem gegenüber ein?

In meinem Fall geht es immerhin um fast 3 Tage Überstunden und 5 Tage nachträglich zu Lasten meines diesjährigen Jahresurlaubs abgezogenen Urlaubstagen, die auf nachweislich ursprünglicher Fehlbedienung des Zeiterfassungssystems durch die Personalabteilung zurückzuführen ist.
Das ist kein großer geldwerter Betrag aber für mich dringend benötigte Lebens- und Dispositionszeit, die ich zu unvorhertgesehenen Pflegeeinsätzen für meinen behinderten Sohn dringend brauchen kann.

Es geht mir als Wissenschaftler dabei in erster Linie darum, der mir so erscheinenden selbstgerechten und desinteressierten Haltung von Geschäftsleitung und Personalabteilung (wir sind ja hoffentlich nicht mehr im Feudalstaat) paroli zu bieten und mich zu munitionieren für die In-Aussicht-Stellung der öffentlichen Kommunizierung dieser Peinlichkeiten.

Wahrscheinlich reich aber eine kürzere prägnannte rechtliche Richtigstellung durch einen Rechtsanwalt (ich wünsche mir ein kurzes „Minigutachten"), um einen als „feudal und opportunistisch" empfundenen Personalchef ein wenig „in die Spur" zurückzuleiten.

5
Eine grundsätzliche kurze juristische Stellungnahme mit Benennung der abrechnungstechnischen Sorgfalts-Pflichten eines Arbeitgebers sollte dazu zunächst ausreichen.

Die pragmatische Bearbeitung dieses Anliegens wäre mir spontan 100 bis 120,- € wert.


Dr. Franz Peter Schröder
Geophysiker und Meteorologe
Seniorwissenschaftler Aerosolmesstechnik und Funktechnologie

82054 Sauerlach
Büro: 089 748950 175
derschroederfranz@t-online.de

Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

Frage 1:

das "nominell eigenständige Entwicklungsunternehmen", mit dem Sie Ihren Arbeitsvertrag haben

Frage 2:

Ja, Sie haben Anspruch auf Bezahlung der geleisteten Arbeitszeit gemäß Ihrem Arbeitsvertrag

Frage 3:

nein - die Haftung für diese Eingriffe trifft im Verhältnis Ihnen gegenüber jedoch nicht den Mutterkonzern, sondern Ihren "nominellen" Arbeitgeber

Frage 4:

Rechtsgrundlage ist § 611 Abs. 1 , 2. Halbsatz BGB. Nach dieser Vorschrift ist der Arbeitgeber verpflichtet, Ihnen die vereinbarte Vergütung für Ihre Dienste zu zahlen. Durch die Eingriffe in das Zeiterfassungssystem wird Ihr Vergütungsanspruch aus dem Arbeitsvertrag unzulässig geschmälert. Anspruchsgegner ist auch hier Ihr nomineller Arbeitgeber. Dabei geht Ihr Anspruch auf eine korrekte Zeiterfassung. Wie Ihr Arbeitgeber dies bewerkstelligt,ist seine Sache. Sie haben keinen Anspruch auf eine ganz bestimmte Zeiterfassung - es sei denn, dies ist im Arbeitsvertrag ausdrücklich festgelegt. Ist dies nicht der Fall, kann der Arbeitgeber die Zeiterfassung nach billigem Ermessen bestimmen - entscheidend ist, dass sie zutreffende Ergebnisse liefert. Theoretisch kann Ihr Arbeitgeber auch auf die "gute, alte" Stechkarte zurückgreifen.

Frage 5:

Gern bin ich bereit, Ihnen eine kurze juristische Stellungnahme mit Benennung der abrechnungstechnischen Sorgfalts-Pflichten eines Arbeitgebers auf der Basis Ihres Honorar-Angebots zu erstellen.

