Sehr geehrte/r Ratsuchende/r,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich auf der Grundlage Ihrer Angaben und im Rahmen Ihres Einsatzes beantworten möchte.
Bitte erlauben Sie mir hier aber angesichts Ihrer geringen Einkünfte zunächst folgenden Hinweis:
Wenn Ihnen nur 200,- € zum Leben bleiben, ist es gut möglich, dass Sie einen Anspruch auf ergänzendes Arbeitslosengeld 2 (auch unter dem Namen Hartz 4 bekannt) haben. Um dies zu klären, sollten Sie so schnell wie möglich einen Antrag bei der für Sie zuständigen ARGE stellen, da Arbeitslosengeld 2 erst ab dem Tag der Antragstellung gezahlt wird.
Darüber hinaus dürften Sie Anspruch auf Beratungshilfe haben. Sie sollten versuchen, sich bei dem für Sie zuständigen Amtsgericht einen Beratungshilfeschein für das Widerspruchsverfahren zu holen. Damit gehen Sie dann zu einem auf Sozialrecht spezialisierten Anwalt. Dieser wird zunächst Akteneinsicht beantragen und dann den Widerspruch für Sie begründen.
Falls Sie es dennoch selbst versuchen möchten, hier nun einige Anmerkungen zu Ihren Fragen, die allerdings ohne Einsicht in die relevanten Unterlagen bzw. die Akte genommen zu haben und in Anbetracht Ihres Einsatzes nur eine erste Orientierung für Sie darstellen können.
Sie haben geschrieben:
„Weiterhin berufe ich mich auf SGB 3 § 130 Abs. 3
wonach der Berechnungszeitraum auf 2 Jahre erweitert wird.
Demzufolge müssen folgende Berechnungszeiten gelten:
19.03.2005 – 29.04.2005 ( 6 Wochen)
04.03.2001 – 20.01.2002 (46 Wochen)
04.03.2000 – 03.03.2001 (52 Wochen)
Der Bezug von Krankengeld fließt auch nicht in die Berechnungsgrundlage ein. Da wie im § 130 Abs. 1 angeführt ist, das der letzte Tag des letzten Versicherungspflichtverhälntnisses maßgeblich ist. Dies wäre im meinen Fall der 29.04.2005.“
Nach § 130 Abs. 3 SGB III
wird nicht der Berechnungszeitraum auf 2 Jahre erweitert, sondern der Bemessungsrahmen. Auch stellt der Bezug von Krankengeld nach § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB III
sehr wohl ein Versicherungspflichtverhältnis dar. Nur für den Bemessungszeitraum spielt dieser Bezug keine Rolle, da dieser nach § 130 Abs. 1 Satz 1 SGB III
nur die aus einem Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen umfasst.
Der letzte Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses ist also in Ihrem Fall der 06.06.2006. Der auf 2 Jahre erweiterte Bemessungsrahmen umfasst deshalb den Zeitraum vom 07.06.2004 bis zum 06.06.2006. Innerhalb dieses Zeitraums müssten Sie einen Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt nachweisen können. Dies ist aber offensichtlich bei Ihnen nicht der Fall, so dass die fiktive Bemessung meiner Einschätzung nach zu Recht erfolgt ist.
Inwieweit die Richtlinie 79/7/EWG in Ihrem Fall einschlägig sein soll, kann ich nicht nachvollziehen, da diese Richtlinie die Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit behandelt und nur auf Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts abzielt. Ihre Krankheitsgeschichte hat aber – jedenfalls nach dem, was Sie bisher mitgeteilt haben – keinen Bezug zu einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts.
Auch das Urteil des Sozialgerichts Berlin, Az. S 77 AL 961/ 06
hilft Ihnen nicht weiter.
Bei dem Urteil geht es um die Diskriminierung von Frauen, die nach Beendigung der Elternzeit arbeitslos werden und deren Arbeitslosengeld dann nicht mehr nach Ihrem früheren Verdienst, sondern fiktiv bemessen wird. Dies verstößt u. a. gegen Art. 6 Abs. 4
Grundgesetz, in dem der besondere Schutz der Mütter festgelegt wird. Hier kommt auch die Richtlinie 79/7 /EWG zum Tragen (siehe auch meinen diesbezüglichen Artikel unter http://www.123recht.net/article.asp?a=16656
), nicht jedoch in Ihrem Fall.
Dennoch können Sie selbstverständlich Ihren Widerspruch so wie von Ihnen geplant begründen, ohne dass Sie eine Kürzung Ihres Anspruches befürchten müssten, denn Ihr Anspruch besteht unzweifelhaft, nur eben fiktiv bemessen.
Eventuell könnten Sie auch noch eine Verbesserung hinsichtlich der Einstufung in die Qualifikationsstufe nach § 132 Abs. 2 SGB III
erreichen. Hierzu haben Sie leider keine Angaben gemacht. Dies besprechen Sie am besten mit einem Anwalt, den Sie mit einem Beratungshilfeschein (s. oben) aufsuchen können.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen bei der Beantwortung Ihrer Frage eine erste rechtliche Orientierung geben. Gerne stehe ich noch für eine Nachfrage zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Iris Sümenicht
Rechtsanwältin
Goldstr. 10
33602 Bielefeld
Tel. 0521/404 25 15
Fax 0521/404 25 01
http://www.kanzlei-suemenicht.de
kontakt@kanzlei-suemenicht.de
Achtung Archiv
Diese Antwort ist vom 22.08.2006 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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