Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Die bisherige Praxis der Urlaubsgewährung ist klar rechtswidrig. Grundsätzlich sind nach § 7 I BUrlG
die Wünsche des Arbeitnehmers vorrangig zu berücksichtigen, es sei denn dringende betriebliche Belange stehen entgegen. Eine fehlende Vertretung kann zwar ein Grund sein, aber bei der Prüfung der Gründe ist im Einzelfall zu prüfen, ob das Interesse des Arbeitgebers objektiv überwiegt. Erforderlich sind Störungen des Betriebsablaufs die aber über die normalen Störungen durch Urlaub hinausgehen müssen. ES gibt unzählige Urteile, allerdings kommt es immer auf die betrieblichen Zustände im Einzelfall an. Da generell die Interessen des Arbeitnehmers vorgehen, halte ich die bei Ihnen herrschende Regelung als zu weitgehend, weil sie einseitig die Arbeitnehmer benachteiligt. Allein die Abwesenheit des 1. Vertreters ist kein dringender betrieblicher Grund, wenn es konkrete Vertretungsmöglichkeiten gibt.
Vor allem ist eine pauschale Ablehnung aus dem genannten Grund rechtswidrig, weil gar keine Prüfung einer Vertretungsmöglichkeit im Einzelfall erfolgt ist.
Sie hätten gute Chancen gegen die Ablehnung vorzugehen.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Oliver Wöhler, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht und Familienrecht
Eine ergänzende Frage habe ich dazu:
Wie dargestellt, wird bei Urlaub auf die gegenseitige Vertretung innerhalb meiner Abteilung abgestellt. Wie ich Sie verstehe, reicht eine bloße urlaubsbedingte Störung des Betriebsablaufs aber nicht aus, um damit das Vorliegen dringender betrieblicher Belange zu begründen. Der urlaubsbedingten Störung hat der Arbeitgeber z.B. durch entsprechende organisatorische Maßnahmen entgegenzuwirken.
Ausgehend vom Wortlaut, hat also der Arbeitgeber durch entsprechende Maßnahmen Vorsorge zu treffen - und nicht nur der Abteilungsleiter. Meinem Verständnis nach darf also der Arbeitgeber auch nicht allein auf abteilungsinterne Regelungen verweisen, sondern hat ggf. auch unternehmensweit zu prüfen, ob der urlaubsbedingten Störung entgegengewirkt werden kann.
Wenn es also bei Vorliegen entsprechender Voraussetzungen [z.B. vorübergehende Übernahme von Teilaufgaben durch andere Abteilungen] organisatorisch [zeitlich, örtlich, fachlich, personell, etc.] möglich ist, die Störung in meiner Abteilung unternehmensweit zu puffern, ist die Frage der Vertretbarkeit also nicht alleinig nur abteilungsintern zu betrachten ? Oder würde mich solche Argumentation in juristisch eher unsicheres Terrain führen ?
Nochmals herzlichen Dank für Ihre Unterstützung.
Sehr geehrter Fragesteller,
gerne komme ich auf die Nachfrage zurück.
Ihre Ausführungen sind völlig zutreffend. Der Maßstab ist nicht die jeweilige Abteilung, sondern der gesamte Betrieb des Arbeitgebers in dem der Arbeitnehmer arbeitet. Wenn die fachlichen und örtlichen Möglichkeiten gegeben sind, muss der Betrachtungsmaßstab der gesamte Betrieb sein, also über die Grenze der einzelnen Abteilung hinweg.
Mit freundlichen Grüßen
Oliver Wöhler, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeits- und Familienrecht