Sehr geehrter Ratsuchender,
ihre Fragen beantworte ich unter Zugrundelegen Ihrer Sachverhaltsschilderung und Ihres Einsatzes wie folgt:
1. Sobald Sie unter die Beitragbemessungsgrenze von z. Zt. € 3.750 fallen, müssen Sie sich gesetzlich krankversichern. Wenn Aussicht besteht,
dass sie alsbald wieder über der Beitragsbemessungsgrenze verdienen, können sie bei mit ihrer ehemaligen PKV einen sog. Anwartschaft
schließen. In dieser Zeit ruht der Vertrag und sie haben keinen Anspruch auf Leistungen. Wenn sie wieder in PKV zurückgehen, können
sie dies ohne erneute Gesundheitsprüfung tun, das Eintrittsalter bleibt bestehen und Wartezeiten werden angerechnet. Grundsätzlich muss
man bei ihnen zum jetzigen Zeitpunkt sagen, sie müssen sich gesetzlich versichern.
Es besteht, wie sie richtig erkannt haben, zwar die Möglichkeit, sich von dieser Versicherungspflicht befreien zu lassen, aber das hätten
sie innerhalb von drei Monaten tun müssen.
Wenn sie die Dreimonatsfrist des § 8 SGB V
schuldlos versäumt haben, existiert zwar - theoretisch - ein Anspruch
nach § 27 SGB X
auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand. Leider ist aber die Jahresfrist des § 27
Abs III SGB X verstrichen, so
dass ich hier auch keine Möglichkeit sehe.
2. Einen gesetzlichen Anspruch, der besagt, dass Arbeitgeber, die versäumt haben, ihre Mitarbeiter über die Dreimonatsfrist des § ( SGB V
aufzuklären, haben sie nicht. Auch einen weiter gefassten Anspruch bei Verletzung von Aufklärungspflichten gibt es für diesen Themenkomplex nicht.
Denkbar wäre ein Schadenersatzanspruch nach § 242 BGB
oder einer ähnlichen Norm, wenn man ihre "Zwangsmitgliedschaft" in der
GKV als Schaden ansehen mag, denn der Arbeitgeber haftet gegenüber dem Arbeitnehmer für sein pflichtwidriges Verhalten.
Das BAG stützt diese Aussage. Ein Arbeitnehmer kann gegen seinen Arbeitgeber einen Anspruch auf Schadensersatz haben, wenn dieser ihm
schuldhaft eine falsche Auskunft erteilt hat und diese zu einem Schaden bei dem Arbeitnehmer führt
(BAG, Urteil vom 4. Mai 2010, Aktenzeichen 9 AZR 184/09
).
Allerdings ist in der Kürze der Zeit nicht zu sagen, ob ein Schadenersatzanspruch überhaupt besteht und wenn ja,
man ihn so ausgestalten kann, wie sie es sich vorstellen.
3. Fällt ein Mitarbeiter mit seinem Einkommen unter die Beitragsbemessungsgrenze, ist der Arbeitgeber verpflichtet, diesen bei
einer GKV anzumelden. In der Regel klärt dann ihre PKV ihr ehemaliges Mitglied über die Möglichkeit einer Befreiung von
der Versicherungspflicht auf, da diese natürlich keine Mitglieder verlieren möchte.
Dass eine solche Pflicht bei ihrem Arbeitgeber liegt, kann ich keiner Quelle entnehmen.
Wohl aber, dass er sie hätte bei einer gesetzlichen Krankenversicherung anmelden müssen. Dies mag möglicherweise auch Ansprüche ihrerseits
begründen.
4. Der Verlust ihrer Altersrückstellungen ist sehr bedauerlich, aber leider nicht zu verhindern.
5.Wenn sie wieder Vollzeit arbeiten würden und damit über die Beitragbemessungsgrenze kommen, können sie sich erneut privat versichern. Sie benötigen
dann keine Anwartschaft mehr. Die Anwartschaft greift nur für den Fall, dass die PKV für einen begrenzten Zeitraum ruhen soll.
6. Eine Vollzeittätigkeit können sie nicht wieder aufnehmen, da sie ja Erwerbsminderungsrente erhalten bzw. eine Vollzeittätigkeit
würde ihre Rente mindern oder ganz ausfallen lassen.
In ihrem Fall ist es tatsächlich sehr unglücklich gelaufen, denn sie hätten wohl nach § 8 Abs 1 Nr. 4 (Beantragung oder Erhalt
einer Rente) eine Befreiung von der Versicherungspflicht erreichen und privat versichert bleiben können. Wobei immer zu bedenken ist,
dass eine Befreiung endgültig ist und mit steigendem Alter die Beiträge teurer werden und wenn sie nur 50 % arbeiten und eine Rente beziehen,
könnte die Krankenversicherung zur Belastung werden. Diese Fälle sind gar nicht so selten und sehr oft wurde der Versuch - auch im Klagewege -
unternommen, sich wieder gesetzlich zu versichern.
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