Sehr geehrte Fragestellerin,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich aufgrund Ihrer Angaben summarisch wie folgt beantworten möchte.
Im Rahmen des Scheidungsverfahrens wird der nacheheliche Unterhalt zu regeln sein. Grundsätzlich geht der Gesetzgeber dabei davon aus, dass jeder selbst für seinen Unterhalt zu sorgen hat.
Bei einer bestehenden Krankheit oder ein Gebrechen, das den Betroffenen an der Ausübung einer Erwerbstätigkeit hindert, besteht jedoch grundsätzlich Unterhaltspflicht (§ 1572 BGB
). Allerdings spricht das Gesetz von einem solchen Zustand im Zeitpunkt der Scheidung als der so genannten Einsatzzeit. Aber auch ein schon bestehendes Leiden, dass sich erst nachehelich verschlimmert, kann unter Umständen darunter fallen. So liegt die Einsatzzeit auch dann vor, wenn der Bedürftige bei der Scheidung teilweise erwerbsunfähig ist und erst später aufgrund des gleichen Leidens voll erwerbsunfähig wird.
Richtig ist, dass sich das Maß des Unterhalts nach den ehelichen Verhältnissen richtet.
Sie selbst können sich möglicherweise auf den Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB
berufen.
§ 1570 Unterhalt wegen Betreuung eines Kindes
„Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen Unterhalt verlangen, solange und soweit von ihm wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann.“
Was dies im Einzelnen bedeutet, ist in erster Linie unter Zugrundelegung des Alters des Kindes zu ermitteln. So wird z.B. bei Kindern unter 8 Jahren in der Regel keine Erwerbsobliegenheit angenommen werden.
Neben dem Bestehen eines Unterhaltstatbestandes ist zudem stets die Bedürftigkeit des Berechtigten und die Leistungsfähigkeit des Verpflichteten zu prüfen. Insbesondere um die Bedürftigkeit Ihres (Noch-)Ehemannes zu ermitteln, sind genaue Angaben über seine Vermögenssituation unerlässlich.
§ 1577 Bedürftigkeit
(1) Der geschiedene Ehegatte kann den Unterhalt nach den §§ 1570 bis 1573, 1575 und 1576 nicht verlangen, solange und soweit er sich aus seinen Einkünften und seinem Vermögen selbst unterhalten kann.
…
Sollte Ihr (Noch-)Ehemann jedoch eines Tages erwerbsunfähig werden und die Berufsunfähigkeitsversicherung tritt ein, so schmälert deren Rente auch seine Bedürftigkeit und damit einen möglichen Unterhaltsanspruch. Meines Erachtens kann in Ermangelung besonderer Anhaltspunkte der Staat nicht auf die Eigentumswohnung zurückgreifen.
Grundsätzlich ist auch ein Verzicht auf nachehelichen Unterhalt möglich. Der Unterhaltsverzicht stellt einen Erlassvertrag (§ 397 BGB
) dar, zu dessen Wirksamkeit eine eindeutige Verzichtserklärung des Berechtigten und die Annahmeerklärung des Verpflichteten erforderlich sind.
Unwirksam (weil sittenwidrig nach § 138 BGB
) kann solcher Verzicht jedoch sein, wenn die Vereinbarung zu Lasten der Allgemeinheit ginge, etwa wenn der Unterhaltsberechtigte als Folge davon auf Sozialhilfe angewiesen wäre. Sollten sie wieder heiraten, muss Ihr neuer Ehepartner grundsätzlich nicht mit seinem Vermögen / seinen Einkünften für den Unterhalt an Ihren dann Ex-Ehemann aufkommen.
Abschließend bitte ich zu beachten, dass diese Antwort zwar alle wesentlichen Aspekte des von Ihnen geschilderten Falles umfasst, jedoch daneben Tatsachen relevant sein könnten, die möglicherweise zu einem anderen Ergebnis führen würden. Verbindliche Auskünfte sind daher nur im Rahmen einer Mandatserteilung möglich, für die ich Ihnen gerne zur Verfügung stehe.
Ich hoffe, Ihnen die in diesem Forum angestrebte erste rechtliche Orientierung ermöglicht zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Tobias Kraft
Rechtsanwalt
Sehr geehrter Herr Anwalt,
leider wurden meine Fragen nicht konrekt beantwortet, so dass ich immer noch keinen Überblick habe. Sie sind zum einen nicht darauf eingegange, ob mir ein Freibetrag für ein Kind abgezogen wird. Wenn mein Ex-Mann z. B. eine monatl. Rente von 1000,-- Euro bekommt (wir hatten 3000,-- : 2 = 1450,-- euro für Jeden) muss ich ihm dann, falls ich mehr als 1450 verdiene den Rest auf 1450 aufstocken oder bekomme ich einen Freibetrag abgezogen. Wenn noch keine Erwerbsunfähigkeit, auch keine Teilerwerbsunfähigkeit vor Scheidung vorliegt, kann er dann keinen Anspruch an mich stellen, da die Einsatzzeit erst nach der Scheidung eingetreten ist? Er wird voraussichtlich erwerbsunfähig werden, jedoch erst in ein paar Monaten oder Jahren. Mit welchem Einkommen werde ich bei einem Unterhaltsanspruch herangezogen? Kann er ohne weiteres von mir Unterhalt fordern, wenn ich z.b. 1800 Euro verdien und er nur 1000 Euro von der BU hat?
Im weiteren wurde meine Frage bezüglich neuer Heirat und das Einkommen meines Lebensgefährten nicht beantwortet.
Es wäre nett, wenn sie mir ausführliche Beratung hierüber geben könnten.
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrte Fragestellerin,
Wenn die Krankheit schon vor der Scheidung richtig ausgebrochen war, spricht einiges dafür, dass Ihr Ex-Mann einen Unterhaltsanspruch gegen Sie richten kann. Dies ist aber ein Frage des Einzelfalls, der Kenntnis der genauen Krankheitsgeschichte erfordert.
Wenn die Berufsunfähigkeitsversicherung nur 1.000 € zahlt, kann Sie das unter Zugrundelegung der mitgeteilten Zahlen nicht gänzlich von der bestehenden Unterhaltsverpflichtung befreien. Schließlich ist zu beachten, dass die Vermögensverhältnisse zurzeit der Ehe von Bedeutung sind.
Die Unterhaltsverpflichtung dürfte sich kapp unter dem von Ihnen genannten Bereich bewegen. Ein so genannter Freibetrag für das Kind wird grundsätzlich nicht eingeräumt.
Ich bedaure, Ihnen keine postivere Antwort geben zu können, hoffe aber dennoch, Ihnen weitergeholfen gehaben.
Mit freundlichen Grüßen
Tobias Kraft
Rechtsanwalt