Sehr geehrte Fragestellerin,
unter Berücksichtigung des von Ihnen dargestellten Sachverhalts und Ihres Einsatzes möchte ich Ihre Frage wie folgt beantworten:
Bei überzahltem Unterhalt kann sich der Berechtigte in aller Regel darauf berufen, dass er den Unterhalt (bestimmungsgemäß) verbraucht hat und deshalb nicht mehr bereichert ist. Daran scheitert in vielen Fällen die Rückforderung überzahlter Unterhaltsbeträge.
Eine Rückwirkung gilt aber auf jeden Fall für die Zeit seit dem Auskunftsverlangen des Vaters. Für die Zeit, seit er nach den aktuellen Einkünften gefragt und ggf. noch weiter gezahlt hat, kann er die überzahlten Beträge zurückverlangen.
Für die Zeit davor kommt es darauf an, ob
Ihr Sohn bzw. Sie verpflichtet gewesen wären, die Aufnahme einer entgeltlichen Beschäftigung anzuzeigen. Solange jemand Unterhalt bezieht, muss er zwar nicht jede Veränderung seiner Einkommensverhältnisse anzeigen. Bei gravierenden Veränderungen nimmt die Rechtsprechung aber eine Verpflichtung zur ungefragten Information an. Ob der Vater Kontakt wünscht, ist hierfür nicht maßgeblich, zumal die Informationen ggf. auch schriftlich übermittelt werden könnten.
Wenn Ihr Sohn im September seine Ausbildung begonnen hat, gehe ich davon aus, dass er erst zum 30.9. sein erstes Gehalt bekommen hat. Damit verringert sich der Unterhalt ohnehin erst für Oktober. Vermutlich hat der Vater im Oktober Auskunft verlangt, so dass für Oktober und - falls der alte Betrag auch für November noch überwiesen wurde - für November ein Rückfoderungsanspruch besteht.
Bezüglich des Praktikums kann ich Ihnen eine eindeutige Antwort nicht geben: Eine Abänderung für Zeiträume, die mehr als ein Jahr zurückliegen (und das betrifft den Großteil des Jahres 2011) kann nur im Fall einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung verlangt werden. Aus meiner Sicht lässt sich hier durchaus so argumentieren, dass aufgrund des geringen Entgelts, von dem ggf. auch noch Fahrtkosten u. ä. als berufsbedingte Aufwendungen abzuziehen sind, eine Auskunftspflicht ohne Nachfrage des Vaters nicht bestand. Zumals bei Minderjährigen jeweils nur die Hälfte des verbleibenden Verdienstes auf den Barunterhalt anzurechnen ist. Ob eine Verpflichtung zur Auskunft bestand, ist allerdings eine Wertungsfrage, die von dem Rechtsempfinden des jeweiligen Richters abhängt.
Sollte Ihr Sohn das Praktikum neben seiner Schule absolviert haben, wäre ggf. ein Teil der Einkünfte als überobligatorisch und damit nicht anrechenbar einzustufen.
Zusammenfassend gehe ich davon aus, dass für Oktober und November 2012 ein Rückforderungsanspruch besteht. Sollte der Vater auch für 2011 Ansprüche stellen, sollten Sie einen ortsansässigen im Familienrecht erfahrenen Anwalt aufsuchen, um von ihm unter Berücksichtigung von Fahrtkosten, sonstigen beruflichen Aufwendungen und ggf. überobligatorischem Einkommen ermitteln zu lassen, in welcher Höhe tatsächlich Unterhalt überzahlt wurde. Im Hinblick auf das Prozessrisiko für beide Seiten könnte, wenn sich wirklich eine Überzahlung ergibt, versucht werden, eine einvernehmliche Lösung (Zahlung nur eines Teilbetrages)zu erreichen.
Bitte beachten Sie, dass dieses Forum nur eine erste Orientierung bieten, nicht aber die persönliche Beratung ersetzen kann. Dennoch hoffe ich, dass Ihnen meine Antwort weiterhilft.
Abschließend möchte ich Sie auf die Bewertungsmöglichkeit hinweisen.
Mit freundlichen Grüßen
Anja Holzapfel
September begann Ausbildung, Beistandschaft berechnet Rückforderung September obwohl 30.09.2012 erstes Ausbildungsentgelg gezahlt wurde. Ist das rechtens??? Sie geht davon nicht ab.(JuA)
Sehr geehrte Fragestellerin,
gerne beantworte ich Ihre Nachfrage wie folgt:
Die Ausbildungsvergütung kann erst dann für den Unterhalt verwendet werden, wenn sie gezahlt wurde. Andernfalls müsste Ihr Sohn dauerhaft Schulden machen. Dennoch ist diese Rechtsauffassung nicht überall bekannt.
Ich nenne Ihnen nachfolgend die Fundstelle aus einem Standard-Kommentar zum Unterhaltsrecht, auf die Sie sich berufen sollten:
Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 8. Auflage, § 2, Rn. 107
Mir ist allerdings bekannt, dass es zumindest eine Entscheidung eines Amtsgerichts gibt, die das anders sieht. Dennoch sollten Sie wie oben dargestellt argumentieren.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg!
Mit freundlichen Grüßen
Anja Holzapfel