Sehr geehrte Fragestellerin,
zunächst einmal vielen Dank für Ihre Anfrage. Diese möchte ich auf Grundlage Ihrer Angaben gerne beantworten und dabei wegen der Differenziertheit des geltenden Erbrechts vom Allgemeinen ins Einzelnen gehen:
I.
Nach dem Tode der Schwiegermutter sind zunächst einmal deren drei Söhne zu je einem Drittel Erben geworden (§§ 2032 ff. BGB
). Die Erbschaft besteht, wie Sie schilderten, wirtschaftlich gesehen nicht. Ihre Frage ist, wie die verschiedenen Zuwendungen vor dem Erbfall in Ansatz zu bringen sind und wie es sich mit dem Ihrem Mann, ich nenne ihn der Einfachkeit halber nachfolgend Bruder 2, 1997 übertragenen Haus verhält.
Ausgangspunkt einer Lösung Ihrer beiden Fragen ist zunächst § 2057 BGB
, ich zitiere:
(1) Abkömmlinge, die als gesetzliche Erben zur Erbfolge gelangen, sind verpflichtet, dasjenige, was sie von dem Erblasser bei dessen Lebzeiten als Ausstattung erhalten haben, bei der Auseinandersetzung untereinander zur Ausgleichung zu bringen, soweit nicht der Erblasser bei der Zuwendung ein anderes angeordnet hat.
(2) Zuschüsse, die zu dem Zwecke gegeben worden sind, als Einkünfte verwendet zu werden, sowie Aufwendungen für die Vorbildung zu einem Beruf sind insoweit zur Ausgleichung zu bringen, als sie das den Vermögensverhältnissen des Erblassers entsprechende Maß überstiegen haben.
(3) Andere Zuwendungen unter Lebenden sind zur Ausgleichung zu bringen, wenn der Erblasser bei der Zuwendung die Ausgleichung angeordnet hat.
Um Ausstattungen (eine etwas altertümliche Diktion, gemeint sind Zuwendungen zur Verheiratung, Existenzgründung u.ä.) handelt es sich bei der Übertragung des Hauses gegen Wohnrecht der verstorbenen Schwiegermutter ersichtlich nicht. Zuschüsse nach § 2057 II BGB
vermag ich Ihrer Sachverhaltsschilderung auch nicht zu entnehmen. Da auch eine Ausgleichung wegen Anordnung der Erblasserin Ihrem Bericht nicht zu entnehmen ist, stünde der Bruder 2 den beiden anderen Brüdern gegenüber erst mal „bei Null“. Dies aber hinsichtlich des letzten Punktes unter Vorbehalt, siehe unter IV.
II.
Selbst wenn diese Einschätzung nicht zuträfe, ändert dies am Ergebnis erst einmal nichts. Denn der vorab begünstigte gesetzliche Erbe –also Ihr Ehemann- würde selbst bei einer einmal unterstellten, nennenswerteren Erbschaft die Zuwendung des Hauses nicht in Ansatz bringen müssen, siehe § 2056 BGB
:
1Hat ein Miterbe durch die Zuwendung mehr erhalten, als ihm bei der Auseinandersetzung zukommen würde, so ist er zur Herauszahlung des Mehrbetrags nicht verpflichtet. 2Der Nachlass wird in einem solchen Falle unter die übrigen Erben in der Weise geteilt, dass der Wert der Zuwendung und der Erbteil des Miterben außer Ansatz bleiben.
Dies bedeutet als Zwischenergebnis, daß die beiden Brüder keinen Anspruch gegen Ihren Mann haben.
III.
Nicht ganz deutlich ist Ihre Mitteilung, notariell sei vereinbart worden, das Haus sei 2007 zu schätzen, „um die beiden Brüder auszahlen zu können“. Zunächst gilt, daß, wenn die Erblasserin Bruder 2 das Haus vor 8 Jahren gegen ein Wohnrecht überschrieb, hieraus im Falle der gesetzlichen Erbfolge (anders beim reinen Pflichtteil) keine GESETZLICHEN Ansprüche resultieren. Anders ist es nur in bestimmten Bundesländern bei der Übereignung landwirtschaftlicher Grundstücke, was hier nicht in Betracht kommt. Falls hier aber doch eine diesbezügliche VERTRAGLICHE Vereinbarung vorliegt – siehe IV.
Nach meinem derzeitigem Informationsstand haben die Brüder 1 und 3 keine Ansprüche, welche mit der Überschreibung des Hauses 1997 zusammenhängen. Ihr Erbteil an beweglichen Dingen tendiert gegen Null, siehe oben.
Ihre Frage der evt. Anrechnung der Zuwendungen der Erblasserin an die Brüder und auch der Verrechnung der Abnutzung bei der Schätzung im Jahre 2007 stellt sich deswegen nicht. Noch weniger müßten Sie Sorge wegen eines Auszuges aus dem Haus mit Schulden haben.
IV.
Bei dieser Einschätzung ist aber ausdrücklich unterstellt, daß keine vertragliche Vereinbarung auf Ausgleich der Grundstücksübertragung an Bruder 2 vorliegt. Ich stelle hier anheim, mir die notarielle Vereinbarung aus dem Jahre 1997 an die unten bezeichnete Nummer zur näheren (und natürlich von dieser Erstberatung umfaßten) Prüfung zuzufaxen oder gescannt als Mail zu übersenden, falls technisch möglich. Denn für eine vollständige Beurteilung Ihrer Frage bleibt noch unklar, ob die Erblasserin bei der Zuwendung im Jahre 1997 eine Ausgleich anordnete.
Ich hoffe, Ihnen mit dieser Antwort zunächst einmal weitergeholfen zu haben. Für Rückfragen stehe ich Ihnen im Rahmen der kostenlosen Nachfragefunktion von „Frag einen Anwalt“ selbstverständlich zur Verfügung, genauso für eine weitergehende Interessenwahrnehmung.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Thomas Schimpf
- Rechtsanwalt -
Tel.: +49 (0)39 483 97825
Fax: +49 (0)39 483 97828
E-Mail: ra.schimpf@gmx.de
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