Sehr geehrte Ratsuchende,
wie Sie zutreffend erkannt haben, kommt es hier auf die Auslegung des Günstigkeitsprinzips an.
Vorzunehmen ist hierbei ein Gesamtvergleich der kollidierenden Regelungen zwischen Tarifvertrag und Arbeitsvertrag - möglicherweise sind daher auch weitere Regelungen im Arbeits- oder Tarifvertrag mit heranzuziehen.
Die tarifvertraglichen Regelungen gehen vor, sofern nicht der Vergleich ergibt, dass die arbeitsvertragliche Regelung zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses für Sie günstiger war. Hierbei kommt es nicht darauf an, was "generell" für Arbeitnehmer besser oder schlechter ist, sondern was konkret für Sie günstiger war.
Daher ist Ihre Frage pauschal nicht zu beantworten. So hat z.B. das Landesarbeitsgericht München in seiner Entscheidung vom 04.05.1990 (Az: 2 Sa 128/90
) zu dieser Frage folgendes ausgeführt:
"Ob eine im Arbeitsvertrag vereinbarte längere beiderseitige Kündigungsfrist für den Arbeitnehmer günstiger ist als eine kürzere tarifliche Kündigungsfrist, kann nur von Fall zu Fall beurteilt werden, wobei das Interesse des Arbeitnehmers, auf die Chance eines Stellenwechsels schnell regieren zu können, gegen das Interesse im Falle einer Arbeitgeberkündigung längere Zeit zum Aufsuchen einer anderen Stelle zu haben, unter Berücksichtigung des Lebensalters des Arbeitnehmers, des örtlichen Arbeitsmarktes und der Gegebenheiten der Branche abgewogen werden muß."
Die Frage wird also im Wesentlichen sein, ob man zum Zeitpunkt des Vertragssschkusses davon ausgehen konnte, dass Sie Interesse an einer möglichst langen Kündigungsfrist hatten oder ob davon auszugehen war, dass Ihr Interesse eher dahin ging, bei entsprechenden Angeboten möglichst schnell den Arbeitsplatz wechseln zu können.
Wie Sie meinen Ausführungen entnehmen können, lässt sich die Frage so nicht mit absoluter Sicherheit beantworten. Da Ihnen an einer schnellen Kündigung gelegen ist, sollten Sie, um jede Unsicherheit zu vermeiden, evtl. noch heute eine Kündigung Ihrem Arbeitgeber übergeben (sofern dieser errichbar ist). In diesem Fall wäre die Kündigungsfrist zum Quartalsende ja noch gewahrt.
Ich hoffe, dass ich Ihnen mit dieser Einschätzung zunächst weiterhelfen konnte.
Mit freundlichen Grüßen
Arnd-Martin Alpers
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