Bitte teilen Sie mir - ggfs. über die kostenlose Nachfrage-Funktion oder an meine auf meinem Profil angegebene E-Mail-Anschrift - mit, ob ich zu diesem Zweck Ihren Arbeitgeber direkt anschreiben soll, oder ob Sie lediglich im Innenverhältnis die Ausarbeitung eines Entwurfs für eine Stellungnahme wünschen, die Sie dann selbst bei Ihrem Arbeitgeber einreichen wollen.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen

Rückfrage vom Fragesteller 10. April 2015 | 23:13

Sehr geehrter Fachanwalt,

ich wünsche mir eine kurze partielle Präzisierung:

Zu Fragen 2/3:

Die Bezahlung ist eher sekundär. Es geht darum, dass die eingebuchte Arbeitszeit in Q4/2014 gutgeschrieben wird auf dem Arbeitszeitkonto, d.h. anerkannt wird. Hier besteht eine Weigerung ohne Begündung und vor allem ohne irgendwelche bekannte oder bekanntgemachte
Verfallsfristen.
Desgleichen mit 5 Tagen ausgewiesenem Urlaubsanspruch in 2014, der zwar möglicherweise fälschlich gewährt wurde, aber nun in 2015 kommentarlos von meinem diesjärigen Urlaub abgezogen wurde. Die ursprünglichen Fehler bei der letztjärigen Zuweisung sind durch den Arbeitgeber sogar eingeräumt worden.

Sind beide oder eine einzelne dieser Handlungen mir gegenüber rechtswidrig auch wenn mein direkter Arbeitgeber sie ausdrücklich deckt?


Danke und Gruß


Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 11. April 2015 | 01:06

Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Nachfragen möchte ich wie folgt beantworten:

1.

Sie können nach Ihrem Arbeitsvertrag von Ihrem Arbeitgeber eine Vergütung für die von Ihnen tatsächlich erbrachte Arbeitszeit beanspruchen.

Die Einbuchungen in das Zeiterfassungssystem stellen lediglich ein Hilfsmittel dar, um die Arbeitszeit zu ermitteln. Bei fehlerhaft erfolgten Zuviel-Buchungen besteht daher für den Arbeitgeber die Möglichkeit einer anpassenden Korrektur.

Das Bundes-Arbeitsgericht hat entschieden, dass nicht einmal eine Lohnabrechnung des Arbeitgebers für diesen ein bindendes Schuldanerkenntnis darstellt (Urteil vom 8. November 1983 – 3 AZR 511/81 – AP Nr. 3 zu § 2 BetrAVG). Ein Zeiterfassungssystem, das Lohnabrechnungen nur vorbereiten soll, hat dann erst recht nicht die Wirkung eines bindenden Anerkenntnisses.

Im Falle einer Lohnklage vor dem Arbeitsgericht müsste Ihr Arbeitgeber allerdings die Berechtigung der von ihm vorgenommenen Lohnkürzungen darlegen und beweisen.

2.

Eine "Verrechnung" durch den Arbeitgeber von irrtümlich zu viel gewährten Urlaub im Vorjahr gegen Urlaubsanspruch im laufenden Jahr ist unzulässig.

Unter den Arbeitsjuristen ist allerdings umstritten, ob der Arbeitgeber in diesem Fall einen Anspruch auf Rückzahlung des gezahlten Urlaubsentgelts für den zu viel gewährten Urlaub hat. Es wird die Ansicht vertreten, dass der Arbeitgeber für den zu viel gewährten Urlaub die Herausgabe von Wertersatz in Geld nach Bereicherungsrecht (§§ 812 Abs. 1 , 818 Abs. 2 BGB ) vom Arbeitnehmer verlangen kann. Mit einem solchen Anspruch könnte der Arbeitgeber gegen laufende pfändbare Lohnzahlungsansprüche des Arbeitnehmers aufrechnen.

(vgl. http://www.experto.de/b2b/recht/arbeitsrecht/zu-viel-urlaub-gewaehrt-welche-handlungsmoeglichkeiten-hat-der-arbeitgeber.html
- dort: Zu viel gewährter Urlaub im ungekündigten Arbeitsverhältnis)

Nach anderer Auffassung darf zu viel gewährter Urlaub auch nicht in Form von Geld (Wertersatz)zurückverlangt werden.

(vgl.
http://www.rechtsrat.ws/lexikon/urlaub.htm
- dort: zu viel Urlaub - was nun?)

Mit freundlichen Grüßen,
Carsten Neumann
Rechtsanwalt

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