Sehr geehrter Fragesteller,
zu Ihrer Anfrage nehme ich wie folgt Stellung:
1.
Die Frage, ob und wann ein Ehevertrag sittenwidrig und damit nichtig ist, lässt sich immer nur im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände beurteilen.
Zunächst gilt es zu skizzieren, wann bei einem ehevertraglichen Ausschluss des Versorgungsausgleichs Sittenwidrigkeit angenommen werden kann. Allgemein formuliert kann man sagen, dass ein Ehevertrag dann sittenwidrig sein kann, wenn ein Ehegatte bei Abschluss des Ehevertrags dem anderen Ehegatten unterlegen ist, sei es in finanzieller oder intellektueller Hinsicht. Wenn also ein Ehegatte die Tragweite einer Vereinbarung nicht erkennen konnte, weil er hierzu intellektuell nicht in Lage war, kann das ein Kriterium zur Annahme der Sittenwidrigkeit sein.
Ihr Fall bietet dafür jedoch keinen Anhaltspunkt. Die Tatsache, dass Sie anwaltlich nicht beraten gewesen sind, als der Ehevertrag geschlossen worden ist, reicht nicht zur Annahme der Sittenwidrigkeit aus. Schließlich hätten Sie die Möglichkeit gehabt, vor Abschluss des Ehevertrags eine anwaltliche Prüfung durchführen zu lassen.
Anhaltspunkte dafür, dass Sie den Ehevertrag auf Druck Ihrer Ehefrau geschlossen haben, ergeben sich aus Ihrer Sachverhaltsschilderung nicht. Das Ausüben von Druck kann Anlass zur Annahme von Sittenwidrigkeit sein.
Ebensowenig sind finanzielle Abhängigkeitsverhältnisse dergestalt zu ersehen, dass Sie von Ihrer (zukünftigen) Ehefrau existenziell abhängig gewesen sind und sich deshalb dem Ehevertrag unterworfen haben.
2.
Die spätere Entwicklung (berufliche Enkommensverhältnisse der Ehefrau und Ihre Erkrankung) lassen den Ehevertrag ebenfalls nicht rückwirkend sittenwidrig und damit nichtig werden.
3.
Damit ist festzuhalten, dass es die rechtliche Möglichjkeit der Sittenwidrigkeit eines Ehevertrags und damit dessen Nichtigkeit zwar gibt, in Ihrem Fall aber nicht vorliegt.
Als der Ehevertrag geschlossen worden ist, wird sich die wirtschaftliche Lage Ihrer Ehefrau vermutlich nicht eklatant von Ihrer wirtschaftlichen Lage unterschieden haben. Dass später in der Ehezeit Umstände eingetreten sind, die Sie schlechter als die geschiedene Ehefrau stellen, führt nicht zur Sittenwidrig der Vereinbarung, die vor der Eheschließung getroffen worden ist.
4.
Zusammenfassend ist damit festzuhalten, dass ein Bestreben, die Nichtigkeit des Ehevertrags zu erreichen, keine Aussicht auf Erfolg bietet.
5.
Das Scheidungsurteil stammt aus dem Jahr 2011. Eine Anfechtung des Urteils durch Einlegung der Berufung scheidet aus, weil die Berufungsfrist einen Monat beträgt.
Damit ist der Ausschluss des Versorgungsausgleichs rechtskräftig, d. h. nicht mehr anfechtbar.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Raab
Rechtsanwalt
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